Türkenfeld:Bürgermeister unter Manipulationsverdacht

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Das geplante Baugebiet zwischen Wolfgasse und Ortsrand. (Foto: Günther Reger)

Pius Keller gerät im Gemeinderat in die Kritik. Er soll eine ablehnende Stellungnahme des Landratsamts unter Verschluss gehalten haben, um eine Bebauung im Außenbereich nicht zu gefährden

Von Manfred Amann, Türkenfeld

Mehrere Türkenfelder Gemeinderäte werfen Bürgermeister Pius Keller Eigenmächtigkeit vor. Ihr Vorwurf: Der CSU-Politiker wolle mit aller Macht die Voraussetzungen für eine Bebauung von Flächen im nördlichen Außenbereich von Türkenfeld durchdrücken und habe ein ablehnendes Schreiben des Landratsamts viel zu lange unter Verschluss gehalten. Der Streit eskalierte bei den Beratungen über die Änderung des Flächennutzungsplans.

Da die negative Expertise des Landratsamtes erst bekannt gemacht worden war, nachdem sich der Gemeinderat schon mit acht gegen sechs Stimmen für die Aufnahme der Flächen ausgesprochen hatte, wurde der Rathauschef in der Folgesitzung massiv mit dem Vorwurf konfrontiert, die Meinungsbildung gezielt manipuliert zu haben. Keller weist dies energisch zurück. Aufgrund der neuen Sachlage einigte sich der Gemeinderat nach kontroverser Aussprache schließlich darauf, in der Sitzung am 3. August erneut über das Thema abzustimmen. Es geht um eine Fläche an der Moorenweiser Straße zwischen dem nördlichen Ortsende und der Wolfsgasse, deren Bebauung laut Sabeeka-Gangjee-Well (Dorfgemeinschaft Türkenfeld-Zankenhausen) in der jüngsten Klausur bereits abgelehnt worden war und deshalb gar nicht mehr hätte auf die Tagesordnung genommen werden dürfen. Man sei sich eigentlich einig gewesen, dass mit der Schaffung von Baurecht in diesem Gebiet eine "Siedlungsnase" in die Landschaft getrieben würde. "Eine bandartige, zweireihige Bebauung in diesem Bereich, wie von Keller angedacht, verstößt nicht nur gegen die Ziele, die sich der Gemeinderat selbst gesetzt hat, sondern auch gegen den vom Freistaat propagierten Grundsatz Innen- vor Außenentwicklung", sagt Gangjee-Well, die sich als stellvertretende Vorsitzende des Bürgervereins "Dorfentwicklung" für den Erhalt intakter Außenbereichsflächen einsetzt. Auch der Planungsverband Äußerer Wirtschaftsraum München habe die Aufnahme des Gebietsstreifens kritisch gesehen. Außerdem seien ausreichend Flächen zur Innenverdichtung vorhanden. Der Bürgerverein war vor etwa sechs Jahren aus der Interessengemeinschaft hervorgegangen, die die Ansiedlung eines Edeka-Marktes am östlichen Ortseingang, ebenfalls im Außenbereich, erfolgreich bekämpft hatte. Vereinschefin Martina Uhlemann sieht im jetzigen Fall eine "Parallele" zu damals, denn seinerzeit habe sich Bürgermeister Keller ebenso für die Ansiedlung im Außenbereich starkgemacht. Die Gemeinderätin der Freien Wähler ist sich sicher, dass sich in der ersten Abstimmung nur deswegen eine Mehrheit für die Aufnahme des Gebietes ausgesprochen hatte, weil der Bürgermeister die Gemeinderäte im Glauben gelassen habe, von Behördenseite gebe es keine Einwände. Keller habe versichert, dass das Landratsamt keine Vorbehalte habe. Nachfragen, ob es etwas Schriftliches dazu gebe, habe der Bürgermeister verneint, erinnert sich Uhlemann. Tatsächlich sei aber bereits eine Woche vor der entscheidenden Sitzung vom Landratsamt ein Schreiben eingegangen, in dem es heiße, dass bei einer Bebauung im Norden darauf zu achten sei, "dass es zu keiner spornartigen Entwicklung entlang der Moorenweiser Straße kommt". Mit einer Bebauung im Anschluss ans Ortsende, wie angedacht, würde aber genau dies passieren, argumentieren die Dorfentwickler.

Der Rathauschef verwahrt sich gegen die "Unterstellung", die Stellungnahme der Kreisbehörde zurückgehalten zu haben, räumt jedoch ein Versehen ein. "Ich war davon ausgegangen, dass alle Unterlagen rechtzeitig an die Gemeinderäte verteilt worden sind", erklärte er auf Anfrage der SZ. "Ich habe mich für das Versäumnis auch entschuldigt und bedauere den Vorfall." Tief betrübt sei er gleichwohl über die aggressiv vorgetragenen Vorwürfe. Es sei richtig, dass einer seiner Nachbarn dort Grund besitze. Dies habe seine Entscheidung aber nicht beeinflusst. Vielmehr habe er sich leiten lassen, den Kindern der Eigentümer der drei Grundstücke den Bau von Eigenheimen zu ermöglichen. Ferner habe er die Chance gesehen, zum Vorteil der Gemeinde Baugrund erwerben zu können. Die Eigentümer hätten die Aufnahme ihrer Grundstücke in den Flächennutzungsplan beantragt.

© SZ vom 14.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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