Tierasyl in Maisach:Obdach in Überacker

In der Auffangstation der Tierfreunde Brucker Land können sich Katzen, Meerschweinchen und Kaninchen von Krankheit und Vernachlässigung erholen, ehe für sie ein neues Zuhause gesucht wird

Von Valentina Finger, Maisach

Kater Pauli hat Katzen-Aids. Ganz recht, so etwas gibt es. Wie ein an Aids erkrankter Mensch hat Pauli ein schwaches Immunsystem und wird sein Leben lang anfällig für Krankheiten sein. Vor drei Monaten wurde der etwa zwölf Jahre alte Kater von einem Bauernhof gerettet. Er war abgemagert und so schwach, dass niemand davon ausging, dass er überleben würde. Doch nun springt Pauli fidel von Kratzbaum zu Kratzbaum und miaut herzhaft. Man sieht dem weiß-braun gefleckten Tier an, was es will: raus aus seinem Gehege und wieder weitere Kreise ziehen, weil es ihm jetzt endlich wieder gut geht.

Zu verdanken hat Pauli seine Genesung den "Tierfreunden Brucker Land". Erst vor kurzem hat sich der 2001 gegründete Verein, der aktuell mehr als 300 Mitglieder hat, neu aufgestellt. Seit Mai ist Andrea Mittermeir, die auch dem Verein "Katzentatzen" vorsteht, die neue Vorsitzende. Indem sich die 48-Jährige zur Wahl gestellt hat, hat sie die von den Tierfreunden betriebene Auffangstation in Überacker vor der Schließung bewahrt und damit auch das Leben von Pauli und weiteren Streunern gerettet. Seitdem bemüht sich der Verein um mehr Präsenz in der Öffentlichkeit. Mit einem Infostand waren die Ehrenamtlichen zum Beispiel am Altstadtfest vertreten. Aufgrund des Hin und Hers in der Vergangenheit hätten sich dort viele Besucher verwundert darüber gezeigt, dass es den Verein überhaupt noch gibt, sagt Mittermeir: "Uns war es wichtig, die Leute aufzuklären, dass wir durchaus noch aktiv sind."

Tierfreunde Brucker Land, Überacker

Ramona Borza spielt mit jungen Katzen. Die werden auch deshalb krank, weil ihre Mütter zu viel Nachwuchs bekommen. Deshalb wirbt sie für eine Kastrationspflicht.

(Foto: Matthias Ferdinand Döring)

In der Tierauffangstation, die vor mehr als zehn Jahren auf dem Gelände des ehemaligen Wasserhauses eingerichtet wurde, welches dem Verein von der Gemeinde Maisach pachtfrei zur Verfügung gestellt wird, werden derzeit 26 Katzen betreut, außerdem diverse Mäuse, Meerschweinchen und Kaninchen. Die gesundheitlich stabilen Katzen sind in Containerhäusern mit individuellen Auslaufflächen untergebracht. Diese sind üppig ausgestattet mit Körbchen, Futterbehältern und Spielzeug. Die Katzen fühlen sich sichtlich wohl, aber: "Auch wenn sie hier zusammen Spaß haben, es ist nicht ihr Zuhause", sagt Mittermeir. Die Station sei kein Gnadenhof. Wenn eine alte Katze, wie die 16 Jahre alte Medi, nicht vermittelt werden kann, darf sie natürlich bleiben. Aber eigentlich sei das Ziel, für alle Tiere eine neue dauerhafte Heimat zu finden.

Die meisten Utensilien, die den Fundtieren bis dahin ihren Alltag versüßen, sind gespendet. "Seit ich den Vorstand habe, haben wir nicht einmal Futter kaufen müssen", freut sich Mittermeir. Das Unterstützerklima sei gut, immer wieder mache man schöne zwischenmenschliche Erfahrungen. Als sie zum Beispiel im Scherz auf Facebook gepostet habe, dass sie bei dem vielen Matsch auf dem Gelände bald Gummistiefel brauchen werde, habe sich eine Lehrerin aus Fürstenfeldbruck gemeldet und gleich mehrere Paare vorbeigebracht.

Tierfreunde Brucker Land, Überacker

Für die Katzen gibt es auch ein Extra-Gehege im Freien.

