Das geplante Windrad in einem Wald bei Jesenwang scheint auf breite Zustimmung zu stoßen. Diesen Eindruck vermittelten am Dienstagabend die hundert Besucher vor dem Feuerwehrhaus, die sich über den Sachstand informieren. Bauherr in spe ist die "Bürger-Energie-Genossenschaft Freisinger Land" (BEG), die eine Bauvoranfrage beim Landratsamt eingereicht hat.
Die Stelle im Privatwald zwischen Jesenwang, Grafrath und Landsberied ist seit Einführung der 10 H-Regel der einzig verbliebene Standort im Landkreis, der bei einem 200 Meter hohen Windrad den erforderlichen Zwei-Kilometer-Abstand bis zur nächsten Siedlung wahrt. Damit gilt er als "privilegiert". Jesenwangs Bürgermeister Erwin Fraunhofer (CSU/Bürgermeinschaft), der unter den Gästen auch seine Amtskollegen aus Mammendorf und Moorenweis begrüßte, machte deutlich, was das bedeutet. Eine Gemeinde kann das, wenn sie es denn überhaupt will, ebenso schwer verhindern wie den Bau einer Scheune im Außenbereich durch einen Landwirt. Auch eine Veränderungssperre würde sich wohl recht schnell als unzulässige "Verhinderungsplanung" entpuppen und der Gemeinde am Ende nur hohe Kosten bescheren.
Geht es nach der BEG, dann grämen sich benachbarte Bürger und Gemeinden nicht allzu sehr wegen mäßiger Mitentscheidungsmöglichkeiten, sondern begeistern sich für das Windrad, von dem sie auch noch profitieren können. Denn sofern die umfangreichen Untersuchungen zu Natur- und Artenschutz, aber auch zur Vereinbarkeit mit dem Flugverkehr, positiv ausfallen sollten und das Windrad in zwei Jahren wirklich steht, könnte sich das auszahlen. BEG-Vorstand Andreas Henze erklärt: Das Windrad dürfte ersten Schätzungen zufolge mit jährlich 8,6 Millionen Kilowattstunden rentabel arbeiten und das Doppelte des Jesenwanger Strombedarfs erzeugen. Den Gemeinden Jesenwang, Grafrath, Kottgeisering und Moorenweis wird eine Beteiligung angeboten. Zudem können die Bürger der Genossenschaft beitreten, ihr fest verzinste Darlehen geben und vergünstigten Strom beziehen.
Dem Mammendorfer Gemeinderat und Windkraftexperten Werner Zauser (Freie Wähler) zufolge hat sich das in seiner Gemeinde bewährt: die ist mit 30 Prozent am Windrad der Brucker Stadtwerke beteiligt. Angesichts der über den Prognosen liegenden Erträge sei das "wahrscheinlich überhaupt das beste Investment der Gemeinde". Die Windkraft, die in der Zeit von November bis Februar für gewöhnlich die Hälfte ihres Jahresertrags einfährt, sei eine ideale Ergänzung zur Photovoltaik. Ohne intensive Nutzung von Sonne und Wind und gemeinsame Anstrengungen wird sich Maisachs Gemeinderat Gottfried Obermair (Freie Wähler) zufolge die Energiewende nicht machen lassen. Bis 2030 will der Landkreis unabhängig von fossilen Energieträgern werden. "Aber da schaut es nicht gut aus", so der Vorsitzende des Klimawendevereins Ziel 21. Momentan werden lediglich 26 Prozent nachhaltig erzeugt. "Mindestens zwei bis drei weitere Windräder" im Landkreis hält Obermair absehbar für machbar. Wegen Unterschreitung der 10 H-Mindestabstände muss es dann ohne Privilegierung gehen. Als Alternative bleibt Gemeinden das Aufstellen eines Bebauungsplans. Nach SZ-Informationen gibt es in Mammendorf und Maisach solche Überlegungen, um die Energiewende voranzubringen.
Raimund Kamm, Vorsitzender des bayerischen Landesverbandes Erneuerbare Energien, findet so etwas gut und notwendig. "Photovoltaik und Windkraft" seien die einzigen geeigneten "Arbeitspferde", die beim Klimaschutz noch Potenzial hätten - und sich auch noch rechnen.
Ob Jesenwang dem Pferd die Sporen geben darf, hängt freilich maßgeblich ab von der Einschätzung des Luftamts, das vor allem den Betrieb auf dem kleinen Flugplatz am Ortsrand und im nicht weit entfernten Lagerlechfeld im Blick hat. BEG-Chef Henze gibt sich auf eine Nachfrage aber bereits in einem Punkt zuversichtlich: Eine Prüfung habe ergeben, dass die Platzrunde des Jesenwanger Flugfelds nicht verlegt werden müsse, neue Belastungen müssten die Jesenwanger hier nicht fürchten.