Wohnen in Fürstenfeldbruck:Acker wird Bauland

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In ländlichen Ortsteilen der Kreisstadt könnten bald Häuser im Außenbereich errichtet werden. Die Politiker setzen sich über das Bauamt hinweg, das engere Grenzen für Zersiedelung und Flächenversiegelung empfiehlt

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Landwirtschaftliche Flächen rund um die dörflich geprägten Ortsteile der Kreisstadt sollen zu Bauland werden. Der Planungsausschuss ist am Mittwoch über die Empfehlungen der Bauabteilung hinausgegangen. Deren Vertreter warnten vergeblich vor einer zu starken Zersiedelung und Flächenversiegelung. Etwa 40 Zuschauer, darunter Bauwerber sowie Angehörige und Unterstützer, nahmen das Votum erleichtert zur Kenntnis.

Teilweise bereits vor vielen Jahren sind einige Bewohner der Ortsteile Aich, Puch, Gelbenholzen und Lindach bei der Stadtverwaltung vorstellig geworden. Sie wollen ihre formal im Außenbereich liegenden Flächen bebauen. In mehreren Fällen sollen Kinder oder andere Verwandte zum Zuge kommen, um ihnen den Umzug in andere Gemeinden zu ersparen. Ein Teil der nun gesammelt behandelten Projekte findet sich auf einer Prioritätenliste, die 2016 vom Stadtrat beschlossen worden ist, um die begrenzten Kapazitäten des Bauamts möglichst effizient zu nutzen.

Die Debatte stand im Zeichen des Konflikts zwischen mehreren Stadträten und den Vertretern der Bauabteilung. Die Experten hatten empfohlen, lediglich die Hälfte der zehn Baugesuche zu befürworten und ihnen per Satzung oder Änderung des Flächennutzungsplans sowie Bauleitverfahren den Weg zu ebnen für eine Wohnbebauung im bisherigen Außenbereich. Eine Städteplanerin warnte davor, mit der Genehmigung bedenklicher Projekte die Tür zu öffnen für eine künftige weitere Bebauung und den Grundsatz "Innenentwicklung vor Außenentwicklung" zu beherzigen. In der schriftlichen Stellungnahme macht das Amt auch deutlich, was eine großzügige Baulandausweisung bedeuten könnte. So wird am Beispiel Aich dargelegt, dass die Genehmigung aller sechs eingereichten Anfragen bedeuten würde, dass die Einwohnerzahl grob geschätzt um ein Viertel - von 690 auf 860 Personen - steigen würde. Es sei zu prüfen, welches Wachstum für den Ortsteil verträglich und gewünscht ist" und ob sich dies mit den Zielen des Landesentwicklungsprogramms und des Regionalplans vereinbaren lasse.

Vielen Politikern war die Vorgehensweise der Stadtplaner viel zu restriktiv und damit nicht bürgerfreundlich genug. Mehrheitlich wurden letztlich auch zwei bislang nicht empfohlene Projekte in Aich und Puch beschlossen. Um sie zügig voranzutreiben, sollen Planungsarbeiten an externe Büros vergeben werden. Zudem beschlossen die Stadträte einstimmig, die künftigen Bauherren an den Infrastrukturkosten zu beteiligen und in einzelnen Fällen Ausgleichsflächen zu schaffen.

Zum Bauland aufgewertet werden in Aich die Flächen Weilerweg/Am Dorfanger, Brucker Straße/Pucher Weg, Ebner Weg und nun auch Ostergrube. Wegen eines andauernden Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht noch nicht behandelt wird die Anhöhe Leitenweg, keine Zustimmung gab es für ein Grundstück an der Nannhofer Straße. In Gelbenholzen darf in reduziertem Ausmaß eine Fläche an der Gelbenholzener Straße bebaut werden, in Lindach eine Fläche an der Malchinger Straße. Nicht befürwortet wurde Puch Süd, während eine Fläche an der Kreuzfeldstraße nun doch positiv bewertet wurde. Der Bebauungsplan für Puch-Nord wird unabhängig von den aktuellen Entscheidungen fortgeführt.

Dörfliche Idylle: Hoch hinaus über Pucher Dächer und Felder ragen der Maibaum sowie die Pfarrkirche Sankt Sebastian. Der in der Nähe geplante Bau eines Windrades wurde vor fünf Jahren wegen der negativen Auswirkungen aufs Ortsbild juristisch zu Fall gebracht. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Oberbürgermeister Erich Raff (CSU) hatte noch vor der Debatte klar gemacht, er sei "mit dem Verwaltungsvorschlag nicht einverstanden". Man könne einem Bauwerber nicht zumuten, nach drei Jahren Wartezeit eine Absage erteilt zu bekommen, so Raff mit Blick auf das Grundstück an der Ostergrube in Aich. Noch deutlicher äußerte sich Klaus Wollenberg (FDP), der regelmäßig mit Martin Kornacher aneinandergerät. Er warf dem in der Sitzung nicht anwesenden Stadtbaurat "unglaubliche Dreistigkeit" vor und sprach sich für die Prüfung dienstrechtlicher Konsequenzen aus. Das Bauamt gebe einfach die Meinung vor und sitze die Sache dann aus - man lasse damit "die Bürger am ausgestreckten Arm verhungern". In einem Fall seien diese sieben Jahre lang "am Nasenring rumgeführt" worden. Franz Neuhierl (Freie Wähler) hält solch deutliche Worte für gerechtfertigt. Zudem laufe die Stadt viel zu oft großen auswärtigen Bauträgern hinterher.

Alexa Zierl (Die Partei/Bruck mit Zukunft) wies die Kritik nachdrücklich zurück. Das Bauamt beachte lediglich geltendes Recht. Auch sieben Jahre änderten nichts daran, dass ein Grundstück im Außenbereich liege. Karin Geißler (Grüne) warnte vor einer Beeinträchtigung des dörflichen Charakters und vor zunehmender Flächenversiegelung. Man solle lieber prüfen, ob man mehr in die Höhe bauen könne, regten Geißler und Zierl an.

Gabriele Fröhlich (SPD) sieht den Stadtrat ebenso wie Andreas Rothenberger (BBV) und Markus Droth (CSU) aber in der Pflicht, etwas für junge Familien zu tun. Die Verwaltung sei "für die Bürger da" und nicht umgekehrt.

© SZ vom 19.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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