Süddeutsche Zeitung

Umwelt:Klimaschutz-Hausaufgaben

Umweltbeirat, Stadtjugendrat und Fridays for Future sehen in Fürstenfeldbruck gute Ansätze, mahnen aber mehr Tempo an. Sie arbeiten an einer Maßnahmenliste mit, die nun dem Stadtrat vorgelegt wird

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Die Kreisstadt nimmt den Klimaschutz ernst. Aber sie müsste noch mehr Gas geben, um ihren Teil zum Kampf gegen die Erderwärmung beizutragen. In etwa so sehen das Umweltbeirat, Stadtjugendrat und Fridays for Future, die jüngst eine erste Zwischenbilanz gezogen haben, nachdem sie im vergangenen Jahr den Entwurf eines Maßnahmenkatalog vorgelegt hatten. An mancher Stelle hakt es noch, wie etwa bei der erst teilweise vollzogenen Umstellung der Stadtverwaltung auf Recyclingpapier. Die Gruppen beraten den Stadtrat, moderiert wurde die gemeinsame Pressekonferenz von Thomas Müller, dem Energie- und Klimaschutzbeauftragten der Stadt.

Alina Reize von der Fürstenfeldbrucker Fridays-for-Future-Gruppe verglich das dringend notwendige Engagement gegen den fortschreitenden Klimawandel mit dem Lernen in der Schule. Man lasse sich schon mal dazu verleiten, wichtige Dinge vor sich herzuschieben und "auf den letzten Drücker" anzugehen. Beim Klimawandel aber wäre eine solche Strategie fatal. Fürstenfeldbruck ist ihr zufolge gut beraten, die beschlossene Klimaneutralität bis 2035 immer im Blick zu behalten. In dem im März 2020 beschlossenen Positionspapier, dessen überarbeitete Fassung nun auch vom zuständigen Fachausschuss beschlossen wurde, sieht sie eine geeignete Grundlage - auch wenn sie sich mehr Tempo bei der Umsetzung der Vorschläge wünschen würde.

Kurz-, mittel- oder langfristig umzusetzen

Dutzende Maßnahmen im Sinne des Klimaschutzes, gegliedert in kurz-, mittel-, sowie langfristig umsetzbar, sind in der Liste aufgeführt, die unter Beteiligung von Umweltbeirat, Stadtjugendrat sowie Fridays for Future ausgearbeitet wurde. Der Umweltausschuss empfiehlt dem Ende November tagenden Stadtrat einstimmig die Annahme.

Der Beschluss wurde - auch auf Initiative der Klimaschutzreferentin Alexa Zierl (ÖDP) - noch verbindlicher formuliert. So wurde eingefügt, dass die Umsetzung "schnellstmöglich" erfolgen soll. Umweltschutzreferent Jan Halbauer (Grüne) sieht in der Stadt damit "Vieles auf den Weg gebracht". Vorhaben sollen regelmäßig evaluiert und bilanziert werden.

Beispiele für kurzfristig umzusetzende Maßnahmen: Umstellung der Stadtverwaltung auf Recyclingpapier, Mülltrennung in allen städtischen Einrichtungen, Einsatz von Recyclingbaustoffen, Außenbeleuchtung minimieren.

Beispiele für mittelfristig umzusetzende Maßnahmen: Flächensicherung für Klimaschutz und -anpassung, Wasser-, Parkplatz- sowie Stoffstrommanagement, Prüfung der Beschlussvorgaben auf Klimarelevanz, Verkehrsberuhigung Innenstadt, Förderung nachhaltiger Unternehmen. Beispiele für langfristig umzusetzende Maßnahmen: Steuerung Wasserkraftwerke, 100 Prozent Erneuerbare Energien bis 2035.

Beispiele für Maßnahmen, die bereits laufen: Grünflächenmanagement, Blühstreifen, Baummanagement, flächensparende Siedlungsentwicklung, Förderung der Elektromobilität, Alternativen zu Feinstaub verursachende Feuerwerke anbieten, Leihradsystem, CO₂-Kompensation von Dienstreisen.

Beispiele für Maßnahmen, die als "nicht so geeignet" beziehungsweise rechtlich nicht durchsetzbar eingestuft werden: kommunales Verbot von Einwegplastik, kostenloser Nahverkehr, Vetorecht des Klimaschutzmanagements, generelles Tempolimit 30.slg

Ähnlich äußerte sich Valentin Eckmann, der stellvertretende Vorsitzende des Stadtjugendrats. Zwar fühlt er sich von der Stadtspitze, die in Person des Oberbürgermeisters Erich Raff (CSU) bei der Pressekonferenz vertreten war, durchaus "ernst genommen". Doch es gibt noch Luft nach oben. So nehme es viel Zeit in Anspruch, bis alle betroffenen Abteilungen im Rathaus Stellungnahmen zu einer vorgeschlagenen Maßnahme abgeben - obwohl doch Eile geboten sei. Eckmann wünscht sich zudem mehr konkrete und verbindliche Formulierungen in den Texten und Listen, die den Stadträten zur Abstimmung vorgelegt werden - und mehr Ehrgeiz. Er plädierte ebenso wie Regina Arndt vom Umweltbeirat für die Fortsetzung des Arbeitskreises der drei Gruppen mit Thomas Müller, in dem eine sehr konstruktive Atmosphäre herrsche. Das will auch Arndts Kollege Martin Höckenreiner, der sich weitere konkrete Vorschläge erhofft, wie die Stadt dem Klimawandel entgegenwirken kann. Geld sei da gut angelegt, denn "nichts zu tun wäre teurer". Höckenreiner regte die Aufwertung des Klimaschutzes in Form einer Stabsstelle nach Vorbild Germerings an. Ziel müsse es sein, bei noch mehr Bürgerinnen und Bürgern sowie Unternehmen das Augenmerk auch auf kleine alltägliche Dinge zu lenken. Als Beispiel nannte er eine Arztpraxis, in der im Sommer tagsüber Halogenleuchten angeschaltet waren, die reichlich Wärme abstrahlten - während gleichzeitig die Klimaanlage lief. Einen großen und auch wirtschaftlich rentablen Beitrag könne auch die Montage von Solarzellen auf dem eigenen Hausdach leisten oder die Nutzung von Wärmepumpen.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5466527
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 18.11.2021
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.