Volksfest in Fürstenfeldbruck:Après-Ski im Flachland

Volksfest in Fürstenfeldbruck: Mitten drin statt nur dabei. Dieter Pleil (Mitte) am Donnerstagabend an einem der drei vom Skiclub reservierten Tische.

Mitten drin statt nur dabei. Dieter Pleil (Mitte) am Donnerstagabend an einem der drei vom Skiclub reservierten Tische.

(Foto: Stefan Salger)

Erstmals versucht sich Trainer und Ex-Stadtrat Dieter Pleil mit einer Weinhütte auf dem Volksfest - Freundinnen und Freunde helfen unentgeltlich. Volles Haus. Bis "Sierra Madre" kommt.

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Wenn es auf halb zwölf zugeht, kommt die letzte Runde. Gefolgt vom Rausschmeißer. Dann dröhnt der Gassenhauser "Sierra Madre" aus den Boxen. Und Dieter Pleil hakt sich mit seinen Mitarbeitern unter und gabelt gleich noch alle Gäste, die ihm in die Quere kommen, auf. Dann geht's in einer unaufhaltsamen Polonaise einmal vor und zurück und an der Bar entlang in der rustikalen Hütte. Die steht am Rande des Volksfestplatzes. Wäre der Maibaum beim Aufstellen am 1. Mai umgefallen, wäre er auf dem Dach der Hütte gelandet. Ist er aber nicht. Vielleicht auch deshalb, weil die Pucher Maibaumfreunde und ihre Helfer zuvor in der Weinhütte mit Weißwürsten gedopt worden sind. Und so feiern jeden Tag und jeden Abend wohl an die hundert Gäste gegenüber dem Autoscooter. Bis "Sierra Madre" kommt. Après-Ski in Lederhosn und Haferlschuhen. Ein allabendliches Ritual. "Der Wahnsinn!", sagt Pleil.

Volksfest in Fürstenfeldbruck: Gleich hinterm Maibaum, gegenüber dem Autoscooter: "Pleil's Weinhütte" heißt im Leben jenseits des Volksfests "Gifthütte" und steht in Steinebach am Wörthsee.

Gleich hinterm Maibaum, gegenüber dem Autoscooter: "Pleil's Weinhütte" heißt im Leben jenseits des Volksfests "Gifthütte" und steht in Steinebach am Wörthsee.

(Foto: Stefan Salger)

Ein Ritual könnte es auch werden, diese Weinhütte bei den nächsten Volksfesten wieder aufzustellen. "Nur dieses eine Mal", hat Pleils Frau Sonja gesagt, die selbst hinterm Tresen mit anpackt. So viel Stress bis in die Nacht hinein, gar nicht zu reden von der ganzen Vorbereitung. Pleil sitzt am Donnerstagabend im kleinen Biergarten. Bringt fast keinen Ton heraus, weil die Stimmbänder streiken. Redet trotzdem wie ein Wasserfall. Managt nebenbei am Handy die Schnapslieferung. Springt kurz auf, um schnell drinnen den Schichtwechsel zweier Bedienungen zu regeln. Wird am Eingang unter dem in Holz eingebrannten Schriftzug "Pleil's Weinhütte" und dem "Griaß Eich" auf dem quer montierten Uraltski aufgehalten. Ein Handschlag hier noch schnell mit einem Freund im Biergarten, dort Umarmungen der Vereinsmitglieder, die in die gute Stube drängen. Der 66-Jährige ist Fitness-, Nordic-Walking- und Skitrainer, spielte früher Fußball bei SCF und FC Aich, saß für die BBV ein paar Jahre im Stadtrat und betreibt einen Skiservice. Man hat den Eindruck, dass er mit ganz Bruck verbandelt ist. Und dass ganz Bruck just während des Volksfests in dieser Blockhütte die Freundschaft begießen will - mit einem Glas Wein, einem Secco oder einer Flasche Bier, bei einer ordentlichen Brotzeit. Fast immer ist drinnen ausgebucht. Volle Hütte.

Volksfest in Fürstenfeldbruck: Rustikales Gebäude im Blockhausstil - und für einen Hüttenwirt durchaus standesgemäß.

Rustikales Gebäude im Blockhausstil - und für einen Hüttenwirt durchaus standesgemäß.

(Foto: Stefan Salger)

Wie also war das noch mal? Nur dieses eine Mal? Pleil lacht schelmisch und windet sich ein bisschen. Keine Fangfragen jetzt! Er will keinen Stress mit seiner Frau. Aber die Premiere als Gastwirt ist einfach fantastisch. Hätte er ja selbst nie geglaubt, wie viel Spaß das macht. Stress? Ja, schon. Aber diese zehn Tage Stress machen, so viel lässt sich nach der ersten Woche sagen, Lust auf mehr. Er könnte sich ja ein paar Argumente bereitlegen. Etwa dass die Hütte des Brucker Skiclubs in Wertach im Allgäu die nächsten sechs bis acht Jahre bekanntlich nicht benutzt werden kann, weil sie brandschutztechnisch umgebaut wird. Was also bleibt da einem aufrechten Hüttenwirt, der nicht ganz aus der Übung kommen will, anderes übrig, als sich nach einer Alternative auf Zeit im Flachland umzusehen?

