Süddeutsche Zeitung

Umwelt:Schwung für die Energiewende

Der Landkreis hat sich vorgenommen, seine Klimabilanz zu verbessern. Er plant, alle seine Gebäude bis 2030 auf umweltfreundliche Heizungen umzustellen und die Dächer bis 2025 mit Photovoltaik zu versehen

Von Heike A. Batzer, Fürstenfeldbruck

Der Landkreis ist bemüht, seine Klimabilanz zu verbessern. So sollen Liegenschaften bis zum Jahr 2030 auf klimaneutrale Heizungsanlagen umgestellt und dort, wo es technisch möglich ist, in den nächsten fünf Jahren mit Photovoltaikanlagen (PV) ausgestattet werden. Auch zwei weitere Stellen im Klimaschutzmanagement sind genehmigt. "Wir müssen nach Corona jetzt wieder Schwung in die Energiewende reinbringen", forderte Freie-Wähler-Kreisrat Gottfried Obermair in der ersten Sitzung des Energieausschusses. Landrat Thomas Karmasin (CSU) gab jedoch den Mahner. Man müsse sich vielleicht schon bald die Frage stellen, "ob wir uns das wirklich leisten können". Er sehe den gesamten Kreishaushalt "mit großer Sorge". Man werde manches "wegen der dramatischen Krisenphase auf den Prüfstand stellen" müssen, kündigte er am Ende der Diskussion an.

Zunächst müssen technische und rechtliche Voraussetzungen geprüft und für die einzelnen, in Landkreisbesitz befindlichen Gebäude Konzepte entwickelt und in aktuelle Sanierungsmaßnahmen eingebunden werden. Erst dann kann es eine Kostenprognose und einen Grundsatzbeschluss über die Maßnahmen geben. Die Dächer der kreiseigenen Gebäude werden bereits auf Eignung für Photovoltaik untersucht. Einige Dächer verfügen schon über solche Anlagen, die entweder den Eigenstrombedarf decken oder Strom ins öffentliche Netz einspeisen. So gibt es Photovoltaik in Fürstenfeldbruck am Viscardi-Gymnasium und auf dem Turnhallendach am Schulzentrum, an den beiden Germeringer Gymnasien und der Realschule, an der Landwirtschaftsschule Puch, am Bauernhofmuseum Jexhof und der Freizeitanlage Mammendorf. Auf der neuen Berufsschule, auf dem Erweiterungsbau am Landratsamt, dem Neubau der Dreifachhalle an der Realschule Maisach und den beiden neu zu bauenden Turnhallen an Gymnasium und Realschule Puchheim sollen Photovoltaikanlagen 2021 in Betrieb gehen.

Manche Schulhausdächer sind indes nicht geeignet, weil die Dachstatik nicht ausreicht. "Viele Schulen stammen aus den Siebzigerjahren", erläuterte Axel Schuhn, Referatsleiter kreiseigener Hochbau, den Kreisräten. Eine statische Nachrüstung sei deshalb nicht rentabel. Auch CSU-Kreisrat Johann Wörle betonte, dass nur "wenn ein Dach neu und noch viele Jahre haltbar ist", es für eine PV-Anlage tauge. Christian Holdt (ÖDP) brachte den Vorschlag ein, dass manche Module "auch an Seitenwänden montiert" werden könnten. Dies könnte sich beispielsweise für die Nachrüstung jener Turnhallen eignen, die bereits saniert seien.

Ein weiterer Bereich, in dem sich viel Energie einsparen lässt, sind die Heizungen. Die kreiseigenen Gebäude werden mit unterschiedlichen Anlagen mit Wärme versorgt und zumeist mit fossilen Brennstoffen wie Öl und Gas gespeist. Sechs Einrichtungen sind an ein Fernwärmenetz angeschlossen, Gymnasium und Realschule in Puchheim werden gerade umgestellt. Das Schulzentrum in Fürstenfeldbruck und der Jexhof werden über eine regenerative Hackschnitzel- und Pellet-Heizung versorgt. Doch viele Bestandsheizungen sind alt, deshalb muss dort auch die gesamte technische Infrastruktur zur Wärmeversorgung miterneuert werden.

Eine Lösung, die allen Liegenschaften übergestülpt werden könnte, gibt es nicht. Und auch den technischen Fortschritt gelte es einzubeziehen, "der heute noch gar nicht in seiner vollen Dimension absehbar ist", schreibt die Kreisverwaltung in ihren Unterlagen zu den beiden Sitzungen von Energie- und Kreisausschuss, die unmittelbar hintereinander im großen Sitzungssaal im Landratsamt stattfanden.

Landrat Karmasin erinnerte an den Beschluss des vormaligen Kreistags, wonach künftig bei allen Entscheidungen die Auswirkungen auf das Klima zu berücksichtigen seien. Wie "außerordentlich schwierig" er dieses Vorhaben ansieht, versuchte er dann am Beispiel eines Radwegs zu verdeutlichen: Dieser führe zu Bodenversiegelung, auch die Asphaltproduktion müsse als energieintensiv berücksichtigt werden. Auf der anderen Seite stehe die Frage, wie viele Menschen diesen Radweg benutzen und vom Auto auf das Fahrrad umsteigen würden. Die Frage, ob sich der Radweg "irgendwann rentiert" oder ob seine Errichtung "klimaschädlich bleibt", sei schwierig zu quantifizieren, befand Karmasin.

Christina Claus (Grüne) gab sich optimistischer. Auch bei der Einführung des Bussystems hatte man zunächst Zweifel geäußert, dass keiner mitfahren würde, und nun habe sich das doch rentiert: "Wir müssen versuchen, es so ökologisch wie möglich zu machen." Holdt erinnerte daran, stets auch die verwendeten Materialien einer genaueren Prüfung zu unterziehen. Eine Tonne Zement mit Beton würde drei Tonnen CO₂ freisetzen, ergänzte Jakob Drexler (UBV), während die Verwendung des Werkstoffs Holz eine Gutschrift von einer Tonne CO₂ bedeute.

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SZ vom 05.06.2020
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