Wohnbau in Puchheim:Gentrifizierung statt Grünzeug

Auch beim Wohnungsbau müsste der Stadtrat hinterfragen, was ihm Investoren und Bürgermeister so vorsetzen

Kommentar von Peter Bierl

Die Neubauten am Alois-Harbeck-Platz in Puchheim könnten eine Zierde der Stadt werden, ein architektonisches Zeichen für Urbanität, und das Zentrum beleben. Insgesamt sollen es sechs neue große Gebäude werden, darunter ein siebenstöckiges Haus und ein Hotel. Die Stadt will per Vertrag günstigen Wohnraum sichern. Unter dem Umweltaspekt ist es besser, an dieser Stelle deutlich dichter und höher zu bauen als auf der grünen Wiese neue Flächen zu versiegeln. Soweit spricht alles für das Großprojekt. Bedenklich stimmt jedoch der Umgang mit Naturschutzfragen.

Etwa 60 Bäume sollen gefällt werden. Die meisten seien alt und könnten bei nächster Gelegenheit umfallen, heißt es. Das mag sein, aber die Begründung hört man inzwischen bei jedem ordinären Baumfrevel, und warum wurden die angeblichen Problembäume dann nicht längst beseitigt? Ersatzpflanzungen stellen keinen Ersatz dar, sondern Ablasshandel. Würde man die Neubauten etwas anders situieren, vielleicht auf ein paar Meter Baufläche verzichten, könnte mancher Baum gerettet werden. Lässig erscheint auch die Aussage, es sei kein Problem, wenn jeden Tag 1300 Autos mehr durch das Zentrum rollen. Zweifel sind angebracht, denn alle fahren durch Wohngebiete und über eine Kreuzung quasi in eine Sackgasse hinein. Auf eine Umweltverträglichkeitsprüfung verzichtet der Stadtrat großzügig, weil das Areal sowieso schon verbaut und verdichtet ist. Aber wann, wenn nicht bei einem für Puchheimer Verhältnisse Mammutprojekt wäre eine solche Prüfung geboten?

Leider setzt der neue Stadtrat die alte Linie fort, alles in Harmonie und Konsens anzugehen, statt gelegentlich zu hinterfragen, was ihm von Investoren und Bürgermeister vorgesetzt wird. Die Grünen haben bei der Kommunalwahl kräftig zugelegt, aber den Umweltjob muss der Bund Naturschutz als außerparlamentarische Kraft erledigen. Das gewichtige Argument, es werde günstiger Wohnraum geschaffen, schnurrt zusammen: Es sind nicht einmal ein halbes Dutzend Wohnungen. Während Immobiliengesellschaften trotz Bitten der Kommune kaum Anstalten machen, Wohnungen für Normalverdiener in der Planie zu sanieren, beginnt am westlichen Rand die Gentrifizierung.

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