Verärgert über Seehofer:Nicht mehr seine Partei

Der Eichenauer Claus Guttenthaler hat wegen der Asylpolitik die CSU verlassen. Er war seit 17 Jahren Mitglied, seit 14 Jahren Gemeinderat. Die CSU-Politik hält er inzwischen für völlig verfehlt

Von Erich C. Setzwein, Eichenau

Verärgert über Seehofer: Claus Guttenthaler hat wegen Seehofers Asylpolitik die CSU verlassen.

Claus Guttenthaler hat wegen Seehofers Asylpolitik die CSU verlassen.

(Foto: Barbara Neider/Gemeinde Eichenau)

Die "völlig verfehlte Politik" der CSU möchte der Eichenauer Kommunalpolitiker Claus Guttenthaler nicht weiter vertreten müssen. Deshalb ist er nach 17 Jahren Zugehörigkeit aus der CSU ausgetreten. Guttenthaler scheint nicht der einzige zu sein und dürfte nicht der letzte sein, den die bayerische Regierungspartei wegen ihrer Asylpolitik und ihres Verhaltens in der großen Koalition verliert.

"Die Partei steht nicht mehr für die Werte, wegen der wir eingetreten sind. Vor allem die Flüchtlings- und Asylpolitik der Partei ist mit unserem Gewissen nicht mehr zu vereinbaren." Mit diesen Worten begründete der 46 Jahre alte Guttenthaler seinen Austritt und den seiner Frau Nicola. Guttenthaler, der 14 Jahre für die CSU im Gemeinderat saß und nun als partei- und fraktionsloses Mitglied den vierjährigen Rest seines Mandats ausübt, störte so ziemlich alles, was Parteichef Horst Seehofer, der CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer und zuletzt auch auf lokaler Ebene CSU-Landtagsfraktionschef Thomas Kreuzer propagieren. Mit seiner Ansicht von Asylpolitik stimme die von der CSU geforderte Obergrenze von 200 000 oder 300 000 Asylbewerbern und Flüchtlingen nicht überein, ebenso sträubt sich Guttenthaler gegen die von der CSU verlangten schriftlichen "individuellen Integrationsvereinbarung".

Für den konservativen Kommunalpolitiker, der mit der Eichenauer CSU seiner Meinung nach "jahrelang eine gute Politik am Ort gemacht" habe und dabei erlebt hat, wie man gut mit den anderen Parteien auskommen kann, ist es "am schlimmsten", wie sich die CSU als an der Bundesregierung beteiligter Koalitionspartner "laufend damit zu profilieren versucht, rechtsextremen und rechtsradikalen Forderungen nach dem Mund zu reden". Die CSU komme nicht ihrer Verantwortung nach, die Situation der Flüchtlinge und Asylbewerber aktiv zu verbessern. Auf kommunaler Ebene werde "fast ausschließlich auf das Engagement ehrenamtlicher Helfer gesetzt", anstatt ausreichend Geld und Personal zur Verfügung zu stellen.

Claus Guttenthaler weiß dabei genau, von was er spricht, ist doch seine Frau in der Eichenauer Asylhilfe tätig. Sie kümmert sich dort um die Verteilung der Sachspenden. Dass gerade auf Gemeindeebene die Emotionen wegen der Flüchtlinge hochschlagen, dass es anscheinend immer mehr Menschen gibt, denen es zwar an sich gut geht, die aber aus welchen Gründen auch immer diffuse Vorstellungen und Ängste haben und sich deshalb von der etablierten Politik abwenden, das fast Guttenthaler so zusammen: "Der drohende Akzeptanzverlust in der Bevölkerung und eine absehbare Überforderung der Ehrenamtlichen ist keine Folge der zu großen Zahl von Flüchtlingen und Asylbewerbern, sondern der Untätigkeit und des Versagens der Regierungsbeteiligten, zu denen sich auch die CSU zählt."

Der Schritt Guttenthalers, der im Eichenauer Ortsverband ohne Kommentar zur Kenntnis genommen wurde, war offenbar nicht überstürzt. Die Entscheidung habe auch nichts damit zu tun, dass er interner Gegenkandidat des mittlerweile als Bürgermeisterkandidaten nominierte Dirk Flechsig war. Der 46 Jahre alte Kaufmann bestätigt, dass es seit September ein Ablösungsprozess gewesen sei. Es sei einiges eskaliert in dieser Zeit. Doch die nach den Vorfällen von Köln sogleich geforderten schärferen Gesetze und der Ruf der CSU nach sofortiger Abschiebung straffällig gewordener Asylbewerber und Flüchtlinge ohne Gerichtsverfahren, waren für das Empfinden Guttenthalers dann doch zu viel. Seine Frau und er halten solche Forderungen "für einen gefährlichen Angriff auf unseren Rechtsstaat".

Sein Amt als Gemeinderat will Guttenthaler weiter ausüben, auch bleibt er mit Billigung des Gemeinderates Referent für Städtepartnerschaften.

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