Kreisbauerntag in Emmering:Der ungehaltene Minister

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In diesem Sommer sind auch im Landkreis die Wiesen vertrocknet, die Milchbauern mussten fürchten, dass ihnen das Heu ausgeht - eine Folge des Klimawandels. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Thorsten Glauber soll beim Kreisbauerntag vor 200 Zuhörern über "Landwirtschaft und Umweltschutz Hand in Hand" sprechen. Doch seine Rede bleibt viele Antworten schuldig.

Von Ingrid Hügenell, Emmering

Kreisbauerntag 2022 im Landkreis Fürstenfeldbruck. Nach einer langen Rede und drei, vier anderen Wortmeldungen stellt Dagmar Wagner diese Frage: "Wie schaut die Landwirtschaft in Bayern in der Zukunft aus, 2030 bis 2040? Wie harmonieren Landwirtschaft und Umweltschutz?" Lange und ausführlich hat Bayerns Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) zuvor gesprochen. Angekündigt war ein Referat zum Thema: "Landwirtschaft und Umweltschutz Hand in Hand". Doch die stellvertretende Dachauer Kreisbäuerin muss nachfragen. Auch andere Besucher haben den Eindruck, Glaubers Rede habe wenig Neues beigetragen zur Beantwortung der Frage, wie Landwirtschaft und Umweltschutz zusammengehen.

Etwa 200 Leute sind zum Kreisbauerntag in den Festsaal des Emmeringer Bürgerhauses gekommen - Landwirtinnen und Landwirte, Bürgermeister, der Fürstenfeldbrucker Landrat und seine Stellvertreterin, Gemeinde- und Kreisräte, Abgeordnete, Bauernverbandsfunktionäre aus drei Landkreisen. Die Erwartungen sind hoch an die erste Zusammenkunft seit Beginn dem Beginn der Corona-Pandemie, die erste Versammlung unter der Regie des neu gewählten Kreisobmanns des Bauernverbands, Matthias Heitmayr, sowie sicherlich auch an Glaubers Rede.

Worthülsen und Allgemeinplätze statt konkreter Aussagen

Die Gäste erleben einen Umweltminister, der zum Thema vor allem Worthülsen und Allgemeinplätze zu bieten hat. Das klingt dann so: Man müsse "Landwirtschaft und Artenschutz an einen Tisch bringen" - zum Artenschutz-Volksbegehren von 2019. "Die müssen wir als Gesellschaft unterstützen" - zu Öko-Landwirten, die "naturnah wirtschaften" und deshalb weniger Ertrag haben. "Die Dinge beim Namen nennen" - zu Fragen von Tierwohl und Fleischverzehr. "Man muss nicht nach Japan fahren zur Obstblüte" - zum Erhalt von Streuobstwiesen in Glaubers oberfränkischer Heimat.

Der bayerische Umweltminister Thorsten Glauber mit Manuela Kreuzmair, Zweite Bürgermeisterin von Germering. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Weiter geht es darum, dass "ein gesunder Boden und eine gesunde Natur die Grundlage für eine gute Ernte" bilden, dass es im Sommer "niedrigste Wasserstände" in Oberfranken gab, nicht aber im Landkreis Fürstenfeldbruck. Das Wort "Klimawandel" fällt nicht, und der Umweltminister sagt auch nichts dazu, was Politik, Gesellschaft und Landwirtschaft aus seiner Sicht tun sollten, um die Erderwärmung und deren Folgen abzumildern.

Saatkrähen sollen wieder abgeschossen werden

Beim Thema Saatkrähen dagegen wird er konkret. Bayern wolle sich auf Initiative der Landtagsabgeordneten Hans Friedl (Freie Wähler) und Benjamin Miskowitsch (CSU) im Bundesrat dafür einsetzen, dass die unter Naturschutz stehenden Tiere wieder abgeschossen werden dürfen. Dafür dankt der Minister - weil man 30000 Euro Schaden durch die Vögel im Landkreis "nicht wegreden kann".

Ausweichend wird Glauber, als es um die Düngeverordnung geht, eine europäische Verordnung zum Schutz des Grundwassers vor Nitrat, die Deutschland seit Jahren nicht umsetzt wie gefordert, weshalb die Europäische Union ein Vertragsverletzungsverfahren androht, mit hohen täglichen Strafzahlungen. Ein hochumstrittenes Thema in der Landwirtschaft. Die Düngeverordnung habe "der bayerische Umweltminister nur bedingt zu verantworten", sagt er unter anderem.

