Vogelplage in Puchheim:Anwohner wollen Saatkrähen abschießen

Bei einer Versammlung in Puchheim klagen Bürger über Belastung durch Lärm und Kot der Tiere, die auf dem Friedhof siedeln.

Peter Bierl

Die Bewohner rund um den Friedhof von Puchheim-Bahnhof fühlen sich von Lärm und Kot einer Saatkrähen-Kolonie derart belästigt, dass sie mit Gewalt gegen die Tiere vorgehen wollen. In einer Diskussion am Mittwoch im Rathaus forderte eine Mehrheit der Anwesenden, die Vögel abzuschießen. Zweiter Bürgermeister Wolfgang Wuschig (UBP) versprach, alle Mittel in Erwägung zu ziehen. Vertreter von Behörden und des Landesbundes für Vogelschutz (LBV) warnten davor, die Saatkrähen zu stören, weil sich sonst neue Kolonien bilden würden.

Zu Beginn der Veranstaltung, zu der rund 90 Bürger ins Rathaus gekommen waren, musste Wuschig als Versammlungsleiter erst einmal selbst gegen Lärm vorgehen. Nachdem Klaus Neugebauer von der Regierung von Oberbayern kategorisch erklärt hatte, die Kolonie könne nicht entfernt werden, erhob sich ein Proteststurm. "Frechheit" und "Sie wollen uns abspeisen", schrien empörte Bürger.

Neugebauer beharrte darauf, dass es "störungsfreie Rückzugsräume" für die Vögel geben müsse. Würde man versuchen, die Krähen zu vertreiben, bestünde das Risiko, das Problem durch "Splitterkolonien" zu verbreiten und zu verschärfen.

Daraufhin brüllten wieder Bürger und Wuschig drohte, von seinem Hausrecht Gebrauch zu machen. Auf wenig Gegenliebe stießen auch die Vertreter des LBV. Als Matthias Luy der Annahme widersprach, die Saatkrähen würden alle anderen Singvögel töten, erhob sich deutliches Murren. "Sie sind nicht schlauer als die Wissenschaft", konterte der Diplom-Biologe. Seinen Angaben zufolge gibt es rund 5500 Saatkrähen in ganz Bayern, die 25 Kolonien bilden, die größte mit 600 Brutpaaren habe in Obermeitingen bestanden. Die Saatkrähen favorisierten heute die Nähe von Siedlungen, wo sie sich als Allesfresser von Abfällen ernähren, während sie sich im Wald von Jägern gestört fühlten.

Sein Ratschlag, doch Schallschutzfenster einzubauen oder Planen und Sonnensegel gegen den Vogelkot aufzuspannen, wurde mit höhnischem Beifall quittiert. Mehrere Bürger berichteten, dass sie seit zwei Jahren unter den Tieren litten. "Der Lärm beginnt in aller Frühe gegen 4.30 Uhr und hält den ganzen Tag an", erzählte eine Frau. Man könne nicht schlafen und sich wegen des Kots weder im Garten noch auf der Terrasse aufhalten. "Unsere Immobilien sind wertlos geworden", klagte eine Bürgerin.

Die würdevolle Atmosphäre des Friedhofs werde gestört, auch dort seien Grabsteine und Sitzbänke sowie geparkte Autos mit Kot bedeckt. Das Problem sei keineswegs auf die Brutzeit im Frühjahr und den Winter beschränkt, wenn Saatkrähen aus Russland dazukommen. "Wir leiden 365Tage im Jahr unter dem Krach", schimpfte eine Frau und erhielt großen Applaus.

Vereinzelt meldeten sich aber auch Bürger zu Wort, die berichteten, so schlimm wäre der Lärm nicht. Eine Frau meinte, im Winter würden die Vögel sogar noch von Nachbarn mit Brot gefüttert. "Die Vögel sind Teil der Natur, mir sind die lieber als Autos", sagte sie.

Nach Angaben des LBV halten sich derzeit 89 Brutpaare im Bereich des Friedhofs auf, überwiegend in der Nordostecke, aber anscheinend auch gegenüber in Richtung Narzissenstraße. Im Vorjahr habe man 62 Nester gezählt, Wuschig berichtete von acht Brutpaaren im Jahr 2008. "Gefühlt sind es inzwischen Tausende", bemerkte ein Mann.

Mehrere Bürger verwiesen darauf, dass die Kolonie in Obermeitingen mit Erfolg verlegt worden sei. Nach Angaben von Hilde Abold vom LBV sind diese Saatkrähen nach Donauwörth, Gersthofen und zum Nordfriedhof in Augsburg weitergezogen. Der Vorschlag des Regierungsvertreters, vor Beginn der Brutzeit im kommenden Frühjahr einen Teil der Nester in den südwestlichen Bereich des Friedhofs umzusiedeln, stieß auf große Ablehnung.

Etliche Bürger verlangten, die Nester sofort zu beseitigen, die Feuerwehr solle die Gelege wegspritzen, oder der Bauhof sie beseitigen. Man könnte einen Falkner engagieren oder die Tiere abschießen. Auf Neugebauers Frage, "wollen Sie die Tiere töten" erhob sich ein vielstimmiges "Ja". Mit Genehmigung der Unteren Jagdbehörde im Landratsamt wäre dies möglich.

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