Veranstaltungen:Perchten und Paradeiserl

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Es muss nicht immer der Christkindlmarkt sein: Wer den Besuch am Glühweinstand noch aufschieben oder gar vermeiden will, der findet am ersten Adventswochenende auch einige stimmungsvolle Alternativen im Landkreis

Am ersten Adventswochenende nehmen sich viele Landkreisbewohner vor, einen Christkindlmarkt zu besuchen. Klar, denn der letzte Besuch liegt etwa ein Jahr zurück. Doch es gibt Alternativen, und auch die geleiten die Besucher stimmungsvoll in die Vorweihnachtszeit.

Literatur aus Böhmen

Ihre Liebe zu Böhmen haben Annemarie und Alfons Strähhuber schon vor Jahrzehnten entdeckt. Nun wollen sie in der sechsten Saison des Literaturcafés in Gernlinden diese Liebe wieder aufleben lassen. Texte von tschechischen, österreichischen und deutschen Autoren des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts, im damaligen Böhmen ansässig, zeugten von einer reichen Literaturlandschaft, die es in dort einmal gab, sagt Alfons Strähhuber. Der Zweite Weltkrieg habe diese Kultur verdrängt, das Wissen darum verblassen lassen. In kleinen Auszügen wollen Strähhuber und seine Frau den Zuhörern wieder Einblicke in diese schriftstellerische Tradition geben. Am kommenden Sonntag liest Annemarie Strähhuber im Pfarrzentrum Bruder Konrad von 16.30 Uhr an kleine Auszüge aus Geschichten von Franz Kafka, Adalbert Stifter, Jan Neruda oder Leo Perutz. Ausschnitte aus Jaroslav Hašeks "Der brave Soldat Schwejk" dürften bei so einem Abend ebenfalls nicht fehlen, kündigt Strähhuber an, der den Abend moderiert.

Annemarie Strähhuber liest aus Geschichten von Franz Kafka, Adalbert Stifter, Jan Neruda oder Leo Perutz.. (Foto: Günther Reger)

Zwischen den einzelnen Geschichten wird das Holzbläserquartett Pfaffenzeller aus Schöngeising böhmisch-oberdeutsche Tänze und Aufzüge spielen. Mitglieder des Kirchenchores Gernlinden bieten um 15 Uhr Kuchen und Kaffee an. Der Eintritt ist frei. Erlöse aus Spenden für das Literaturcafé gehen laut Strähhuber an einen Verein zur Hilfe für Aleppo in Syrien.

Geschichtenerzähler

Schon mal eine Geschichte in Friaulisch gehört? Das ist ein italienischer Dialekt, den nur etwa 600 000 Menschen sprechen. Eine davon, die Italienerin Elena Barbiani, erzählt an diesem Freitagnachmittag in der Stadtbibliothek in der Aumühle eine Geschichte in ihrer Muttersprache. Dass die Zuhörer nichts verstehen, mache überhaupt nichts, sagt die Veranstalterin Christine Dietzinger. Unabhängig von ihrer Bedeutung könne eine Sprache die Lust am reinen Klang bei den Zuhörern auslösen. Und wenn es dann noch eine spannende Geschichte ist, entstehe sowieso eine Art Dialog zwischen Erzähler und Zuhörer. Dietzinger möchte bei ihrer Veranstaltung das Geschichtenerzählen wieder mehr ins Zentrum rücken. "Man nimmt sich heute so wenig Zeit, einfach mal zuzuhören", sagt sie. Märchenerzählerin Margit Leukhart wird ein Märchen auf Bayerisch erzählen. Geschichten auf Spanisch, Somali und Deutsch sind ebenfalls zu hören. Die Veranstaltung für Kinder und Erwachsene findet von 15 bis 17 Uhr in der Kinderbuchabteilung der Stadtbibliothek statt.

Modelleisenbahnen

Am Sonntag ist ganz offiziell der Tag der Modelleisenbahn. Das nimmt das Feldbahnmuseum am Brucker S-Bahnhof zum Anlass für eine Ausstellung, die über den 3. Dezember hinaus auch an den beiden darauf folgenden Sonntagen gezeigt wird - jeweils von 10 bis 12 in den Normalspurwagen eins und zwei. Im Wagen drei veranstaltet der Verein zudem einen Modelleisenbahn- und Eisenbahn-Flohmarkt. Der Modelleisenbahn-Klub verfügt über eine 40 Quadratmeter große Anlage mit Zügen aus den Fünfziger- bis Siebzigerjahren. Zu sehen sein wird auch eine Stadtansicht um 1900 sowie Teile einer mittelalterlichen Stadt.

