Türkenfeld:Ross und Reiter

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Traditionell sind beim Zug quer durch den Ort auch viele historische Gefährte zu sehen, so wie hier auf der Aufnahme von 2013 eine alte Postkutsche. (Foto: Günther Reger)

Türkenfeld erwartet Hunderte Teilnehmer zum Silvesterritt

Von Manfred Amann, Türkenfeld

Zum 208. Mal findet am letzten Tag des Jahres in Türkenfeld der Silvesterritt statt. Weil die Wetterprognosen recht passabel sind, rechnet die Gemeinde, die den Zug mit Unterstützung von Vereinen und ehrenamtlichen Helfern organisiert, mit weit mehr als hundert Pferden, etlichen Gespannen und einer großen Zuschauermenge aus der ganzen Region. Da man sich nicht anmelden muss, ist die Teilnehmerzahl immer wieder eine wetterabhängige Überraschung. Für Verwaltung, örtliche Feuerwehr, Sanitäter und Polizei ist es egal, wie viele Pferdefreunde mitreiten, der Aufwand für die Absicherung ist immer nahezu gleich hoch. Deshalb hoffen die Helfer laut Bürgermeister Pius Keller stets auf angenehmes Reitwetter, "damit das Brauchtum gebührend gepflegt und damit auch erhalten werden kann."

Die Tradition geht auf ein für die Zeit um 1800 (Aufklärung und nahende Säkularisation) eher anachronistisches Gelübde zurück, dessen Einhaltung den Menschen heutzutage Gelegenheit gibt, nach dem Weihnachtstrubel etwas innezuhalten und über das Leben an sich und seine Abhängigkeit von Natur und Umwelt nachzudenken. Das Königliche Landgericht Landsberg, zu dem Türkenfeld damals gehörte, informierte im Sommer 1807 mit einem amtlichen Erlass über eine gefährliche Viehseuche in umliegenden Dörfern und forderte vorbeugende Maßnahmen gegen die Ausbreitung. So sollte acht Tage lang jedem Hornvieh "unter einen Kleyentrunk morgens ein Loth Weißnstein und ein halbes Loth Salpeter" verabreicht werden. Die Türkenfelder Bauern beteten "in ihrer Hilflosigkeit und Not", wie es in Überlieferungen heißt, zum Heiligen Silvester und gelobten, jedes Jahr an dessen Namenstag einen Pferdeumzug zu organisieren, wenn ihre Tiere nur verschont blieben. Angeblich klang die Seuche daraufhin ab, ohne großen Schaden anzurichten - woraufhin das Gelöbnis seither bis auf wenige Ausnahmen jedes Jahr wieder erfüllt und erneuert wird. Der Heilige Silvester wird in Türkenfeld aber bereits seit 1796 als Viehpatron verehrt, wie einem gestickten Reim auf einer Prozessionsfahne zu entnehmen ist. Seit 1980 wird er auch als Schutzpatron der Gemeinde verehrt. Durch dessen Fürsprache habe diese ihr Selbstständigkeit nicht verloren, glauben viele Einwohner von Türkenfeld.

Der Silvesterritt beginnt um zwölf Uhr und führt vom Aufstellungsort Schule zur Pfarrkirche, wo Pfarrer Klaus Distl Pferde und Reiter segnen wird.

© SZ vom 31.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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