Süddeutsche Zeitung

Urteil:Greenpeace darf "Gen-Milch" sagen - auch in Freising

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Sieg für Greenpeace: Das Bundesverfassungsgericht erlaubt die Bezeichnung "Gen-Milch". Molkereien im Landkreis fürchten nun Umsatzeinbußen.

Peter Becker

Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat entschieden: Die Umweltorganisation Greenpeace darf Milch von Kühen, die gentechnisch verändertes Futter bekommen haben, als "Gen-Milch" bezeichnen. Der Begriff sei als Schlagwort zulässig, auch wenn die Milch selbst nicht gentechnisch verändert wurde, heißt es in dem Beschluss.

Das Gericht wies damit eine Verfassungsbeschwerde des Milchprodukte-Herstellers Theo Müller zurück. Zu dessen Unternehmen gehört auch die Molkerei Weihenstephan, vor deren Toren Greenpeace-Aktivisten mehrmals Protestaktionen gestartet hatten.

Der Schiedsspruch aus Karlsruhe löste unterschiedliche Reaktionen aus. Die Umweltorganisation wertet ihn als "großen Erfolg". Meinungsfreiheit und Transparenz blieben wichtiger als der Versuch von Molkereien, die Verwendung von Gen-Pflanzen zu verschleiern, heißt es in einer Stellungnahme.

Greenpeace wollte vergangenes Jahr Protestunterschriften von Verbrauchern überreichen, die sich gegen die Verfütterung von genmanipulierten Pflanzen an Kühe aussprachen. Die Weihenstephaner Firmenleitung verweigerte die Annahme, deshalb betonierten die Aktivisten einen überdimensionalen Briefkasten mitsamt den Briefen vor der Zentrale in den Boden ein.

Alexander Truhlar, Leiter der Unternehmenskommunikation der Unternehmensgruppe Theo Müller, verweist auf die Verbraucherinformation, nach der sich die Firma höchsten Qualitätsansprüchen verpflichte. "Wir haben die Entscheidung gestern mit Bedauern zur Kenntnis genommen. Diese entspricht nach wie vor nicht unserer Rechtsauffassung", kommentiert er das Urteil.

"Ich hätte nicht gedacht", dass ein Gericht so entscheidet", sagt Georg Steinberger, Vorsitzender der Milchvermarktung Freising. "Greenpeace reitet ja nur auf Müller-Milch herum." Er fürchtet Einbußen für die Milchbauern, falls sich das Urteil auf das Verbraucherverhalten niederschlägt und der Absatz bei Weihenstephan zurückgeht. "Den letzten beißen die Hunde", fürchtet Steinberger und verweist darauf, dass es schwierig sei, an genfreies Soja zu kommen, weil 95 Prozent des Welthandels aus genmanipulierten Pflanzen stammten.

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Quelle:
SZ vom 24.09.2010
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