Ungewöhnliches Schlusswort:Landrat verteidigt Kanzlerin

NJE CSU Puchheim

SED, Grüne, CDU, nun nahe der AfD: Eine schillernde Gastrednerin haben sich Ramona Fruhner-Weiß (von rechts) und Markus Hammer von der Puchheimer CSU mit Vera Lengsfeld eingeladen. Zu den Zuhörern beim Neujahrsempfang gehören auch Katrin Staffler, Rainer Zöller und Thomas Hofschuster.

(Foto: Günther Reger)

Karmasin will Kritik von Gastrednerin Vera Lengsfeld beim Empfang der CSU Puchheim nicht unwidersprochen lassen

Von Karl-Wilhelm Götte, Puchheim

Zum Schluss des Puchheimer CSU-Neujahrsempfang stand Landrat Thomas Karmasin spontan am Rednerpult. "Ich habe kein Schlusswort vorbereitet", sagte er, "aber es drängt mich zu einem Schlusswort". Der CSU-Kreisvorsitzende, der als Ehrengast ins Puc gekommen war, reagierte auf die Neujahrsansprache von Vera Lengsfeld. "Ich teile Ihre Positionen in weiten Teilen nicht", hob Karmasin an. "Ich habe auch Merkel kritisiert, aber so zu tun, dass sie das Land in den Graben gewirtschaftet hat, wird ihrer Lebensleistung nicht gerecht", bekräftigte er und verteidigte die Bundeskanzlerin gegenüber den kritischen Aussagen, die Lengsfeld in ihrer 25-minütigen Neujahrsansprache auf Einladung der CSU Puchheim zuvor vorgetragen hatte. Lengsfeld warf Merkel "fatale Fehlentscheidungen" vor und attackierte verbal alle deutschen Bundestagsparteien samt der CSU. Nur die FDP und die AfD erwähnte sie nicht. Zudem beklagte Lengsfeld: "Rechts wird ausgegrenzt."

Lengsfeld erhielt für ihre Rede zum Thema "Haben wir noch Meinungsfreiheit?" von der großen Mehrheit der Neujahrgäste der Puchheimer CSU lang anhaltenden Applaus. Zwei junge Männer standen sogar auf und zollten ihr demonstrativ Beifall. Lengsfeld, 66, war zuvor vom Puchheimer CSU-Vorsitzenden Markus Hammer, als einstige DDR-Bürgerrechtlerin eingeführt worden. Sie stammt aus Sondershausen in Thüringen und studierte Geschichte und Philosophie in Leipzig. Sie trat 1975 in die SED ein, die sie 1983 ausschloss. Nach dem Untergang der DDR saß sie für die Grünen im Bundestag, ab 1996 für die Thüringer CDU. 2005 wurde sie von ihrem dortigen Wahlkreis nicht mehr nominiert. 2008 erhielt sie das Bundesverdienstkreuz. "Sie wird eine Rede halten, die sie nicht bei jeden Neujahrsempfang hören können", meinte Hammer noch, ehe er das Wort an Lengsfeld übergab.

Lengsfeld machte Bundeskanzlerin Merkel in der Folge ihrer Flüchtlingspolitik seit 2015 für die "tiefste Spaltung der deutschen Gesellschaft in deren Geschichte" verantwortlich. "In der Kanzlerschaft von Merkel wurden Recht und Gesetz missachtet", meinte sie auch in Anlehnung an Horst Seehofer, der bekanntlich von einer "Herrschaft des Unrechts" gesprochen hatte. Lengsfeld sicher: "Der Rechtsstaat steht nur noch auf dem Papier." Belege für ihr Thema der bedrohten Meinungsfreiheit im Lande konnte Lengsfeld nicht beisteuern. Dass der Leipziger Hauptbahnhof Silvester von der Bundespolizei prophylaktisch abgeriegelt worden war, genauso wie die 900 verhängten Platzverweise, wurde jedoch in der örtlichen Leipziger Volkszeitung Anfang Januar ausführlich behandelt. Die Rednerin bestand jedoch auf ihrer Meinung: "Das wurde nicht diskutiert."

Den Bürgermeister von Amberg kritisierte Lengsfeld, weil dieser die Schlägerattacken von Flüchtlingen auf Amberger Bürger im Dezember nicht als "Menschenjagd" verurteilt hatte. "Gutmenschen kennen keine abweichende Meinung", behauptete Lengsfeld. Genauso wie: "Die Grünen bestimmen im Land." Sie wären "die meisten Vielflieger und Profiteure der Energiewende". Lengsfeld überzeugt: "Windräder und Solaranlagen sind Gelddruckmaschinen für Besserverdienende." Der Dieselskandal sei von der Deutschen Umwelthilfe ausgelöst worden und ist eine "Arbeitsbeschaffungsmaßnahme" für den Verband. "Links-Grüne Ideen werden von der Union durchgesetzt", behauptete die Rednerin weiter. Direkt an die Adresse der CSU meinte sie: "Die Menschen haben kein Vertrauen in Politiker, die Ankündigungen machen und dann keine Taten folgen lassen." Gemeint war die von ihr behauptete "ungezügelte Masseneinwanderung von jungen Männern". Abschließend erwähnte Lengsfeld noch die Petition gegen den UN-Migrationspakt, die an diesem Dienstag im Bundestag in einer öffentlichen Anhörung behandelt wird.

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