Maisach:Im Krisenmodus

Maisach: Beim Neujahrsempfang des CSU-Ortsverbands Maisach spricht Ursula Münch, die Direktorin der Akademie für politische Bildung Tutzing.

Beim Neujahrsempfang des CSU-Ortsverbands Maisach spricht Ursula Münch, die Direktorin der Akademie für politische Bildung Tutzing.

(Foto: Leonhard Simon)

Politikprofessorin Ursula Münch spricht beim Neujahrsempfang der CSU Maisach über Ursachen und Folgen der aktuellen Lage in Deutschland und Europa.

Von Erich C. Setzwein, Maisach

Was soll man noch glauben können, sind die Nachrichten wahr oder falsch, kann man den Mitteilungen in den sozialen Medien trauen? Fragen wie diese treiben viele Menschen um, die sich politisch interessieren, die versuchen, sich in den Medien zurechtzufinden. Doch Antworten zu finden, ist schwer geworden, weil den traditionellen Medien weniger Vertrauen entgegengebracht wird und in den sozialen Medien jeder so gut wie alles sagen kann. Da war es für die Gäste des Maisacher CSU-Neujahrsempfangs im gut besetzten Bürgerzentrum von Gernlinden wie eine Wohltat, dass sie in einer verstörenden Zeitenwende ein paar Handreichungen für den Umgang mit den vielfältigen Krisen, aber auch für den Umgang mit der Demokratie bekamen.

Ursula Münch, Direktorin der Akademie für politische Bildung in Tutzing am Starnberger See und Professorin für Politikwissenschaft an der Universität der Bundeswehr in Neubiberg bei München, war von Maisachs CSU-Ortsvorsitzender Silvia Heitmeir gebeten worden, "Gedanken zum neuen Jahr" zu formulieren. Und sie schaffte es mühelos, mit ihrem kurzweiligen und leicht verständlichen Vortrag die Gäste des Empfangs für weitere politische Diskussionen zu begeistern.

Der CSU-Neujahrsempfang im Bürgerzentrum ist in der Gemeinde ein gesellschaftliches Ereignis, zu dem natürlich CSU-Mitglieder zusammenkommen, zu dem aber auch viele Angehörige anderer in Maisach vertretenen Parteien, Gruppierungen und Vereine eingeladen sind. Es wird politisch diskutiert und privat gescherzt, insgesamt ein herzlicher Austausch, den die Gäste sehr schätzen. "Eine Wohltat", wie Bürgermeister Hans Seidl (CSU) in seinem Grußwort bekannte, "nach der langen Zeit der Isolation." Doch auch wenn die Corona-Krise fast überwunden sei, bleibe das Wort Krise weiterhin präsent. Nur das "Vor-Wort" ändere sich, so Seidl. Ursula Münch griff Seidls Einschätzung auf und bestätigte den Eindruck von den Krisen, die sich ablösen oder aufeinander aufbauen.

Münch wies auf die Folgen der Krisen für die Stabilität der Demokratie hin, die durch den russischen Überfall auf die Ukraine ausgelöst wurden. Die Energiekrise geht demnach nicht auf den Krieg allein zurück. Die Ursprünge lägen in dem Bemühen nach Ende des Kalten Krieges vor gut 30 Jahren, sich wirtschaftlich eng aneinanderzubinden. So seien zum einen gegenseitige Abhängigkeiten geschaffen, zum anderen auch Mittel für die Verteidigung eingespart worden. Das russische Gas sei "eine Brücke der Verständigung mit Russland" gewesen, doch Wladimir Putin, den Münch als "Hochrisikopolitiker" bezeichnete, habe diese Brücke wie auch die Friedensordnung in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg zerstört. "Dieser Rückschritt löst große Besorgnis aus", sagte Münch.

Die Politikwissenschaftlerin sieht Deutschland "in der Pflicht und in der Lage", die Krisen mit der freiheitlichen Demokratie zu bewältigen. Die Bürgerinnen und Bürger müssten ihre eigenen Kompetenzen entwickeln, ihre politische Urteilskraft stärken, ebenso wie die Parteien und Verbände versuchen müssten, "stärker an ihrer Attraktivität zu arbeiten". Viele Menschen sähen im Staat den Dienstleister, doch die Politik dürfe den Bürgern nicht alles abnehmen. Münch meinte, es erfordere Zivilcourage, damit die schweigende Mehrheit eine extremistische Minderheit in ihre Schranken weise.

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