Wohnungsbaugenossenschaft Bruck:Der Mieter als Bauherr

Der Wohnungsbaugenossenschaft gehören mittlerweile 320 Mitglieder an. Der Immobilienbestand wird nun durch elf neue Einheiten an der Schwabenstraße aufgestockt

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Für einige Mitglieder der Wohnungsbaugenossenschaft dürfte im November ein Wunsch in Erfüllung gehen. Sie werden eine der elf neuen Wohnungen an der Schwabenstraße beziehen. Für das viergeschossige Mehrfamilienhaus wurde nun Richtfest gefeiert. Geschäftsführer Michael Amstein, 46, begrüßte in Vertretung des erkrankten Vorstandsmitglieds Ludwig Lösch auch den amtierenden Bürgermeister Erich Raff sowie Vertreter von Sparkasse und Bauunternehmen zu der kleinen Feier.

Der Neubau besteht aus sechs großen, zwei mittelgroßen und drei kleinen Wohnungen von 60 bis 94 Quadratmetern. Die Baukosten belaufen sich auf drei Millionen Euro, zwei Drittel davon wurden mit günstigen Darlehen der Förderbank Kreditanstalt für Wiederaufbau sowie der Brucker Sparkasse mit Zinssätzen um die 1,5 Prozent finanziert. Die Genossenschaft baut Wohnungen und vermietet diese an die eigenen Mitglieder. Damit sollen die Kosten gedeckt werden. Die Miete liegt mit aktuell zehn Euro pro Quadratmeter unter dem Marktniveau von mehr als zwölf Euro für Wohnungen mit vergleichbarer Ausstattung, allerdings auch deutlich über den subventionierten Mieten im geförderten Wohnungsbau von um die sechs Euro.

Erschwingliche Wohnungen sind Mangelware

Ob Fürstenfeldbruck der boomenden Landeshauptstadt Schützenhilfe leisten muss, indem es immer mehr verdichtet und Baugenehmigungen erteilt, ist umstritten - ebenso, ob solch in Anbetracht des Zustroms in die Münchner Region kosmetisch anmutende Maßnahmen sich mäßigend auf die Mieten auswirken. Fakt ist, dass jene Mieten durch die Decke schießen und für Alleinerziehende, Familien oder Rentner erschwingliche Wohnungen Mangelware sind. Das hat auch Stadtbaurat Martin Kornacher jüngst deutlich gemacht, als er im Stadtrat Zahlen vorlegte.

Die Kreisstadt gibt pro Jahr um die 250 Berechtigungsscheine für vergünstigte Wohnungen an Personen mit geringem Einkommen aus - acht von zehn Bewerber kommen aus der Kreisstadt selbst. Letztlich kommt aber nur jeder Zehnte unter. Benötigt werden vor allem kleine Wohnungen: 51 Prozent des Bedarfs entfallen auf Einpersonenhaushalte. Sozialwohnungen, oder, wie es korrekter heißt " im geförderten Wohnungsbau errichtete" oder "einkommensabhängig vergebene Mietwohnungen" gab es in Bruck im Jahr 2006 noch 920, 2013 waren es noch 599 und 2023 werden es Prognosen zufolge nur noch 295 sein. Das liegt daran, dass die Bindungsfrist üblicherweise nach etwa 25 Jahren ausläuft und die Mieten entsprechend aufs Marktniveau angehoben werden können. Andererseits hat Bruck in den zurückliegenden Jahren kaum neue Sozialwohnungen errichtet und beginnt erst langsam wieder damit - so wie in Form der Mehrfamilienhäuser an Sulzbogen und Parsevalstraße.

Die Stadt ist aber noch weit entfernt vom Ziel, den Anteil des geförderten Wohnungsbaus auf mindestens 3,5 Prozent zu bringen. Bei großen Bauprojekten schreibt Bruck seit 2016 einen Anteil von 40 Prozent geförderter Wohnungen vor. Für Bauherren muss das kein Nachteil sein: Sie können in den Genuss günstiger Kredite kommen. Zudem gleicht der Landkreis die Differenz zwischen Miete und Marktniveau aus: Je nach Einkommen zahlen Mieter etwa sechs bis sieben Euro pro Quadratmeter, der Vermieter erhält so aber unterm Strich 10,60 Euro. slg

Kostentreibend wirken sich der Einbau eines Aufzugs aus, der alle Wohnungen sowie Keller und Dachgeschoss barrierefrei zugänglich macht, vor allem aber der Bau einer Tiefgarage mit 35 Stellplätzen unter dem Innenhof - 22 mehr als vorgeschrieben. Durch den Bau der Tiefgarage bleibt mehr Platz für Frei- und Grünflächen.

Neun der elf Wohnungen sind bereits vergeben, auch für die verbliebenen beiden Einheiten gibt es genügend Interessenten. Insgesamt hat die 1948 gegründete Wohnungsbaugenossenschaft, die bereits Wohnanlagen an der Parseval-, Landsberger, Franken-, Fichten- Lilienthal- und Abt-Führer-Straße sowie weitere Häuser an der Schwabenstraße besitzt, einen Bestand von 164 Mietwohnungen. Der größte Engpass ist laut Amstein das knappe Grundstücksangebot in der Kreisstadt. Die Fläche an der Schwabenstraße befand sich bereits im Besitz der Genossenschaft, hier konnte also - durchaus maßvoll - nachverdichtet werden.

Der Fürstenfeldbrucker Wohnungsbaugenossenschaft gehören derzeit 320 Mitglieder an. Neumitglieder können auf Antrag aufgenommen werden, sie haben dann einen einmaligen Beitrag in Höhe von zurzeit 956 Euro zu entrichten. Solche Zusammenschlüsse führten bis vor einigen Jahren eher ein Schattendasein und galten als "angestaubt". Angesichts explodierender Mieten haben Experten zuletzt aber so etwas wie eine Renaissance ausgemacht. Neben Fürstenfeldbruck gibt es im Landkreis auch in Eichenau, Germering und in vielfacher Auflage in der Landeshauptstadt München vergleichbare Zusammenschlüsse. Nicht zu verwechseln sind diese mit Wohnungsbaugesellschaften, die in der Regel von Kommunen getragen werden und die vor allem die SPD in Stadt und Landkreis gerne gründen würde.

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