Nach der Hagelwalze:"Die Nacht hängt mir noch in den Knochen"

Das Unwetter am Montagabend hat der Germeringer Feuerwehr mehr Einsätze beschert, als sie sonst in etlichen Monaten hat. Sprecher Christian Haugg zieht eine Bilanz der vergangenen Tage

Interview von Andreas Ostermeier, Germering

Wie viele Feuerwehrleute im Landkreis und darüber hinaus hat Christian Haugg zwei arbeitsreiche Tage hinter sich. Bedingt durch den Hagelschlag, der vor allem Fenster und Dachziegel zerschlug, reihte sich Einsatz an Einsatz. Insgesamt musste die Feuerwehr Germering häufiger ausrücken, als sonst in etlichen Monaten. Am Mittwoch zog Haugg, Sprecher der Germeringer Retter, Bilanz des Pfingstunwetters.

SZ: Konnten Sie heute ausschlafen?

Christian Haugg: In der Nacht auf Dienstag hatte ich etwa eineinhalb Stunden Schlaf. Ich bin erst gegen 4.30 Uhr ins Bett gekommen. Heute bin ich noch nicht perfekt ausgeschlafen, die letzte Nacht hängt mir noch in den Knochen.

Die Feuerwehrleute waren ständig auf den Beinen. Wie viele Einsätze hatten Sie denn?

Von Montagabend um 17.40 Uhr bis Dienstagmorgen um 5.30 Uhr hatten wir 121 Einsätze. Am Dienstag sind nochmals 74 dazugekommen. Die Feuerwehr Unterpfaffenhofen hatte sturmbedingt an beiden Tagen 104 Einsätze. Damit Sie einen Eindruck von der Menge der Einsätze bekommen: Zusammen sind die beiden Feuerwehren am Montag und Dienstag so viele Einsätze gefahren, wie wir, also die Feuerwehr Germering, im gesamten Jahr 2018.

Nach der Hagelwalze: Großflächige Abdeckung: Feuerwehrleute arbeiten am Nässeschutz für ein Haus.

Großflächige Abdeckung: Feuerwehrleute arbeiten am Nässeschutz für ein Haus.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Was waren die häufigsten Schäden?

Fast ausschließlich kaputte Dachfenster und Dachziegel. Daneben hatten wir zwei umgestürzte Bäume und eine vollgelaufene Garage. Am Dienstag sind wir noch zu einem vermeintlichen Brand gefahren. Der gemeldete Dachstuhlbrand war aber nur der Rauch, den die Kühlflüssigkeit machte, die aus einer kaputten Solaranlage zur Herstellung von Warmwasser austrat. Ärgerlich war der zweite Brandeinsatz. In der Tiefgarage der City-Galerie wurde mutwillig Spiritus unter einem Rauchmelder in Brand gesetzt.

Konnte die Germeringer Feuerwehr die Einsätze allein bewältigen?

Nein, wir wurden durch zahlreiche weitere Kräfte unterstützt. Bis aus Unterhaching kamen die Feuerwehren, die uns geholfen haben. Das war schon wegen der vielen Drehleitern nötig, die wir gebraucht haben. Eine so große Anzahl gibt es im ganzen Landkreis nicht. Allein an der Kirchenschule waren zeitweilig drei Leitern im Einsatz, damit die Schäden am Dach abgedeckt werden konnten.

Christian Haugg

Christian Haugg ist bei der Feuerwehr Germering zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit. Der Oberlöschmeister ist seit 1991 aktiver Feuerwehrmann. Der Hagel hat auch sein Auto nicht verschont.

(Foto: Feuerwehr Germering)

Sie sind seit 1991 bei der Feuerwehr. Können Sie sich an ein solches Hagelunwetter erinnern?

Nein. So nicht. Ich kann mich an 1984 erinnern. Da war ich noch ein Bub. Ich weiß noch, wie die Autos ausgeschaut haben. Jetzt habe ich am eigenen Wagen einen Hagelschaden. Auch die Autos von Kameraden haben Schäden am Dach, den Scheiben oder den Spiegeln. Teilweise entstanden die Schäden, als sie zum Feuerwehrhaus fuhren.

Auch das Feuerwehrhaus hat durch den Hagel Schaden genommen. Konnten Sie schon mit der Reparatur beginnen?

Am schlimmsten ist, dass Wasser ins Löschmeisterbüro eingedrungen ist. Das Büro stand unter Wasser, auch aus dem Computer ist Wasser rausgelaufen. Ursache dafür war ein Loch im Dach nahe am Kamin. Mit der Reparatur konnten wir wegen der Einsätze noch nicht beginnen.

Stimmt es, dass die Planen zum Abdecken ausgegangen sind?

Von den Planen sind noch ein paar da. Die können sich Bürger gerne abholen, wenn die Planen, die sie selbst angebracht haben, nicht mehr halten. Ausgegangen sind die Notdächer. Das sind verstärkte große Gewebefolien, die gegen Regen schützen. Von denen haben wir etwa 20 bis 25 Stück gebraucht. Da innerhalb kürzester Zeit die Vorräte aufgebraucht waren, erhielten wir weitere Notdächer aus den angrenzenden Landkreisen und vom Technischen Hilfswerk (THW).

Bekommen Sie noch Hilfeanrufe wegen des Unwetters?

Am Mittwoch waren es noch mehrere Anrufe, aus denen sich 17 Einsätze ergeben haben.

Helfen Sie all den Anrufern?

Wir versuchen die Anrufer in Richtung Fachfirmen zu vermitteln. Eine unmittelbare Gefahr besteht nicht mehr, und damit muss die Feuerwehr auch nicht mehr ausrücken. Akute Probleme aber versuchen wir zu beheben. Das ist eine Einzelfallentscheidung. Zwei Tage nach dem Unwetter sollten sich die Leute jedoch besser an Handwerker wenden.

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