Volksfest:Brucker Bierkoalition

Bierprobe FFB

Zweiter Bürgermeister Erich Raff schenkt allen ordentlich ein. Neben ihm (von links): Volksfestreferent Markus Droth, Festwirt Jochen Mörz und Brauerei-Geschäftsführer Oliver Lentz.

(Foto: Günther Reger)

Im verwaisten Brauhaus verkosten Stadträte fraktionsübergreifend das Festbier

Wer eine Weste und einen Trachtenjanker hat, holt ihn zu diesem Termin aus dem Schrank. Lederhose oder Dirndl dagegen sind noch nicht Pflicht. Es muss kleidungstechnisch ja noch eine Steigerung geben von der Bierprobe im Brucker Brauhaus zum Brucker Volksfest, das schräg gegenüber mit dem großen Aufzug am 28 April beginnen und am 7. Mai enden wird.

Volksfestreferent Markus Droth (CSU) zeigt die optimale Kombination: dunkelblaue Weste, Trachtenjanker. Sein Fraktionskollege Martin Kellerer trägt, ebenso wie Dieter Pleil von der BBV, eine grüne Weste, Philipp Heimerl (SPD) standesgemäß eine rote. Den Holzhammer schwingt ein anderer, der ganz ohne Weste auskommt, dessen Gummischürze aber immerhin standesgemäß schwarz ist. Das ist nicht König Ludwig, wie die Aufschrift auf der Schürze suggeriert, sondern Brucks Zweiter Bürgermeister Erich Raff (CSU). Mit sieben etwas zaghaft wirkenden Schlägen bahnt er dem Volksfestbier den Weg aus dem 30-Liter-Fass in die Krüge. Ebenso wie in den zurückliegenden Jahren ist es ein alter Bekannter: das König Ludwig Hell, das Braumeister Quirin Sax mit "5,1 Prozent Alkoholgehalt und 11,6 Prozent Stammwürze" in die Mitte des Bieruniversums einordnet. Wesensmerkmal: "Es animiert zum Weitertrinken". Na dann.

Die versammelten Stadträte folgen dieser Empfehlung. Klammheimlich mag mancher dem Spezialbier nachtrauern, das 2013 anlässlich des 750. Jubiläums von Fürstenfeld eigens gebraut worden war. Aber alle wissen natürlich, dass der Ausschank auf dem Volksfest - 2016 waren es 330 Hektoliter - zu gering ist, um einen solchen Aufwand in "normalen" Jahren zu rechtfertigen. Außerdem erfüllt das Helle ja auch alle Anforderungen: sieht mit seiner weißen Schaumkrone noch besser aus als ein Bürgermeister in Gummischürze und schmeckt auch noch vorzüglich. Zudem kühlt es laut Raff die in letzter Zeit "erhitzten Gemüter herunter". Und es löst die Zunge. Das zeigt Wirkung: In der Stube finden sich neue Koalitionen zusammen: Herwig Bahner (CSU) ratscht mit Walter Schwarz (SPD), Klaus Wollenberg (FDP) mit Christian Stangl (Grüne). Zu fortgeschrittener Stunde finden sich die jungen Wilden an einem Tisch: Pirat Andreas Ströhle, CSU-Frau Simone Görgen und die beiden OB-Kandidaten Florian Weber (Die Partei) und Heimerl. Völlig unterrepräsentiert ist die BBV, die just an diesem Abend ihre vergleichsweise sehr nüchterne Mitgliederversammlung angesetzt hat. Deshalb fügt sich auch Irene Weinberg in ihr Schicksal, kehrt dem Brauhaus lange vor dem Zapfenstreich den Rücken und lässt die Frauenquote in beängstigende Dimensionen zusammenschnurren (nur noch Görgen und Beate Hollenbach von der CSU halten die Stellung).

Festwirt Jochen Mörz enthüllt ein paar Geheimnisse. Dass der Bierpreis um 20 Cent auf 8,70 Euro steigt, hat Markus Droth zuvor bereits durchgestochen. Ebenso, dass in ein paar Tagen das Programm feststehen wird, das Vereinen wie Subkultur oder den Rockfreunden eine große Bühne gibt, aber auch Platz lässt für Highlights wie Impala Ray, Lenze und de Buam oder die Partyband Manyana. Mörz punktet mit der Neuigkeit, dass dem großen Zelt diesmal ein Zirkuszelt an die Seite gestellt wird und es essenstechnisch exotisch wird - die Rede ist sogar von einem mongolischen Gericht. Größer könnte der Kontrast nicht sein zu Schweinsbraten und bayerischer kalter Platte, die Ex-Hendlhauswirt Horst Jirgl aufgefahren hat. Damit nicht genug der neuen Nachrichten. Brauereichef Oliver Lentz nutzt die Gelegenheit, Licht ins weitgehend verwaiste Brauhaus zu bringen. Nachdem Hannes Sattlegger aus Gesundheitsgründen aufgegeben hatte und dessen Bruder Alexander nur übergangsweise einspringen war, will die König Ludwig Schlossbrauerei Kaltenberg schräg gegenüber dem Volksfestplatz "spätestens bis zum Beginn der Biergartensaison" wieder einen neuen Pächter unter Vertrag nehmen. Lentz: "Es hat schon gute Gespräche gegeben, wir haben keine Eile."

Volksfest, Volksfestbier, neuer Wirt, neue Koalitionen. Was aber ist mit dem bestimmenden Thema dieser Tage? Was ist mit dem Wahlkampf? Nichts zu spüren davon an diesem Abend. So lange, bis der Reporter am nächsten Morgen einen genaueren Blick auf seinen Block wirft - den er im Brauhaus für ein paar Minuten aus den Augen verloren hatte. In krakeliger Schrift ist da zu lesen: "Florian Weber ist der beste Kandidat!" Na dann, prost.

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