Welche Bebauung verträgt der Ortsrand eines Dorfs? Und was ist besser: günstige Mietwohnungen oder Häuser im Einheimischenmodell? Mit diesen Fragen haben sich jüngst die Fürstenfeldbrucker Stadträte beschäftigt. Es geht um ein Grundstück am östlichen Eingang des Ortsteils Aich, an der Ecke Brucker Straße/Pucher Weg, das die Stadt jüngst ersteigert hat und das bereits Thema war in der Bürgerversammlung. Dort hatte die langjährige CSU-Stadträtin Maria Röhl den letztlich einstimmig angenommenen Antrag gestellt, ein Einheimischenmodell zu prüfen - um so zu verhindern, dass junge Aicher mangels Wohnung ihren Heimatort verlassen müssen. Zudem bestand unter den Besuchern der Versammlung weitgehend Einigkeit, dass an diese Stelle kein mehrgeschossiges Wohnhaus passt. Über einen solchen Antrag müssen der Stadtrat oder einer seiner Ausschüsse laut Gemeindeordnung abstimmen.
Der Planungsausschuss ebnete in seiner jüngsten Sitzung den Weg zur Aufstellung eines Bebauungsplans und verpflichtete die Verwaltung denn auch, in einer folgenden Sitzung noch die Möglichkeiten für den Bau von weniger verdichteten Eigentumswohnungen oder -häusern im Einheimischenmodell aufzuzeigen. Ein ähnlicher Antrag der CSU-Fraktion im Fachausschuss, der sechs Wohneinheiten umfasste, war im Juli mit einem Abstimmungspatt denkbar knapp abgelehnt worden.
Das Ensemble orientiert sich an den bäuerlichen Dreiseithöfen
Vorgestellt wurde nun aber eine Bebauungsvariante mit 22 Mietwohnungen im geförderten Wohnungsbau, die vielen Stadträten gut gefällt und die unter Federführung der Wohnungsbaugesellschaft des Landkreises realisiert werden könnte. Bauamtsleiter Johannes Dachsel wirbt für dieses Modell, das den Bau von erschwinglichen und dringend benötigten Wohnungen kombiniert mit einer aus seiner Sicht sehr ansprechenden und auch für diese sensible Ortsrandlage passenden Architektur und einer im Vergleich zu klassischen Einfamilien- oder Reihenhäusern minimierten Bodenversiegelung.
Am östlichen Ortseingang von Aich, gegenüber einem Gewerbegebiet, könnte die Wohnungsbaugesellschaft des Landkreises das Ensemble mit 22 Wohnungen errichten.
(Foto: Grabow und Klause Architekten)Christoph Maier, Geschäftsführer der Wohnungsbaugesellschaft, in der sich 17 Städte und Gemeinden sowie der Landkreis zusammengeschlossen haben, bekundete bei seinem Besuch im Gremium Interesse an der Realisierung des Projekts und betonte, dass die Kreisstadt die Regeln vorgeben kann ("Auf dem Fahrersitz sitzen Sie"). Er strich die grundsätzlich hohen Ansprüche an Architektur sowie Energieeffizienz heraus. Zuschüsse könnten über das Kommunale Wohnraumförderungsprogramm des Freistaats Bayern fließen oder aus dem nach Einkommen gestaffelten Förderprogramm des sozialen Wohnungsbaus - statt Quadratmetermieten von bis zu 16 Euro, die in Fürstenfeldbruck für Neubauten aufgerufen werden, müssten Mieter hier lediglich sechs bis neun Euro hinblättern.
Die halb offene Etage mit den Stellplätzen könnte in den Hang hinein gebaut werden
Wolfgang Klause vom Münchner Büro Grabow und Klause Architekten erläuterte die vorgeschlagene Variante, die sich an den in Aich durchaus noch präsenten Dreiseithöfen orientiert, wie sie in der Landwirtschaft üblich waren: Haupthaus, Scheune, Stall, in der Höhe abgestuft und angeordnet in Hufeisenform. Das Konzept für den Ortsrand soll finanzierbar bleiben, indem beispielsweise auf eine teure Tiefgarage verzichtet wird - die erforderlichen Stellplätze würden in der untersten, halb offenen Etage untergebracht, die in den Hang hineingebaut ist. Außen liegende Laubengänge sollen weitgehend geschlossene Treppenhäuser und Gänge ersetzen. Über den gemeinsam genutzten Innenhof hinaus wäre auch ein Gemeinschaftsraum denkbar, sofern auf eine der bislang vorgesehenen 22 Wohnungen verzichtet würde.
Klause stellte auch eine Alternativvariante für das Grundstück vor: drei parallel angeordnete Einzelhäuser mit 25 Wohnungen. Die fiel bei den Stadträten aber durch - wegen der augenscheinlich zu verdichteten Bauweise. Aus dem gleichen Grund lehnten Vertreter der CSU freilich auch die erste Variante ab. Die sei architektonisch durchaus interessant, räumte CSU-Fraktionschef Andreas Lohde ein - "aber eben nicht an dieser Stelle", also dem Eingangsbereich des ländlich geprägten Ortsteils. Dieser Ansicht widersprachen Vertreter anderer Fraktionen. So strich Markus Droth (Freie Wähler) den großen Bedarf an neuem Wohnraum heraus und sagte: "Wir können nicht so weitermachen wie bisher." Dass alte Hofformen aufgegriffen werden sollen, findet Christian Götz (BBV) "saugut". Und Alexa Zierl (ÖDP) wies darauf hin, dass sich ein Einheimischenmodell rechtlich nicht auf die alteingesessenen Bewohner von Aich beschränken lässt - auch wenn Markus Britzelmair (CSU) vielen engagierten Bürgern aus Aich, die sich beispielsweise in der Feuerwehr engagieren, aber nicht über Wohneigentum verfügen, gern ein Angebot in dem Brucker Ortsteil machen würde.
Christoph Mair deutete an, dass sich einkommensabhängiger Wohnungsbau unter dem Dach des Dreiseithofs möglicherweise mit einem Einheimischenmodell kombinieren lässt. So wäre es denkbar, beispielsweise das "Nebengebäude" dafür auszugliedern. Dies soll geprüft, das Ergebnis dann ebenfalls in einer der nächsten Sitzungen vorgestellt werden.