Verkehr:Ruf-Taxi in der Erfolgsspur

Hermann Seifert

Für Hermann Seifert, dem ÖPNV-Verantwortlichen im Landratsamt, läuft es mit dem Ruf-Taxi gut.

(Foto: Günther Reger)

Vor allem am späten Abend und am Wochenende nutzen Landkreisbewohner diese Alternative zu Bahn und Bus. Im vergangenen Jahr wurden erstmals 100 000 Fahrgäste gezählt

Von Karl-Wilhelm Götte, Germering

Das Ruf-Taxi ist im Landkreis ein Erfolg. Die Fahrgastzahlen sind im Herbst 2017 nach oben geschnellt. "Exakt 9047 Fahrgäste wurden zum Beispiel im Oktober 2017 im Landkreis gezählt", berichtet Hermann Seifert, der ÖPNV-Verantwortliche im Landratsamt. "Das sind über 4000 Taxifahrten gewesen." Als die Puchheimer Firma Zeiler das MVV-Ruf-Taxi vor zweieinhalb Jahren übernahm, waren es noch 1800 Fahrten gewesen. 2017 erreichten die Fahrgastzahlen schon die Marke von 100 000. Viel Luft nach oben besteht trotzdem noch: Besonders in Germering ist noch nicht durchgedrungen, was das Ruf-Taxi ist und was es kann. Dabei ist der Bestellaufwand minimal.

"Ich bin in Germering an einem Dienstagabend um 21.30 Uhr in fünf Minuten vom Kleinen Stachus nach Neugermering gefahren", erzählte eine "Taxi"-Fahrerin und staunte nicht schlecht. Der Bus braucht für die gleiche Strecke eine Viertelstunde. Trotzdem ist Hermann Seifert mit Germering noch nicht zufrieden: "Da gibt es noch Fahrgastpotenzial." Das Ruf-Taxi fährt dann, wenn keine S-Bahn oder kein Bus mehr fährt, also nachts und an Wochenenden. Ein Taxi wird quasi zum öffentlichen Verkehrsmittel umfunktioniert und ist die Ergänzung zu S-Bahn und Bus. Es fährt im Landkreis von Germering bis Türkenfeld jede S-Bahn- oder Bushaltestelle an. Da die Große Kreisstadt Germering mit Bussen ab spät abends und an den Wochenenden geizt, ist das Ruf-Taxi dort die passende Alternative. Betrieben werden die Taxis von der Firma Zeiler, die von ihrer Zentrale im Puchheimer Gewerbegebiet die Fahrten steuert. "Unsere Spitzenzeit ist zwischen 24 Uhr und zwei Uhr morgens", erläutert Firmenchef Thomas Zeiler. "Dann haben wir 14 Fahrzeuge draußen."

Auch zwischen vier und fünf Uhr am Sonntagmorgen, wenn die Diskotheken schließen, ist noch einmal viel los. 100 000 Fahrgäste im vergangenen Jahr überraschen auch Seifert vom Landratsamt. Die Prognosen lagen weit darunter: 30 000 Fahrgäste waren vor zwei Jahren für 2017 angepeilt worden. So zieht Seifert auch zufrieden Bilanz: "Wir sind sehr stolz darauf, dass wir rund um die Uhr öffentlichen Nahverkehr anbieten können." Da könne noch kein anderer Landkreis rund um München mithalten. Die Erfolgsgeschichte des MVV-Ruf-Taxis, das im April 2015 das Anruf-Sammel-Taxi (AST) abgelöst hatte, ist offenbar kaum aufzuhalten. Der Sonntag ist der stärkste Tag", bestätigt Seifert. "Ab acht Uhr morgens geht es durchgehend richtig los." Spitzenreiter bei den Fahrgastzahlen ist der Sektor Puchheim - Gröbenzell - Olching. In Olching lassen sich auch die Beschäftigten von Amazon vom S-Bahnhof per Ruf-Taxi zu Früh- und Nachtschichten ins Gewerbegebiet fahren.

Überall kann jeder Fahrgast von jeder Bushaltestelle zu jeder Bushaltestelle in den busfreien Zeiten im Landkreis gefahren werden. Es gilt für alle Taxifahrten der MVV-Tarif, allerdings ohne den Kurzstreckentarif. Also müssen bei einer Taxifahrt mindestens zwei Streifen entwertet werden. Fahrgästen mit einer gültigen MVV-Tages-, Monats- oder Jahreskarte entstehen für die Nutzung keine zusätzlichen Kosten. "Alle Arten von MVV-Fahrkarten werden von den Taxifahrern auch verkauft", unterstreicht Thomas Zeiler, der 25 Fahrzeuge aus seinem Fuhrpark, darunter auch viele Kleinbusse, für reserviert hat.

Bedingung für die Benutzung des Taxis ist eine Bestellung unter der Nummer 089/840 05 07. Die muss spätestens 45 Minuten vor der gewünschten Abfahrtszeit erfolgen. Die Taxi-Zentrale ist von Montag bis Freitag ab 17.30 Uhr und an Wochenenden ganztags besetzt. Es ist bei einer Bestellung nötig, seinen Namen zu sagen und von wo nach wo die Fahrt gehen soll. Das Taxi fährt nicht vor die Haustür, aber zur nächstgelegenen Bushaltestelle. Den Namen des Fahrgastes bekommt der Fahrer mitgeteilt und nimmt ihn in eine Liste auf. Per Unterschrift im Taxi bestätigt der Fahrgast dann, dass er mitgefahren ist. Auch eine Online-Bestellung über www.mvv-muenchen.de oder per E-Mail und über die Smartphone-App des MVV ist möglich.

Junge Menschen haben mit der Bestellfrist von 45 Minuten keine Probleme. "Sind sie in einer Gruppe nachts unterwegs, bestellt jeder in der Gruppe manchmal für jede halbe Stunde eines", sagt Zeiler, der mit kurzfristigen Absagen umzugehen weiß. Für ältere Menschen sind diese 45 Minuten offenbar ein Bestellhindernis, obwohl doch die meisten wissen, wann sie nach einem Opernbesuch zum Beispiel an einer der beiden Germeringer S-Bahnstationen wieder eintreffen werden. "Kommt das Taxi wirklich?", ist die Frage, die ältere Menschen häufig bewegt. Besonders Frauen fühlen sich nachts mit dieser angeblichen Ungewissheit unwohl. Sind sie dann einmal mitgefahren, möchten sie diese bequeme Heimfahrt zu später Stunde nicht mehr missen.

Der Landkreis lässt sich das Ruf-Taxi einiges kosten. 1,1 Millionen Euro gibt er jährlich laut Seifert dafür aus. Er verspricht sich aber auch höhere Einnahmen bei den Linienbussen: "Wer abends mit dem Ruf-Taxi vom Bahnhof nach Hause kommt, wird tagsüber eher mit dem Regionalbus zum Bahnhof fahren."

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