Landgericht München:"Witze auf Kosten anderer"

Landgericht München: Vor dem Landgericht München findet die Berufungsverhandlung statt.

Vor dem Landgericht München findet die Berufungsverhandlung statt.

(Foto: Sven Hoppe/dpa)

Angestellter eines Sicherheitsdienstes verschickt über WhatsApp Beiträge mit volksverhetzenden, antisemitischen und rassistischem Inhalt.

Von Andreas Salch

Just an dem Tag, an dem er hätte befördert werden sollen, standen morgens um fünf Uhr Polizisten vor der Wohnungstür von Claus W. (Name geändert) in Maisach. Die Beamten warfen ihm vor, er habe in einer WhatsApp-Gruppe volksverhetzende, antisemitische und rassistische Bilder und Nachrichten verschickt. Claus W. räumte den Vorwurf ein und informierte kurz darauf auch gleich seinen Chef. Aus der Beförderung wurde nichts. Die Staatsanwaltschaft am Landgericht München II erhob Anklage gegen den 30-Jährigen wegen Volksverhetzung und wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Im März dieses Jahres verurteilte das Amtsgericht Fürstenfeldbruck W. zu einer empfindlichen Geldstrafe in Höhe von 6000 Euro (150 Tagessätze à 40Euro). Die Beiträge des Angeklagten in der WhatsApp-Gruppe seien an "Geschmacklosigkeit kaum zu überbieten", befand das Gericht in seinem Urteil.

Doch für Claus W. kam es noch schlimmer. Da Geldstrafen über 90 Tagessätze ins Führungszeugnis aufgenommen werden, müsse er nun fürchten, dass er seinen Job im Sicherheitsdienst verliert, sagte der 30-Jährige vor dem Landgericht München II, wo er Berufung gegen das Urteil aus der ersten Instanz einlegte. Mit einer Eintragung wegen Volksverhetzung und einer Geldstrafe von über 90 Tagessätzen könne er nicht länger im Sicherheitsdienst weiterarbeiten, habe ihm sein Chef bereits mitgeteilt.

Bitter für den 30-Jährigen: Denn er gehört gar nicht der rechten Szene an, davon zeigte sich sowohl das Amtsgericht Fürstenfeldbruck als auch die Vorsitzende Richterin in der Berufungsverhandlung vor dem Landgericht München II überzeugt. Er habe "einfach nicht nachgedacht", als er seine Beiträge gepostet habe, sagte W. "Ich wollte wahrscheinlich Witze auf Kosten anderer machen." Er habe auch nichts gegen Schwarze. Einer seiner besten Freunde sei ein schwarzer Mensch.

Mit 150 Tagessätzen sei der Angeklagte sogar noch gut weggekommen, befand der Vertreter der Staatsanwaltschaft, der ebenfalls Berufung gegen das Ersturteil eingelegt hatte. Eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen sei "nicht realistisch", erklärte auch die Vorsitzende Richtern. Claus W. machte den Eindruck, als sei er den Tränen nahe. Die WhatsApp-Gruppe hatte er von sich aus verlassen, weil er, wie er vor Gericht sagte, es auf Dauer nicht mehr "lustig" fand, dass von den Mitgliedern unter anderem ständig Bilder mit Hakenkreuzen gepostet wurden. Eine Geldstrafe unter 150 Tagessätzen könne er sich jedenfalls nicht vorstellen, erklärte der Staatsanwalt. Er sei "höchstens" bereit, seine Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts zurückzunehmen. Da auch Claus W. dies tat, ist das Urteil wegen Volksverhetzung nunmehr rechtskräftig.

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