Auf der großen Modelleisenbahnanlage sind gleichzeitig 28 Züge unterwegs. Besucher können per Knopfdruck eine Sprengung im Steinbruch auslösen, die Musikkapelle spielen lassen oder den Förderkorb eines unterirdischen Bergwerks in Betrieb setzen. Die normalspurigen Modelleisenbahnen werden von den Feld- und Schmalspurbahnen flankiert - Ziegelwerksfeldbahn, Torfbahn, Bergwerksbahn und Waldbahn. Etwas ganz Besonderes ist das Dreischienengleis mit der Schmalspur-Normalbahn in der Spurweite H0e/H0. Im Wagen zwei zeigt die Nachwuchsgruppe des Vereins Ihre Anlage. Dort findet sich auch die Bahnpostabteilung. Heinz Dietmar Ebert zufolge freut sich der Verein über Sachspenden für den Flohmarkt ebenso wie über neue Mitglieder.

Der Modelleisenbahn-Klub verfügt über eine 40 Quadratmeter große Anlage mit Zügen aus den Fünfziger- bis Siebzigerjahren. (Foto: Heinz Dietmar Ebert/oh)

Rohe Gesellen

Mit Fackeln und in Nebel getaucht werden sie mit ihren schaurigen Holzmasken einmarschieren. Was auf den ersten Blick nicht in das romantische Flair des Puchheimer Sternderlmarkts am ersten Adventswochenende passt, soll nur Gutes bringen. Am Samstag, 2. Dezember, gegen 17 Uhr, haben die Amper Perchten ihren Besuch angekündigt. Traditionell bringen sie in der dunklen Jahreszeit das Licht und vertreiben die Geister. Ihre Kuhglocken und Schellen, die sie am dicken Ledergürtel um die Hüften hängen haben, unterstützen die Austreibung. Der nachfolgende Springtanz soll die Fruchtbarkeit anregen und für eine ergiebige Ernte im nächsten Jahr bürgen. Hier gilt das Sprichwort: "Je höher der Percht springt, desto höher wächst das Gras im nächsten Jahr", erzählt Johannes Trnka, 36 Jahre, Vorsitzender der Amper Perchten. Als nächstes gehen sie auf die Wilde Jagd und mischen sich unters Volk. Dabei gingen sie generell vorsichtig und sensibel vor, um auch kleine Besucher nicht zu verschrecken, verspricht Trnka. Der Sternderlmarkt lockt ansonsten mit Kunsthandwerk, Getränken und Speisen wie den hausgemachten Weihnachtsleckereien, Musik, Comedy und dem Besuch des Nikolaus am Samstag.

Am Jexhof werden am kommenden Wochenende auch keine Perchten tanzen wie sonst auf dem Christkindlmarkt. (Foto: Robert Hoiss)

Hobbykünstler

Er ist so etwas wie ein Klassiker für Menschen, die ein besonderes Weihnachtsgeschenk finden wollen. Für jene, die eine "individuelle Sache" suchen, verspricht Mitorganisatorin Astrid Draeger, am Wochenende im Gröbenzeller Freizeitheim fündig zu werden. Das Spektrum der Möglichkeiten beschreibt sie "vom kunsthandwerklichen Gegenstand über hochwertige Drechselarbeiten bis hin zum künstlerisch wertvollen Bild". Dieses Angebot erwartet die Besucher des Hobbykünstler-Marktes, der nach einem Jahr Pause wieder stattfindet und damit eine jahrzehntelange Tradition fortsetzt. Nachdem sich das Forum Gröbenzell aufgelöst hatte, fiel die beliebte Veranstaltung im vergangenen Jahr aus. Draeger und vier Mitstreiterinnen beleben den Markt nun neu unter dem Dach des Interessenvereins Gröbenzell. Rund 40 kunsthandwerklich und künstlerisch talentierte Menschen werden ausstellen und täglich von 10 bis 17 Uhr Kreationen anbieten, die unterschiedliche Geschmäcker treffen. Die Besucher werden erfahren, dass man aus Kaffeekapseln Schmuck entwerfen kann, dass es Treibholz-Mobile und Laternen-Krippen gibt sowie "gewaltfreie Trophäen", wie Draeger ihre Tierköpfe aus Filz charakterisiert.

