Vorsorgevollmacht, Patientenverfügung – wer hat so etwas? Eine kurze Umfrage der SZ bei der gut besuchten VdK-Veranstaltung im Olchinger Sozialzentrum ergab, dass eine Mehrheit der etwa 40 Besucherinnen und Besucher solche Vereinbarungen abgeschlossen haben. Doch elf der eher älteren Anwesenden besaß keines von beiden. Für die kam der Vortrag von Rechtsanwalt Ewald Zachmann gerade recht. „Beides sollte jeder unabhängig vom Alter haben“, mahnt der langjährige Olchinger Stadtrat gleich zu Beginn, „denn es trifft nicht nur alte Menschen, ein Unfall passiert schnell.“
Hat man keine Vorsorgevollmacht erteilt, wird vom Betreuungsgericht ein Betreuer bestellt, wenn die Person, sei es durch Unfall oder plötzlicher Krankheit, nicht mehr nach seinem Willen handeln kann. „Das kann eine völlig fremde Person sein, wenn nichts geregelt ist“, so Zachmann, „die sich dann um ihr Eigenheim und das Geldvermögen kümmert.“ Deshalb rät er nachdrücklich dazu, eine Vertrauensperson in einer Vorsorgevollmacht zu benennen. Das kann die Ehefrau sein, die Kinder oder eine andere Person, dem der Vollmachtgeber sein Vertrauen schenkt. Es sollte nicht nur einen Bevollmächtigten geben, es sollte auch eine Ersatzperson benannt werden. Bei Grundvermögen empfiehlt sich, so Zachmann, die Vollmacht in Form einer notariellen Beglaubigung zu erteilen.
Grundlage von Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung ist die gesetzliche Vorgabe aus dem Jahre 1990 und deren Novellierung 2023, die die Rechtsprechung seit 1990 berücksichtigt. Rechtsnorm ist Paaragraf 1820 BGB mit der Überschrift „Vorsorgevollmacht und Kontrollbetreuung“. 2023 wurde auch das Notvertretungsrecht von Ehepartnern geregelt. Zuvor konnten Ehepartner im Ernstfall bisher keinerlei Entscheidungen darüber treffen, wie ihr Partner im Notfall behandelt werden soll, wenn sie nicht in einer Vorsorgevollmacht ausdrücklich als rechtliche Betreuer aufgeführt sind. Mit dem Notvertretungsrecht vertreten sich Ehepartner seitdem auf drei Monate begrenzt gegenseitig. Schon während des Vortrages entwickelte sich ein munteres Frage- und Antwortspiel Zachmanns mit den Anwesenden. „Klarheit in der Vollmacht ist wichtig, sonst gibt es Streit“, bekräftigt der Referent zuvor noch. Er rät auch die Patientenverfügung auf dem Handy zu speichern, um sie auf Reisen bei einem Vorfall zur Verfügung zu haben. „Brauche ich eine Extravollmacht für die Banken?“, fragt eine Besucherin. Die Vorsorgevollmacht würde gelten, wenn dort die Vollmacht für die Bankkonten aufgeführt ist. „Aber Banken zicken manchmal auch rum“, weiß Zachmann, gerade auch, wenn sie eine ältere Vollmacht möglicherweise einer anderen Person vorliegen haben. Das sollte man klären. Jedenfalls sollte eine Bankvollmacht über den Tod hinaus gelten, sonst könne zum Beispiel die Ehefrau erst nach Ausstellung eines Erbscheins, das Wochen dauern kann, notwendige Geldgeschäfte tätigen.
Auf jeden Fall ist ein behandelnder Arzt an die Patientenverfügung gebunden. Natürlich könne es auch vorkommen, dass es eine „Grauzone“ gibt, wo der Wille des Patienten nicht ganz klar ist. „Ein Arzt ist erst einmal verpflichtet, dass wir weiterleben“, erklärt Zachmann, sonst mache er sich unter Umständen strafbar. Es komme darauf an, den Willen des Vollmachtgebers, falls es diese Grauzone gibt, auszulegen. „Das ist bei unserer hochmodernen Medizin nicht einfach“, so Zachmann, „da kommt dann eine hohe Verantwortung die Bevollmächtigten zu.“ Eine „Näheverhältnis“ könnte da schwierige Entscheidungen erleichtern. Beim Verfassen der Patientenverfügung rät er vorher mit dem Hausarzt zu sprechen. Eine Tochter schildert den Fall, dass ihre 87-jährige Mutter nicht mehr in der Lage ist diese Patientenverfügung zu verfassen. „Da wird der mutmaßliche Wille ermittelt“, erklärt Zachmann. Da fließe auch die Beurteilung des Arztes mit ein. Im Zweifel würde das Betreuungsgericht entscheiden. Insgesamt gehe der Gesetzgeber nach der Novellierung von 2023 von der Vorrangigkeit der Patientenverfügung aus. Sollen trotzdem lebensverlängernde Maßnahmen vorgenommen werden, muss das Gericht dem zustimmen.