Theater in Fürstenfeld:Eindeutig Großstadttheater

Die Reihe in Fürstenfeld kann in der nächsten Saison mit Gastspielen von drei wichtigen Berliner Ensembles aufwarten.

Peter Schelling

Kultur ist ein hohes Gut. Sie muss einer Gesellschaft, die nicht immer nur nach materiellen Dingen strebt, sehr viel wert sein. Trotzdem finden sich in vielen politischen Gremien immer wieder Sparkommissare, die bei der Suche nach Einsparpotenzialen zuerst bei der Kultur den Rotstift ansetzen. Diesen Vorwurf kann man der Stadt Fürstenfeldbruck zum Glück nicht machen. Seit sie sich vor zehn Jahren ein schmuckes Veranstaltungsforum mit großer Stadthalle im Kloster Fürstenfeld hingestellt hat, tut sie viel, um ihren Bürgern ein hochwertiges Programm zu bieten.

Rund eine Million Euro schießt die Stadtkasse jährlich für den Kulturbetrieb in Fürstenfeld zu, und das Publikum erweist sich als überaus dankbar. Etwa 300 000 Besucher kommen jedes Jahr zu den Veranstaltungen, große Messen wie die Naturfototage und die Gartentage allerdings mit eingerechnet.

Wir können unser Defizit seit Jahren stabil halten", sagt Norbert Leinweber, der Leiter des Veranstaltungsforums, der auch in seiner Zweiteigenschaft als kühler Rechner keinen Anlass sieht, kostendeckend zu arbeiten. Sein Credo: Kultur in hoher Qualität ist nun einmal nicht zum Nulltarif zu bekommen. Besonders deutlich wird diese Haltung bei der Reihe "Theater Fürstenfeld", die den Fürstenfeldbruckern gleich im ersten Jahr ihres Bestehens spektakuläre Inszenierungen in der Stadthalle beschert hat. Erinnert sei hier nur an die Gastspiele des Hamburger Thalia Theaters, des Staatsschauspiels Dresden, des Schauspiels Frankfurt, des Münchner Metropol-Theaters und der Compagnie Philippe Genty gleich zum Auftakt der Reihe.

Und das Erstaunliche daran: die Fürstenfeldbrucker rannten dem Veranstaltungsforum förmlich die Türen ein, statt der erwarteten 300 Abonnements wurden fast 500 abgesetzt und sämtliche Vorstellungen waren restlos ausverkauft. "Das hat unsere kühnsten Erwartungen bei weitem übertroffen", sagt Norbert Leinweber.

Der sensationelle Erfolg der Fürstenfelder Theaterreihe ist indes unabdingbar mit dem Namen ihres künstlerischen Leiters verbunden. Heiner Brummel, der ehemalige Chef des Stadttheaters in Landsberg am Lech, der in Finning nahe dem Ammersee lebt, kennt die Theaterlandschaft im deutschsprachigen Raum wie kaum ein anderer hierzulande. "Ohne einen so hochkarätig kompetenten Theatermann", sagt Leinweber, "könnten wir das nicht machen".

Brummel selbst ist viel zu uneitel, um sich von solcherlei gut gemeintem Lob geschmeichelt zu fühlen. Ihm geht es um qualitativ hochwertiges Theater - und um sonst nichts. Dabei macht er sich nicht etwa nur auf Einkaufstour, sondern wählt aus - von den Besten nur das Allerbeste. Es gibt im Rahmen der Theaterreihe kein Stück in der Stadthalle, das Brummel nicht selbst schon gesehen hat.

Die neue Theatersaison in Fürstenfeld beginnt zwar erst am 3. Oktober mit dem Staatsschauspiel Stuttgart und Lessings "Emilia Galotti", die beinahe kindliche Vorfreude darauf ist Heiner Brummel aber bereits Monate vorher anzumerken. Am liebsten würde er einem den Inhalt des Stücks und die Art der Inszenierung der Schweizer Regisseurin Barbara David-Brüesch schon jetzt in den schillerndsten Farben schildern. Das gilt selbstverständlich auch für alle anderen Aufführungen, die sich mit gesellschaftspolitisch relevanten Themen wie dem Altwerden, dem sozialen Wandel der Gesellschaft, politischer Macht und menschlichen Intrigen auseinandersetzen.

Gleich drei Bühnen aus Berlin, die seit Jahren zu den renommiertesten der deutschen Theaterlandschaft gehören, hat Brummel für seine zweite Theaterreihe in Fürstenfeld gewinnen können: das Deutsche Theater Berlin mit Maxim Gorkis "Kinder der Sonne", in dem "Schauspiel-Giganten" (Brummel) wie Nina Hoss, Katharina Schüttler und Ulrich Matthes zu sehen sind, das Ballhaus Naunynstraße mit dem postmigrantischen Stück "Verrücktes Blut", in dem die Thesen Thilo Sarrazins und die der linksliberalen Gutmenschen gleichermaßenauf politisch unkorrekte Art ad absurdum geführt werden, sowie das Berliner Ensemble mit "Der Gott des Gemetzels", einer Inszenierung des vor zwei Jahren verstorbenen Regisseurs Jürgen Gosch.

Dazu gibt es noch zeitgenössisches Tanztheater mit der Donlon Dance Company, hinter der sich genau genommen das Ballett des Saarländischen Staatstheaters verbirgt. Ihr "Casa Azul" ist eine tänzerische Hommage an das Leben der mexikanischen Künstlerin Frida Kahlo, die schon zu Lebzeiten eine Legende war. Außergewöhnlich ist auch, was die Familie Flöz mit "Infinita" auf die Bühne zaubert: Maskentheater über das Kindsein und das Altwerden, das auf äußerst zärtliche und poetische Weise mit den Mitteln der Komik arbeitet. Noch sind einige Abonnements zu haben.

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