Die Landkreis-SPD trauert um ihre Ehrenvorsitzende Uta Titze-Stecher. Die ehemalige Abgeordnete gehörte von 1990 bis 2002 dem Bundestag an und ist am vergangenen Montag im Alter von 81 Jahren nach längerer schwerer Krankheit in einer Einrichtung für Betreutes Wohnen in Germering gestorben. Ihre große Zeit hatte die Sozialdemokratin in den Neunzigerjahren. Damals gelang es einer angeblich chancenlosen Riege von fünf SPD-Frauen - unter ihnen Rosemarie Grützner als Landrätin und Eva-Maria Schumacher als Bürgermeisterin in Fürstenfeldbruck sowie zwei Landtagsabgeordnete - zur Überraschung vieler, politische Schlüsselpositionen im Landkreis zu besetzen.
Zum Ärger der bis dahin dominierenden Männer brachten die Sozialdemokratinnen selbstbewusst in einem konservativen, zur weiblichen roten Hochburg mutierten Landkreis frischen Wind in die Politik. Uta Titze-Stecher zeichnete ein eigenes Politikverständnis aus. Sie war resolut, geradeheraus und prinzipientreu, liebte das offene Wort und hasste Heuchelei. Das galt auch für interne Auseinandersetzungen mit Führungskräften ihrer Partei. Nach zwölf Jahren Parlamentsarbeit im Haushaltsausschuss des Bundestags, der für sie der Königsausschuss war, weil hier selbst Minister antreten und um Geld betteln mussten, hatte sie genug von der Suche nach Kompromissen mit den "Schwarzen" von CDU und CSU. Sie zog es vor loszulassen, den Ruhestand zu genießen, Versäumtes nachzuholen, sich um ihren Mann, den pensionierten Stabsoffizier Peter Stecher, die Familie und ihren Freundeskreis zu kümmern.
Das Interesse an Politik vermittelte ihr ihre Mutter. Eine Kriegswitwe, die als Schwangere mit Tochter Uta an der Hand und einer weiteren Tochter im Kinderwagen vor der heranrückenden Sowjetarmee aus dem heutigen Polen floh. Die spätere Abgeordnete wuchs bei einer alleinerziehenden berufstätigen Mutter auf, die eine Bibliothek leitete und jedem ihrer drei Kinder ein Studium ermöglichte. Von ihrer Mutter übernahm Titze-Stecher das Rebellische, wie sie einmal bekannte. Diese vermittelte der späteren Parlamentarierin aber auch das Interesse an Politik, sie nahm sie mit zu Kundgebungen mit Adenauer und Brandt.
Als Titze-Stecher 1996 in den Landkreis nach Eichenau zog, hatte sie ihre Sturm- und Drangzeit als kämpferische Jungsozialistin im Landkreis Dachau längst hinter sich gelassen. Ihr Haus, in dem sie mit ihrem 1979 bei einem Unfall gestorbenen ersten Mann in Karlsfeld lebte, galt jahrelang als Hauptquartier der widerspenstigen linken, innerparteilichen Opposition, die die SPD im damaligen Unterbezirk mit den Landkreisen Fürstenfeldbruck, Dachau und Landsberg aufmischte. Die ehemalige Sonderschullehrerin kam bei den Wählerinnen und Wählern an, weil sie es verstand, ihre rebellische Grundhaltung mit einer gewinnenden, den Menschen zugewandten, verständnisvollen Art zu verbinden.
Neben sozialdemokratischen Werten lagen ihr die Aufarbeitung der NS-Vergangenheit und der Aufbau der KZ-Gedenkstätte in Dachau am Herzen. Dieses Engagement begründete sie damit, Zeit ihres Lebens gegen Rechtsextremismus gewesen zu sein. Hier kannte sie keine Toleranz.