Umwelt:Aus einem "Seehamster" einen Elefanten machen

Bei einem Vortrag erzählt Günther Bonin von seinem Plänen, die Meere vom Plastik zu reinigen - mit einem neuen Schiff

Von Karl-Wilhelm Götte, Fürstenfeldbruck

In den Weltmeeren treiben riesige Mengen Plastikmüll. Weil kaum abbaubar, schädigt dieser Abfall die Meere und die Umwelt immens. Günther Bonin, der mit seinem "Seehamster" den Germeringer und Olchinger See regelmäßig vom Algendreck säubert, hat es sich zur Lebensaufgabe gemacht, den Plastikmüll aus den Meeren zu fischen und wiederzuverwerten. Wie schwer das Müllproblem wiegt und wie schwer es ist, ihm Herr zu werden, zeigte der 61-jährige Germeringer, der bereits mit mehreren Umweltpreisen ausgezeichnet wurde, bei einer Veranstaltung des Sozialforums Amper im "Eine-Welt-Zentrum" in Fürstenfeldbruck. 30 Besucher, darunter auch einige Jugendliche, interessierten sich für sein Konzept.

Bonin hat den Verein "One Earth - One Ocean" gegründet, um Spenden zu sammeln und seine Initiative auf eine breitere Basis zu stellen. Das ist ihm gut gelungen. Die Telekom unterstützt das Projekt inzwischen mit einer sechsstelligen Summe und die Röchling Stiftung hat sogar seine komplette "Seekuh" für etwa 400 000 Euro finanziert. Die "Seekuh" ist ein Forschungs-, Reinigungs- und Aufklärungsschiff in Sachen Plastikmüll. Mit diesem zwölf mal zehn Meter großen Schiff, das im vergangenen Jahr in Betrieb ging, hat der Verein mehr Kapazität zum Plastiksammeln geschaffen. "Der Katamaran ist wie eine maritime Müllabfuhr", so der Germeringer. Trotzdem bleibt es, das weiß Bonin, immer noch ein Tropfen auf den heißen Stein, weil das Schiff nur in Küstennähe operieren kann. Trotzdem gehe es vorwärts. Dank Sponsorengeldern konnte "One Earth - One Ocean" in den vergangenen sieben Jahren Büros in München, Hamburg und Hongkong errichten.

Bonin hatte sein Schlüsselerlebnis 2008, als der passionierte Segler ein Schiff von Vancouver ins kalifornische San Diego überführte. "Da habe ich Schiffe gesehen, die ihren kompletten Plastikmüll im Meer entsorgten", so der Germeringer. Er hat sich dann erkundigt und erfahren, dass dies noch nicht einmal verboten ist. Vor der Durchfahrt durch den Panamakanal etwa würden die Tanker, um Gewicht zu verlieren, regelmäßig ihren Plastikmüll über Bord schmeißen - um vielleicht 200 Euro bei der Passage zu sparen.

Jährlich gelangen sechs bis zehn Millionen Tonnen Kunststoff in die Weltmeere. Je nach Schätzung treiben dort aktuell 200 bis 400 Millionen Tonnen. Nicht nur, dass das Plastik die Meere verschmutzt, auch Tiere werden reihenweise getötet. Bonin zeigt Beispiele strangulierter Schildkröten und von Vögeln mit Darmverschluss. Er will die Menschen vor Ort aktivieren, zum Beispiel in Rio de Janeiro, damit sie die Kunststoffe sammeln und dafür Geld bekommen. Auch örtliche Fischer in Afrika oder Asien könnten sammeln, wenn sie die passenden Netze dafür bekämen. "Zwei Fischer könnten mit neuartigen Netzen 200 Tonnen Plastik pro Tag einsammeln", schätzt Bonin optimistisch. Alles hängt jedoch daran, ob der gesammelte Kunststoff über Verölungsanlagen wirtschaftlich aufbereitet werden kann und ob die Wirtschaft Interesse an dem Vorhaben zeige. Ein Kilo Abfall könnte einen Liter Öl ergeben. Doch der Weg dahin ist lang. "Plastik müsste sortiert und zunächst erst vom Salzwasser gereinigt werden", sagte der Brucker Josef Ranftl in der Diskussion. "Das ist äußerst schwierig." Momentan werden Schätzungen zufolge noch 70 Prozent des Plastikmülls in Deutschland in Müllverbrennungsanlagen verbrannt.

Bonin möchte bald ein noch größeres Schiff bauen. Der Name "Seeelefant" steht schon fest. Das Schiff soll nicht nur Plastikmüll sammeln können, sondern ihn mit einer Verölungsanlage an Bord auch sofort verwerten. "In fünf Jahren soll er fahren", skizzierte der Umweltaktivist seinen Zeitplan. Doch erst einmal muss das Geld beschafft werden. 20 bis 25 Millionen Euro sind nötig, schätzt Bonin.

Der Germeringer, der 2016 auch die Bürgermedaille seiner Heimatstadt erhielt und andere Experten des Vereins halten jährlich etwa hundert Vorträge zum Thema, darunter viele in Schulen. Bonin fordert die interessierten Besucher auf, "Druck auf die Politik zu machen", um die Unterstützung des Gesetzgebers herbeizuführen. "Denn die Zeit ist längst reif, um das Problem anzugehen", resümiert Günther Bonin.

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