Zum dritten Mal haben die Bürgerstiftung, die Süddeutsche Zeitung und die Sparkasse für den Landkreis Fürstenfeldbruck den Klima- und Umweltpreis vergeben – je 3000 Euro in der Erwachsenen- und in der Jugendkategorie. Die Preisträger werden in lockerer Folge in der SZ vorgestellt.
Werkzeug, sagt Jakob Schmitt – von den 750 Euro Preisgeld wolle er „richtig gutes Werkzeug kaufen“, Sägen, Beile, Hämmer. „Es ist toll, dass ich diese 750 Euro zur Verfügung habe!“ Mit dem Werkzeug können seine Schülerinnen und Schüler mit ihm an der Totholzhecke weiterbauen, die schon fast das gesamte Gelände der Waldorfschule Gröbenzell umgibt. Schmitt hat digital nachgemessen – ungefähr 175 Meter lang sei das Gebilde inzwischen.
Weil so eine Hecke einen Lebensraum für zahlreiche Tiere, Pflanzen, Pilze und Mikroorganismen bildet und weil jeder, der einen Garten hat, es Schmitt und seinen Schülern nachtun kann – wenn auch in deutlich kleinerem Maßstab – hat die Jury das Projekt mit dem Klima- und Umweltpreis von Bürgerstiftung, Sparkasse und Süddeutscher Zeitung für den Landkreis ausgezeichnet. Neben einer Urkunde gibt es 750 Euro Preisgeld.
Gartenbau ist an den Waldorfschulen ein reguläres Fach. Schmitt, 40, ist gelernter Garten- und Landschaftsbauer und Diplom-Pädagoge. Mit den Schülerinnen und Schülern der sechsten bis achten Klasse der Rudolf-Steiner-Schule schichtet er seit drei Jahren die Hecke auf. Gearbeitet wird im Herbst, Winter und Frühling. Zwischen großen Stempeln werden Stämme, Äste und Zweige aufgeschichtet, erklärt Schmitt, bis zu mannshoch. Dabei entstehen Hohlräume, die viele Tiere gerne als Unterschlupf nutzen.
Die Kinder und Jugendlichen hantieren selbst mit Säge und Axt – ihr Lehrer vertraut ihnen, dass sie sorgsam und vorsichtig mit den Geräten umgehen. „Sie sind komplett in diesem Prozess der Selbstwirksamkeit“, sagt Schmitt. „Sie erfahren: Ich kann was tun.“ Jetzt, im Sommer, ist nicht viel von dem toten Holz, dem Gerüst der Hecke zu sehen. Und so soll es auch sein – die Samen, die Vögel und andere Tiere hineintragen, sollen keimen und wachsen.
Etwa ein Drittel der rund 13 000 im Wald lebenden Arten sind den Bayerischen Staatsforsten zufolge an Totholz gebunden, es ist ein wichtiger Lebensraum. Nicht nur Tiere zählen dazu, auch Pflanzen, Pilze und Mikroorganismen. In und um die Totholzhecke der Waldorfschule sind schon Erdkröten, Ringelnattern und Blindschleichen gesichtet worden. Ein Hermelin lebt darin, worüber Schmitt sich besonders freut, denn es hält die Wühlmäuse kurz. Igel und Fasane sind regelmäßig zu Gast, junge Käuzchen hat Schmitt ebenfalls schon beobachten können. Man merkt ihm an, wie sehr ihn solche Beobachtungen freuen.
Zahlreiche Insektenarten profitieren vom toten Holz, sie und ihre Larven ernähren Vögel, Igel und Fledermäuse. Wildbienen, Hummeln und Wespen schwirren umher, und sogar ein Hornissen-Nest gibt es. Angst vor Insektenstichen hat hier niemand. „Den Kindern kann man gut erklären, wie man sich richtig verhält, damit sie nicht gestochen werden“, sagt Schmitt.
Den jungen Leuten macht die Arbeit großen Spaß, wie die Achtklässler Samuel und Niels, Sarah und Sofia bei der Preisverleihung berichten. „Wir haben so was auch im Garten“, sagt Niels, das Projekt habe sein Interesse am Naturschutz geweckt. Weil Jakob Schmitt am Tag der Preisverleihung mit einer Schulklasse bei einem Landwirtschaftspraktikum ist, begleitet Lehrerin Elena Netzer die Schüler. Sie freut sich über die Umsetzung des Kreislaufgedankens. „Da entsteht etwas Positives“, sagt sie. Das sei schon sichtbar, auch wenn die Hecke noch jung ist. „Die Kinder arbeiten super eigenständig.“
Und Detlef Ludwig, Geschäftsführer des Waldorfschulvereins Gröbenzell, sagt: „Man kann sehen, wie schnell die Tiere wieder da sind. Das hat mich erstaunt.“ Die großen Felder, die heute vorherrschen, seien für die Landwirte zwar leicht mit großen Maschinen zu bearbeiten, aber schlecht für die Biodiversität. Vielfältige Strukturen helfen: „Überall, wo verschiedene Systeme aneinander stoßen, kulminiert das Leben“, sagt Schmitt. Deshalb gibt es nicht nur die Hecke, sondern auch einen Schulteich und einen sonnigen Kräutergarten aus großen Trockensteinen.
In der neunten Klasse unterrichtet er Ökologie und rundet so die Erfahrungen der praktischen Arbeit ab. „Je mehr Mikrostruktur, desto mehr Leben. Hier haben wir Wiese, Gehölz und Wald“, sagt er und breitet die Arme aus. „Da vibriert es vor Leben.“ Um den Schulgarten gegen den Klimawandel zu wappnen, pflanzen sie Bäume, die Trockenheit und Hitze vertragen – Maulbeeren, Mispel und Esskastanie zum Beispiel.
Der Gartenbaulehrer empfindet es als unverständlich, dass Gartenbesitzer ihr Grüngut zum Wertstoff fahren, nur um dann im Baumarkt teure Erde und Dünger zu kaufen: „ein Wahnsinn!“ Viel besser wäre es seiner Meinung nach, Schnittgut und Laub auf der Fläche zu behalten, sodass wieder Humus entsteht und der Kreislauf geschlossen wird. „So kann sich auch ein ökologisches Gleichgewicht einstellen. Der Effekt der Hecke ist spürbar.“
Sogar der Salat im Schulgarten kann unbehelligt von Schnecken wachsen. Schmitts Erklärung: Die in der Totholzhecke lebenden Käferarten fressen Schneckeneier, viele weitere Nützlinge haben sich eingefunden. Und auch mehr Vögel seien zu sehen – Rotkehlchen und Zaunkönig beispielsweise, die gerne in der Hecke brüten und vom großen Nahrungsangebot profitieren.