(Foto: Matthias Ferdinand Döring)

Doch leider überwiegen oft die weniger schönen Erlebnisse. Regelmäßig fangen Mittermeir und ihre Kolleginnen Katzen auf Bauernhöfen ein, um sie kastrieren zu lassen. Die meisten bringen sie im Anschluss wieder zurück. Nur die Kranken und Kleinen nehmen sie mit in das Tierquartier. Doch manchmal bekommen sie dafür keine Erlaubnis. "Das Schlimmste ist, wenn man sieht, dass ein Tier nicht überleben wird, man aber nichts tun darf", sagt Mittermeir.

Oft gerät die Moorenweiserin emotional an ihre Grenzen. Besonders die Quarantänefälle belasten sie. In einem gesonderten Bereich im Haupthaus des Tierheims sind momentan sechs Katzen untergebracht, die an Fieber oder Katzenschnupfen leiden. Eine von ihnen ist die erst zwölf Wochen alte Cinderella, die die Tierfreunde von einem Hof im Ostallgäu mitgenommen haben. Das Kätzchen hat stark entzündete Augen und frisst wenig. Bei zwei weiteren ist jeweils ein Auge so beschädigt, dass es entfernt werden muss. Einige andere Babykatzen, die ohne Mutter in einer Schachtel aufgefunden wurden, haben das Gröbste hingegen überstanden. Zwei von ihnen konnten sogar schon vermittelt werden und werden von ihren neuen Besitzern demnächst abgeholt.

Tierfreunde Brucker Land, Überacker

Dieses Kaninchen kann sich in der Auffangstation erholen.

(Foto: Matthias Ferdinand Döring)

Doch die Problemfälle bleiben zahlreich: Vier Katzen und zwei Kaninchen wurden von einer Familie abgegeben, die vorhat, auszuwandern. Für die Kätzinnen Wilma und Marple ist das Tierquartier bereits die vierte Station. Bei einer alten Frau lebe außerdem eine Mutterkatze, die schon wieder trächtig sei, obwohl sie noch den letzten Wurf säuge. Alle Tiere dort seien verschmutzt und krank, sagt Mittermeir. Durch Kastrationspflicht und Zuchtverbot könnten solche Zustände, die durch die massenhafte Vermehrung der Tiere verursacht werden, verhindert werden, fügt die Vorsitzende hinzu: "In unserer jetzigen Situation ist jede Katze, die zusätzlich auf die Welt kommt, eine zu viel."

Obwohl der Wille da ist, noch mehr zu tun, wird den Tierschützern die Arbeit oft durch Hindernisse von außen erschwert, sei es die Kooperation der Behörden oder das Geld. Finanzielle Unterstützung benötigt der Verein derzeit vor allem für Spenglerarbeiten. Die Dächer der Katzencontainer sind an vielen Stellen undicht. Außerdem seien fehlende Räumlichkeiten ein Problem. "Letztens war eine Schulklasse hier und die Lehrerin meinte, so etwas müsste man öfter machen, weil die Kinder kaum noch Tiere kennen", sagt Mittermeir. Ein überdachter Vorraum, in dem derartige Veranstaltungen abgehalten werden könnten, wäre für die Vorsitzende "die Zukunft schlechthin".

Tierfreunde Brucker Land, Überacker

Andrea Mittermeir versorgt das Auge einer Katze mit Salbe.

(Foto: Matthias Ferdinand Döring)

Ob Kater Pauli in Zukunft bald wieder durch die Gegend streifen darf, ist derzeit ungewiss. Weil er so gerne freilaufen würde, überlegt Mittermeir, für ihn ein Loch in den Zaun an der Rückseite des Grundstücks zu machen. Dahinter gibt es viel Wald, der aber durch die Amper begrenzt wird. Doch das Problem, dass er seine Artgenossen zum Beispiel in einer Rauferei mit seiner Krankheit anstecken könnte, bleibt. Ein neues Herrchen oder Frauchen mit einem gut umzäunten Garten wäre für Pauli deshalb die allerbeste Option.

Am Samstag, 10. August, findet im Tierquartier der Tierfreunde Brucker Land in Überacker (Bergstraße 94) von 17 bis 21 Uhr der "Tag der Katze" mit Nachtflohmarkt statt.

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