Auf Fragen reagiert der Minister oft ungehalten.

Die Rede wird nicht gut aufgenommen. Im Saal ist häufig lautes Getuschel zu vernehmen, Applaus dafür kaum. Manche Zuhörer schütteln immer wieder den Kopf. In der Fragerunde schonen die Landwirte den Minister nicht. Der reagiert oft ungehalten, fast pampig. Willi Müller, Kartoffelbauer und Schweinemäster aus Malching (Gemeinde Maisach), beklagt die vielen Auflagen, deren Dokumentation die Bauern viel Zeit kostet. Müller müsse schon konkret sagen, was er meint, entgegnet Glauber gereizt.

Vor allem will Müller wissen, was der Umweltminister dazu sagt, dass in der Europäischen Union im Rahmen des "Green Deal" die Tierhaltung vermindert werden soll, um den Ausstoß von Treibhausgasen zu senken. Diese Frage beantwortet Glauber erst bei der dritten, energischen Nachfrage weiterer Landwirte: "Wir werden politisch dagegen kämpfen."

Erneut bleibt der Minister vage

Und zur Frage der Dachauer Bäuerin Wagner zum eigentlichen Thema des Abends? Der Umweltminister bleibt vage, spricht davon, dass die verbleibenden Betriebe mehr Aufgaben bekommen, wenn andere aufgeben, sowie davon, dass einige Höfe eine Zukunft als Energiewirte haben könnten. Zu den Herausforderungen durch den Klimawandel, zum Thema Artenschutz sagt er wieder: nichts.

Ein bisschen Konkretes gibt es dann doch noch. Die Fürstenfeldbrucker Kreisbäuerin, Karin Sepp aus Germering, will dem Minister etwas mitgeben. Viele Bäuerinnen hätten viel Energie in das Projekt "Schule fürs Leben" gesteckt, berichtet sie. Es soll Schülerinnen und Schüler regelmäßig auf Bauernhöfe bringen, damit sie die Landwirtschaft erleben können. Inhalte zur Landwirtschaft müssten in die Lehrpläne aller Schularten aufgenommen werden, fordert Sepp. Glauber verspricht, die Forderung mitzunehmen ins Kultusministerium.

Die Wertschätzung für Lebensmittel soll in den Schulen vermittelt werden.

Gabriele Triebel greift das Thema in ihrem Grußwort auf - die Grußworte erfolgen nach der Rede. Triebel, Landtagsabgeordnete der Grünen, ist Mitglied im Bildungsausschuss. Sie fordert, die Wertschätzung für Lebensmittel in den Schulen zu vermitteln und den Lehrkräften gute Fortbildungen zur Landwirtschaft anzubieten. "Ich hätte gerne jedes Jahr eine Projektwoche, in der die Schulen rausgehen und erleben, was draußen ist." Sie spricht zudem den gigantischen Flächenfraß" in Bayern an, der zu Lasten von Natur und Landwirtschaft gehe.

Die "Achtsamkeit für Ressourcen" ist Landrat Thomas Karmasin (CSU) zufolge gewachsen, ebenso das Verständnis dafür, "dass die Nudeln nicht im Aldi-Regal wachsen". Nun müssten die Verbraucherinnen noch mehr regional einkaufen. Ulrich Bode, Landtagskandidat der FDP, lobt den Bauernverband, die Landwirte-Lobby, dafür, dass er mit der Politik so gut in Kontakt ist. Er prangert die Regulierungen an: "Wenn der Landwirt mehr Zeit am Schreibtisch verbringt als auf dem Feld, ist das eine falsche Entwicklung." Womöglich könne Digitalisierung helfen.

FW-Landtagsabgeordneter Hans Friedl hat den Kontakt zu seinem Parteifreund Thorsten Glauber hergestellt. Er nutzt sein Schlusswort für ein Wahlwerbung -kommendes Jahr ist Landtagswahl - und lobt sich selbst für die Abschaffung der Straßenausbaubeitragssatzung im Jahr 2018. Friedl hat auch schon das nächste Ziel im Auge: die Abschaffung der Erbschaftssteuer.

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