Junge Erwachsene, Teenies, Senioren mit grauen Haaren und Mütter mit kleinen Kindern: Es ist eine vom Alter her bunt gemischte Menschenmenge, die sich am Freitagnachmittag zwei Stunden, bevor die deutsche Nationalmannschaft bei der Fußball-EM gegen Spanien antritt, auf dem Hauptplatz vor der Sparkasse in Fürstenfeldbruck einfindet. Sie nehmen an der „Demo gegen rechts“ teil, zu der der Verein Turmgeflüster aufgerufen hat. Er ist Teil des landkreisweiten „Bündnis für Demokratie“. Rund 200 Menschen sind nach Schätzung der Veranstalter gekommen.
„Herz statt Hetze“ und „Menschenrechte statt rechte Menschen“ oder „Hass ist keine Meinung“ steht auf den beschrifteten Kartons, die manche in die Höhe halten. Unter den älteren Teilnehmern, die vielleicht ein Fünftel ausmachen, sind neben den Organisatoren um die Vereinsvorsitzende Christine Ditzinger auch Katrin Rizzi von der Bürgerstiftung für den Landkreis Fürstenfeldbruck und Lisa Stockmann, Kreisvorsitzende der Grünen.
Eine ältere Dame mit weißem Haar und kleinem Hund hat sich spontan zu der Gruppe gestellt. Wie sie erzählt, ist sie während des Zweiten Weltkriegs geboren, 1943: Sie habe als kleines Kind noch einiges von den Gräueltaten der Nazis mitbekommen. Nie mehr wolle sie erleben, dass Menschen so mit anderen Menschen umgingen, begründet sie ihre Unterstützung für die Demo. Eine Gruppe männlicher Jugendlicher zwischen 14 und 15 Jahren finden es wichtig, für eine „freie und offene Gesellschaft“ einzutreten. „Es ist nicht selbstverständlich, dass man offen seine Meinung sagen kann“, sagt einer mit Blick auf andere weniger demokratische Staaten.
„Wir freuen uns total, dass so viele Menschen gekommen sind, um uns zu unterstützen.“ Dietzinger spricht ins Megafon und gibt ein paar Anweisungen. „Wir bleiben alle auf den Gehwegen“, mahnt sie. Zuerst sollen alle an der Ampel die Straße queren, während die Polizei den Verkehr stoppt, dann über die Hauptstraße Richtung Rathaus abbiegen in die Pucher Straße, über das Einkaufcenter und die Schöngeisinger Straße zurück zum Ausgangspunkt und weiter zur Stadtbücherei Aumühle; dort ist auch der Verein „Turmgeflüster“ angesiedelt. „Es kann natürlich sein, dass man angefeindet wird. Wir bleiben ruhig“, erklärt die Vorsitzende und wünscht sich eine „friedliche Demo für Demokratie und Vielfalt“.
Der Zug setzt sich gleichmäßig in Bewegung und quert Haupt- und Schöngeisinger Straße. „Fast wie früher beim Klassenausflug, fehlen nur noch die Zweierreihen“, sagt eine junge Frau zu ihrer Freundin. Reibungslos und ohne Zwischenfälle gehen die Demonstranten durch die Innenstadt, das Megafon wechselt die Besitzer, ihre Appelle haben eine ähnliche Botschaft. „Hoch die internationale Solidarität“ und „Demokratie jetzt“ tönt es durch das relativ leere Stadtzentrum.
Auf dem Vorplatz der Bücherei kommt der Zug wie geplant zum Stehen. Dietzinger gibt das Mikro frei und ein paar Jugendliche reden über Freiheit und Demokratie, den Geburtstag des Grundgesetzes. Ein 68-Jähriger wünscht der jungen Generation, dass all das noch lange erhalten bleibe. Eine junge Schwangere – sie kam vor 15 Jahren nach Deutschland und sollte abgeschoben werden – bekräftigt noch einmal, dass Freiheit, Demokratie, auch diese Demo nicht selbstverständlich sind: „Danke, dass ihr hier seid.“