Frank Geese (links) und Mirko Thiel sind zwei der WG-Bewohner, die eine Mitbewohnerin suchen.
(Foto: Günther Reger)Über der Anzeige sind fünf Männchen abgebildet, vier davon tragen blaue Kleidung, lediglich das letzte ist ganz grau und hat einen Rock an. Die Überschrift lautet: Chaotische, aber liebevolle WG in Eichenau sucht eine Mitbewohnerin. Auf den ersten Blick klingt das nach einem guten Angebot, denn das Zimmer ist 28 Quadratmeter groß, besitzt einen Balkon und ist für 460 Euro im Monat zu haben. Die Anzeige wurde auf einem bekannten Online-Portal für Wohngemeinschaften, die nach neuen Mitbewohnern suchen, geschaltet. Hier fahnden Studenten genauso wie Berufstätige nach einer einigermaßen preiswerten Unterkunft.
Meistens kommen in Großstädten auf ein Zimmer etwa dreißig Bewerber und nicht selten artet die Suche nach dem perfekten Mitbewohner für beide Seiten in Stress aus. Frank Geese und Mirko Thiel, zwei Mitglieder der "chaotisch liebevollen" Männer-WG, wirken an ihrem Küchentisch in der Wallbergstraße dennoch sehr entspannt. Zunächst einmal liegt ihre Wohnung im beschaulichen Eichenau, eher keinem Hotspot großstädtischen Lebens, und zweitens haben die beiden ihre Suche eingegrenzt. "Wir wünschen uns ausnahmslos eine Frau als Mitbewohnerin, vier Kerle reichen", sagt Frank. "Ich denke, dass man mit uns gut zusammenleben kann. Wir sind locker drauf und sitzen oft gemeinsam beim Bier." Im Sommer grillt die WG vor ihrem Strandkorb im Vorgarten. Als das Zimmer vor zwei Monaten frei wurde, entschlossen sich Mirko und Frank gemeinsam mit ihren Mitbewohnern, einem Handwerker und einem französischen Studenten, für das Inserat. "Wenn ich morgens aufstehe, möchte ich nicht immer nur eine Horde Männer sehen, wir brauchen hier ein bisschen mehr Abwechselung", erzählt Mirko. Bis vor einem Jahr gab es die Kombination von vier Männern und einer Frau in der Wallbergstraße schon einmal. Der gelernte Koch kann darüber nur Gutes berichten: "Das Zusammenleben war total entspannt, denn alles hängt davon ab, ob die Charaktere miteinander auskommen." Die Anforderungen haben die Männer klar definiert: sie sollte zwischen 20 und 30 Jahre alt und möglichst schon berufstätig sein. Zum 1. März ist der Einzug möglich. "Selbstbewusst muss sie sein und auch mal einen ironischen Spruch verkraften können", meint Frank, "sie kann auch ein bisschen ausgeflippt aussehen, mit Tattoos oder Piercings." Vier Bewerberinnen waren bisher schon da. "Die Zweite wäre perfekt gewesen, sie saß mit uns lange am Küchentisch und wir haben uns gut unterhalten. Letztlich war ihr dann aber doch der Weg bis in die Innenstadt zu weit." Die Auswahl erfolgt trotz der wenigen Bewerberinnen nicht wahllos, denn Kandidatin Nummer Eins war Mirko und Frank definitiv zu "schickimicki". "Sie hat als Friseurin gearbeitet und war sehr nett, aber wir haben ihr dann doch abgesagt, denn sie hätte schlichtweg nicht zu uns gepasst."
Nicht ganz unverständlich, denn die Küche imponiert mit ihren drei Bierkästen eher mit rauem Charme. Einen Putzplan gibt es auch nicht. Trotzdem sucht die Wohngemeinschaft keine Frau, nur damit sie jemanden zum Kochen und Aufräumen hat. "Das können wir schon selbst, für eine Männer-WG ist es doch sehr sauber", ist sich Frank sicher. Schließlich stehen alle leeren Bierflaschen ordentlich nebeneinander und auch das Badezimmer glänzt, weder Staub noch Zahnpastareste im Waschbecken gibt es hier. Selbst bei den Pin-Up- Kalendern herrscht Gleichberechtigung, neben der leicht bekleideten Blondine über dem Küchenschrank hängt ein weiterer Kalender mit einem männlichen Pendant - das allerdings momentan nicht zu sehen ist, denn dieser Kalender zeigt lediglich seine Rückseite. "Den hängen wir erst wieder richtig hin, wenn auch eine Frau hier wohnt, uns interessieren nackte Männeroberkörper schließlich nicht", grinst Mirko.