Theater:Unter Einfluss von Castorf

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Intensives Gespräch (von links): Lena Sammüller als Bolette, Katharina Holzey als Hilde und Matthias Weber als Lyngstrand. (Foto: Matthias Döring)

Jakob Roth inszeniert mit dem Theater 5 ein Ibsen-Drama

Von Valentina Finger, Fürstenfeldbruck

Als letzte Produktion unter der Intendanz von Frank Castorf war an der Volksbühne Berlin 2017 "Baumeister Solness" von Henrik Ibsen zu sehen. Es mag Zufall sein, oder aber eine heimliche Hommage an den Berliner Altmeister, dass Jakob Roth, der die letzten zwei Jahre unter Castorf an der Volksbühne Regieassistent war, nun auch mit dem Theater 5 ein Ibsen-Drama inszeniert hat. Für die Theatergruppe, die jedes Jahr während der Sommerpause in den Räumen der Neuen Bühne Bruck auftritt, ist "Die Möglichkeit eines Meeres", eine freie Umarbeitung von Ibsens "Die Frau vom Meer", die erste Zusammenarbeit mit einem Profi-Regisseur. Allerdings ist Roth für die Mitwirkenden kein Fremder. Vor zehn Jahren, ehe es ihn zum Studieren nach Berlin verschlug, wirkte er in den Aufführungen von "Der Räuber Hotzenplotz" und "Kasimir und Karoline" mit. An diesem Freitag hat nun Roths eigene Inszenierung mit dem Theater 5 Premiere in Fürstenfeldbruck.

Der Einfluss von Castorf und anderen Regisseuren wie Christoph Marthaler oder René Pollesch, mit denen Roth an der Volksbühne zusammengearbeitet hat, scheint darin nicht verloren gegangen zu sein. Eine offene und körperlich sehr fordernde Arbeitsweise präge den Stil des Regisseurs, erklärt Matthias Weber, der das Theater 5 seit vielen Jahren leitet und in der neuen Ibsen-Inszenierung den Künstlertyp Lyngstrand spielt. Bereits im Dezember habe man sich für erste Gespräche zusammengesetzt. Bald sei die Wahl auf "Die Frau vom Meer" von 1888 gefallen, aber in einer anderen, eigenen, Variante. "Etwa ein Drittel Ibsen sei in dem Stück noch drin, allerdings vermischt mit Spiel- und Textelementen, die nur assoziativ an das Thema anknüpfen", sagt Weber.

Drei Monate lang wurde der Originaltext im Kollektiv diskutiert. 20 Fassungen hat Roth in dieser Zeit geschrieben. Die finale Version stand schließlich Ende März. Ein bisschen irritiert über die freie Herangehensweise des Regisseurs sei die Gruppe am Anfang durchaus gewesen, sagt Weber: "Dass sich jemand gedanklich so weit vom Original weg- und dann doch wieder hinbewegt, waren wir nicht gewohnt." Der Titel "Die Möglichkeit eines Meeres" sei ursprünglich zwar nur der Arbeitstitel gewesen, fange diesen freien Produktionsprozess aber sehr gut ein, meint er: "Es geht um gedankliche Weite, einen erweiterten Horizont sozusagen, und auch darum, dass das Stück uns eine breite Spielfläche bietet."

In "Die Frau vom Meer" nimmt sich ein Arzt nach dem Tod seiner Frau eine jüngere, die auch die Stiefmutter seiner beiden Teenager-Töchter wird. Im Mittelpunkt steht unter anderem die Frustration der neuen Gattin, die in der Ehe keine Erfüllung findet. Eine ähnliche Geschichte erzählt auch das Theater 5, "aber anders", wie Weber betont: "Es geht um das Ausbrechen aus seinem eigenen kleinen Kreis und um den Wunsch seine Träume zu verwirklichen. Im Grunde haben wir hier das klassische Lebensproblem-Motiv."

"Die Möglichkeit eines Meeres" des Theater 5 an der Neuen Bühne Bruck, Premiere an diesem Freitag, 28. Juni, weitere Aufführungen am 3., 7., 9., 12., 13. und 17. Juli, jeweils um 20 Uhr. Karten unter 0814/6665444.

© SZ vom 27.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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