Gericht:Freimaurerische Weltverschwörung und ein Hakenkreuz

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Vor dem Amtsgericht Fürstenfeldbruck muss sich der 23-Jährige verantworten. (Foto: Jana Islinger)

69-Jähriger muss sich wegen eines Bildes an seiner Wohnungstür vor Gericht verantworten. Er betont, dass es ihm mit seiner Aktion um Aufklärung gegangen sei

Von Florian J. Haamann, Fürstenfeldbruck

Seine vermeintliche "Aufklärungskampagne" einer großen freimaurerischen Weltverschwörung hat für einen 69 Jahre alten Rentner aus dem Landkreis schwere Folgen. Um das in seinen Augen umspannende Netzwerk aufzuzeigen, hat der Mann an der Außenseite der Tür seiner Mietwohnung mehr als 100 Bilder bekannter Persönlichkeiten aufgehängt, die sich seiner Meinung nach mit einem stets gleichen Handzeichen bei öffentlichen Auftritten gegenseitig informieren. Auf einem dieser Bilder ist auch ein Rechtsextremist mit Hakenkreuzbinde zu sehen. Dafür musste sich der 69-Jährige nun vor dem Fürstenfeldbrucker Amtsgericht verantworten, nachdem er gegen den Strafbefehl Einspruch eingelegt hatte. Die öffentliche Verbreitung solcher Symbole ist nach Paragraf 86a des Strafgesetzbuchs als "Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen" strafbar.

In seiner Aussage räumte der Mann direkt ein, das Bild an der Tür aufgehängt zu haben und versuchte, die Aktion, die sich über mehr als ein Jahr erstreckt hat, zu erklären. Ihm gehe es darum, zu zeigen, dass all die Personen ein Freimaurerzeichen geben würden und dass es mächtige Geheimgesellschaften gebe, die unter anderem auch Hitler an die Macht gebracht hätten. Diese seien bis heute aktiv und es stehe bald "etwas Großes" an. So sei etwa der Krieg in der Ukraine nur ein Anlass für etwas anderes. Darauf habe er aufmerksam machen wollen, "im Wege der Aufklärung". Die Amtsrichterin machte ihm allerdings klar, dass es im Prozess nicht um die Zeigefinger der Personen gehe, sondern um das Hakenkreuz.

Der 69-Jährige betonte, dass er bei seiner Aktion nie die Verbreitung verfassungswidriger Symbole im Sinn gehabt hab. Hätte er das gewollt, wäre er es doch einfacher gewesen, im Dunkeln nach draußen zu gehen und einfach irgendwo ein Hakenkreuz hinzumalen. Er erklärte auch, dass er das Bild nicht so verwendet hätte, wenn er vorher gewusst hätte, dass es ein Problem darstellte und äußerte die Vermutung, dass die Polizei nur auf "dieses kleine Hakenkreuz" an seiner Tür gewartet habe. Zudem will er beobachtet haben, wie ein Nachbar, den er irgendwo im Umfeld der Polizei vermutet, seine Tür mehrmals während der Aktion fotografiert habe. Dass es nur durch einen Zufall zu dem Verfahren gekommen ist, sagte dagegen eine Beamtin, die als Zeugin in dem Prozess geladen war. Es habe einen Einsatz wegen Ruhestörung in der Wohnung über dem Angeklagten gegeben. Auf dem Rückweg nach unten sei ihr das Bild mit dem Hakenkreuz an der Tür des 69-Jährigen aufgefallen.

Die Richterin verurteilte den Rentner zu 50 Tagessätzen je 40 Euro und blieb damit unter den 60 von Staatsanwaltschaft geforderten Tagessätzen. Sie machte deutlich, dass sie dem Angeklagten glaube, dass er keine nationalsozialistischen Bestrebungen gehabt habe. Seine Handlung sei aber trotzdem strafbar gewesen. Der 69-Jährige erklärte anschließend, dass er die Strafe aufgrund seiner geringen Rente, die durch Grundsicherung aufgestockt wird, wohl nicht zahlen könne und ob er denn ersatzweise ins Gefängnis gehen könne. Die Richterin bestätige, dass es dazu kommen kann. Zum Abschluss wollte der Mann noch wissen, was denn nun der Unterschied sei zwischen dem, was er getan hat und der Abbildung von Hakenkreuzen etwa auf dem Cover von Nachrichtenmagazinen. Die Richterin erklärte ihm daraufhin, dass zweiteres unter die Pressefreiheit falle. Der Einwand des Angeklagten, dass er ja auch Berichterstattung mache, änderte dann aber auch nichts mehr am Ausgang des Verfahrens.

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