Puchheim:"Menschlichkeit ist größer als der Krieg"

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Unter der Friedenstaube: Besucherinnen und Besucher des Benefizkonzerts in Puchheim. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Puchheim und Eichenau veranstalten ein Benefizkonzert für die Ukraine. Bei den ersten Takten stehen die Besucher auf, um der Kriegsopfer zu gedenken.

Von Bettine Kuffer, Puchheim

"Die Häuser sollen nicht brennen. Die Bomber sollt man nicht kennen." Mit diesen Worten Bertolt Brechts aus seinem Gedicht "Die Bitten der Kinder" begann am Montagabend das Benefizkonzert der Gemeinden Puchheim, Eichenau und des Freundeskreises Wischgorod. Das Gedicht wurde auf Deutsch und Ukrainisch vorgetragen. Das Thema des Konzertes lautete: "Frieden jetzt!" Durch den Abend führte Puchheims Bürgermeister Norbert Seidl (SPD). Er forderte alle zu einem friedlichen Miteinander auf, denn: "Menschlichkeit ist am Ende größer als der Krieg." Das Puchheimer Jugendkammerorchester eröffnete das Konzert. Die Solidarität der Menschen mit den Bürgern der Ukraine war den ganzen Abend über zu spüren. Denn in den ersten gespielten Takten ging eine Bewegung durch den Saal und die Besucher standen in Gedenken an die vielen Opfer des Krieges auf.

Schönheit der Stadt

Im Gespräch zwischen Norbert Seidl, Peter Münster (FDP), dem Bürgermeister von Eichenau, und Münchens Dritter Bürgermeisterin Verena Dietl (SPD) wurde von der langjährigen Partnerschaft mit den Städten Wischgorod und Kiew gesprochen. Münster erzählte von seinen Besuchen in der Partnerstadt Wischgorod. Dabei beschrieb er die Vielfalt und Schönheit der Stadt. Verena Dietl kam danach auf die Vollversammlung des Stadtrats in München vor zwei Wochen zu sprechen, in der Vitali Klitschko, der Bürgermeister von Kiew, zugeschaltet war und eindrucksvoll aus dem direkten Alltag in der ukrainischen Hauptstadt berichtete. Die Stimmung im Saal wurde dann von Hans Well, der "Band of Brassons" und dem Sänger des Duos "Flonoton" aufgelockert.

Musik für den Frieden: Das Puchheimer Jugendkammerorchester spielt unter der Leitung von Peter Michielsen. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Nach der Pause lud der Bürgermeister Puchheims die Verantwortlichen der Helferkreise Daniela Schulte für Puchheim, Moritz Hickethier für die Initiative "Brucker helfen der Ukraine" und Peter Münster für Eichenau auf die Bühne. Die drei erzählten von ihren Erlebnissen während der ersten Tage des Krieges und davon, wie schnell sich die Bürgerinnen und Bürger zusammengetan und Spenden organisiert hatten. "Eigentlich wollte ich erst nur mit meinem Golf nach Lublin fahren", sagte Moritz Hickethier.

Er hatte am Samstag nach Kriegsbeginn einen Anruf von einer ukrainischen Freundin erhalten und daraufhin einen Spendenaufruf gestartet. Nach insgesamt sieben Stunden Spendensammeln sind er und Freunde dann mit drei Lastfahrzeugen nach Polen gefahren. Aber auch Eichenau hatte sich schnell mit der Partnerstadt in Verbindung gesetzt und benötigte Hilfsgüter organisiert. Diese bringen sie, wie Münster sagte, immer noch direkt an die ukrainische Grenze. Dort werden sie von ehrenamtlichen Helfern dann weiter nach Wischgorod transportiert.

Nachdenkliche Stimmung

Die Poetry-Slammerin Fee Brembeck griff mit ihren Texten die nachdenkliche Stimmung im Saal auf. In ihrem ersten Text beschrieb sie die Abhängigkeit der Identität einer Person von ihrer Sprache.

Der zweite Text "Frieden, ein Versuch in zwölf Instagrambildern" spannte einen Bogen von der ersten Flüchtlingskrise 2015, der Oberflächlichkeit der sozialen Medien bis hin zum Krieg in der Ukraine. Danach spielten noch die Ensembles "Tonart" und "Cross 5" für den Frieden und die europäische Gemeinschaft. Der Autor Volker Keitel las auf Bitten von Norbert Seidl einen Text aus der Weihnachtsausgabe der Times vor. In diesem ging es um einen ungeplanten weihnachtlichen Waffenstillstand im Ersten Weltkrieg. Er beendete seine Lesung mit den Worten: "Hört auf zu schießen und geht's raus und spielt's Fußball". Seidl bat danach alle Künstler auf die Bühne und verteilte zum Zeichen des Friedens und als Dank Nelken.

Während dem dreistündigen Konzert sind 3500 Euro an Spenden zusammengekommen. Dazu kommen noch Spenden der Komm-Energie und der Buchhandlung Bräunling. Die Summe wird halbiert und an den Bürgerfond Puchheim sowie an den Freundeskreis Wischgorod gespendet, sagte Seidl.

Ukrainisches Volkslied

Bewegend war auch die spontane Darbietung eines ukrainischen Volksliedes durch eine ukrainische Geflüchtete. Das Puchheimer Blasorchester schloss den Abend mit der Europa-Hymne. Seidl hatte davor die Gäste gebeten, sich noch zu einem Gedenkmoment nach dem Konzert auf der Wiese neben dem Puc zu versammeln. Dort hatte der Kunstverein Puchheim eine große Friedenstaube aus Steinen gelegt, welche die Gäste mit 76 Teelichtern- für 76 Jahre Frieden in Europa- zum Leuchten bringen sollten. Denn "Leben sollte keine Strafe sein", um es mit den Worten Bertolt Brechts zu sagen.

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