Turnhalle als Flüchtlingsheim:Puchheimer Zwischenlösung

Asyl Puchheim

In der Puchheimer Turnhalle, die diesen Slogan trägt, leben derzeit Asylbewerber. Die Schüler müssen Ausweichsportstätten besuchen.

(Foto: Günther Reger)

Schüler an Gymnasium und Realschule unterstützen die Aufnahme von Flüchtlingen. Die Rektoren sorgen sich, wie man Flüchtlinge und Kinder auseinander hält. Der Landrat will eine Traglufthalle auf dem Volksfestplatz aufstellen

Von Peter Bierl, Puchheim

"Welcome in Wonderland" steht als Graffiti neben dem Eingang zur Turnhalle in Puchheim, in die in den nächsten Wochen bis zu 190 Flüchtlinge einziehen könnten. Die ersten 22 Personen sollen am Montag kommen, sie werden aus Maisach nach Puchheim verlegt. An diesem Donnerstag stehen Leute vom Sicherheitsdienst vor der Halle und rauchen, zwei Handwerker verkleben Scheiben mit undurchsichtigen Folien, die Schüler freuen sich auf die Ferien.

Die Stimmung am Gymnasium und an der Realschule ist ruhig. Bloß die beiden Rektoren schauen ein bisschen sorgenvoll drein, weil sie nicht wissen, wie sie nach den Ferien Schüler und Flüchtlinge auseinander halten sollen und wo der Sportunterricht stattfinden wird.

Die Schüler sehen das nicht so eng. "Auf Geräteturnen verzichten wir gerne", sagt Sebastian H. aus einer neunten Klasse, womit er nicht alleine dasteht. Einige Mädchen finden Schulsport sowieso nebensächlich oder gar unnötig. Eine etwas andere Perspektive hat Tim M., der nächstes Jahr in die Oberstufe kommt, wo die Sportnoten ins Abiturzeugnis einfließen und Unterricht in der Halle zum Pflichtprogramm gehört. Er geht davon aus, dass der Unterricht in einem der Nachbarorte stattfinden wird. Vermutlich stehen in Gröbenzell oder an einer anderen Puchheimer Schule Hallen zur Verfügung, erklärt Rektor Georg Baptist der SZ.

Alle Schüler äußern sich positiv zu Aufnahme von Flüchtlingen. "Ich finde es gut, dass wir diese Menschen aufnehmen, aber es ist Sch..., dass die in die Turnhalle müssen", sagt eine Realschülerin aus der neunten Klasse. Die Halle sei nicht dicht, es regne rein, die Leute hätten keine Privatsphäre, sagen die Schüler, und fragen sich, was die den ganzen Tag machen sollen. "Das ist vielleicht nicht gut, wenn die uns so sehen müssen. Wir haben eine Zukunft und werden viel Geld verdienen, die wahrscheinlich nicht", meinen Lirik K. und seine Mitschüler. Eine Gruppe von Mädchen aus der elften Klasse des Gymnasiums beschwert sich, dass sie aus der Presse von der Unterbringung erfahren habe. Nur einzelne Lehrer hätten mit ihnen darüber gesprochen. "Eine Schulversammlung in der Aula wäre angebracht gewesen", sagte eine. Vier charmante Realschullehrerinnen verweigern die Auskunft, der Schulleiter habe ihnen untersagt, mit der Presse zu reden, was Rektor Herbert Glauz bestreitet. Die Kolleginnen hätten sich bloß an die Vorschriften für Beamte gehalten, wonach allein der Rektor die Schule nach außen repräsentiert. Eine Schulversammlung werde es Anfang des nächsten Schuljahres geben, versichert Baptist.

Manche finden, es wäre besser, Container auf dem Volksfestplatz aufzustellen oder solche Blockhäuser wie in Eichenau. Tatsächlich sind die drei Hallen in Puchheim mitten auf dem Schulgelände und kaum abzugrenzen. So stehen direkt neben der großen Halle Hunderte von Fahrrädern, die dann wo anders geparkt werden müssten. Eigentlich darf kein Fremder das Schulgelände betreten. "Immerhin sind wir für 2000 Kinder verantwortlich", betont Glauz. Ein Zaun kommt nicht in Frage, weil er direkt neben der Turnhalle errichtet werden müsste und Gefängnischarakter hätte. Es geht schon deswegen nicht, weil damit die Feuerwehrzufahrt blockiert wäre, sagt Glauz. "Das Landratsamt muss sich eine Lösung ausdenken", sagt er.

Asyl Puchheim

Bürgermeister Norbert Seidl (SPD) sucht mit den Rektoren von Realschule und Gymnasium nach Auswegen für den Sportunterricht.

(Foto: Günther Reger)

Landrat Thomas Karmasin (CSU) scheint mit Hochdruck daran zu arbeiten. Er will eine Traglufthalle auf dem Volksfestplatz aufstellen, sagte er am Donnerstag der SZ. Möglicherweise könnten in den Turnhallen doch bald wieder Geräteturnen auf dem Programm stehen.

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