Volksfest in Fürstenfeldbruck: Die meisten Mitarbeiter arbeiten unentgeltlich, weil ihnen das Spaß macht und sie Dieter Pleil helfen wollen.

Die meisten Mitarbeiter arbeiten unentgeltlich, weil ihnen das Spaß macht und sie Dieter Pleil helfen wollen.

(Foto: Stefan Salger)

Ist eine originelle Geschichte, wie es dazu kam. Noch in der Zeit, als sein Bruder Klaus Oberbürgermeister von Fürstenfeldbruck war, organisierte die Brucker Bürgervereinigung Weinfeste und schlug dafür ein Zelt auf dem Viehmarktplatz auf. Die waren der Renner, der Andrang war groß. Das I-Tüpfelchen war, dass dort "Pleil-Wein" ausgeschenkt wurde. Nicht aus eigener Produktion. Irgendwann waren die Pleils vielmehr auf den nördlich von Wien ansässigen Winzer gestoßen, der hieß wie ihr Vater: Josef Pleil. Lustige Sache, dass bei der BBV also Wein mit Pleil-Schriftzug auf den Etiketten ausgeschenkt wurde. Mittlerweile wurde der Betrieb in Österreich vom Waberer-Weingut übernommen und trägt nun dessen Name. Dieter Pleil adelt die Flaschen trotzdem zum Spaß mit kleinen Aufklebern zur "Pleil Edition".

Volksfest in Fürstenfeldbruck: Das Weingut des Österreichers Josef Pleil ist mittlerweile zwar übernommen worden, der Wein trägt nun einen anderen Namen. Aber eigentlich ist in den Flaschen immer noch der gleiche Pleil-Wein.

Das Weingut des Österreichers Josef Pleil ist mittlerweile zwar übernommen worden, der Wein trägt nun einen anderen Namen. Aber eigentlich ist in den Flaschen immer noch der gleiche Pleil-Wein.

(Foto: Stefan Salger)

Nochmal zurück zu den Freunden: Die kommen nicht nur auf Besuch, die helfen mit. Das "Super-Team" besteht aus 33 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Sieben sind angestellt als geringfügig Beschäftigte. Der Rest sind Freundinnen und Freunde, die unentgeltlich helfen, weil es ihnen Spaß macht - viele aus den Vereinen und aus der BBV. Hätten nicht so viele schon vor langer Zeit ihre Unterstützung zugesichert, allen voran Pleils sehr guter Freund Charly Stecher, Pleil hätte sich wohl nicht auf dieses Wagnis eingelassen. So aber war er hellhörig geworden, als ein Spezl von einem "echt geilen Geburtstagsfest" in der "Gifthütte" am Wörthsee berichtet hatte - und dass diese transportabel sei und gemietet werden könne. Eigentlich war die Premiere schon vor zwei Jahren geplant, als klar war, dass die Vereine nicht mehr das kleine Zirkuszelt als Ergänzung zum Festzelt betreiben wollten. Corona und der Ukraine-Krieg machten Pleil dann erst mal einen Strich durch die Rechnung.

Der Dschungel an Paragrafen und Auflagen, über den sich mancher Schausteller und Gastwirt ja gern beschwert, bereitete dem Festwirt-Novizen übrigens wenig Kopfzerbrechen. Klappte alles tadellos, keine Probleme mit Behörden. Auch die beiden Männer in den weißen Kitteln, die am Mittwochmittag reinmarschieren und augenscheinlich ziemlich nüchtern sind und es auch bleiben wollen:"supernett". Lebensmittelkontrolle. Sie prüfen Unterlagen, leuchten routiniert in die eine oder andere Schublade, haben aber nichts Ernstes zu beanstanden.

Letztens fragt ein Gast aus Erding, ob Pleil sich ein Gastspiel auf dem dortigen Volksfest vorstellen könne - da geht so eine Weinhütte noch ab. Ein anderer bringt das Brucker Altstadtfest ins Spiel. Aber Pleil winkt ab. Er will ja nicht hauptberuflich Gastwirt werden. Aber nochmal Brucker Volksfest? Da könnte er, Stand heute, wohl schon schwach werden. Vielleicht setzt er sich ja mit seiner Frau Sonja zusammen. Bei einem guten Gläschen Pleil-Edition. In einer ruhigen Stunde. Wird also noch ein paar Tage dauern.

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