Ulrike Schrammeck, Astrid Draeger, Angelika Kumpfe und Monika Haid (v. l.) beleben den Hobbykünstlermarkt. (Foto: Günther Reger)

Einstimmung

Mit besinnlichen Weihnachtsliedern und -geschichten will sich die Sängerrunde Hattenhofen gemeinsam mit ihren Besuchern auf die Weihnachtszeit einstimmen. Mitsingen kann jeder Besucher", erklärt Elisabeth Lang, die Frau des Vorsitzenden Helmut Lang. Zwölf Klassiker von "Oh Tannenbaum" über "Es wird scho glei dumpa" bis "Süßer die Glocken nie klingen" haben die Sänger gemeinsam mit dem Kinderchor "Die Zeiserl" dafür vorbereitet. Zwischendurch wird immer wieder ein Chormitglied klassische Weihnachtsgeschichten vorlesen. Außerdem gibt es bei der Weihnachtsfeier im Freien Glühwein und Bratwürste. Bisher seien zu der Feier, die jährlich stattfindet, immer 100 bis 150 Menschen zusammengekommen. Die Sängerrunde hofft auch heuer auf ein gemütliches Beisammensein in großer Runde am Sonntag, 3. Dezember, von 17 Uhr an auf dem Hof des Anwesens Hillmayr bei der Kirche.

Gesungen wird auch beim Adventshoagart mit Wanderung, der vom Bauernhofmuseum Jexhof veranstaltet wird. Die Tour beginnt an der Schöngeisinger Kirche, von dort geht es zu Fuß zum Zellhof. Im Zellhof-Kircherl gibt es eine Adventsandacht mit Musik und gemeinsam gesungenen Liedern. Anschließend servieren die Wirtsleute im Jexhof-Stüberl ein Drei-Gänge-Überraschungsmenü. Nach dem Essen soll der Abend wieder mit Gesang ausklingen. Treffpunkt ist am Samstag, 2. Dezember, um 15.30 Uhr an der Schöngeisinger Kirche. Eine Anmeldung unter renatesirtl@gmx.de ist erforderlich.

Krippen im Schaufenster

Bereits zum sechsten Mal stellen Olchinger Geschäftsleute während der Adventszeit Krippen in ihren Schaufenstern aus. Organisiert wird der "Olchinger Krippenweg", der entlang der Feurs- und Hauptstraße verläuft vom Gewerbeverband. "Die Krippen, die teilweise in mühevoller Handarbeit selbst gebaut wurden, sollen Besucher auch in den frühen Abendstunden zu einem Schaufensterbummel einladen", sagt Mitglied Anna Merz. So könne der ein oder andere Passant vielleicht einen Laden in der Innenstadt wieder neu entdecken. Außerdem sollen die festlich dekorierten Schaufenster einen Ruhepol in der stillen Zeit darstellen, die, wie Merz meint, doch oftmals sehr hektisch werden könne. Insgesamt haben 23 Geschäfte von 1. bis 23. Dezember ihre Fenster dekoriert. Einen Lageplan gibt es auf der Homepage des Gewerbeverbands unter www.olchingplus.de

Bescheidenes Gesteck

Weihnachten ist heute das Fest der Liebe und des Einzelhandels. Weihnachtsmann und Christkind haben längst verdrängt, dass der 24. Dezember in unserer Gegend einst als Namenstag von Adam und Eva begangen wurde. Darauf verwies früher das "Paradeiserl", ein bescheidenes Gesteck aus Zweigen und Äpfeln, das neben dem Weihnachtsbaum oder der Krippe seinen Standort hatte und längst durch den Adventskranz ersetzt wurde. Wie man solche Paradeiserl fabriziert, zeigt Simone Schwägerl am Samstag, 2. Dezember, um 11 Uhr Besuchern des Bauernhausmuseums Jexhof. Weihnachten als Christi Geburt wurde Anno dazumal erst am 25. Dezember gefeiert.

Vielleicht entschleunigt ja wenigstens das Paradeiserlbasteln. (Foto: Carmen Voxbrunner)
© SZ vom 01.12.2017 / kel, slg, prka, ch, berj, bip - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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