Theater:Im Strudel der modernen Arbeitswelt

NBB

Herr Krusenstern (Mitte, Alexander Schmidel) versteht die Welt nicht mehr. Was wollen diese neuen Mitarbeiter (Michael Vögele, Kerstin Krefft) nur von ihm?

(Foto: Günther Reger)

Die Neue Bühne Bruck zeigt das Theaterstück "Die Firma dankt" von Lutz Hübner. Es erzählt die Geschichte eines langjährigen Angestellten, der nach einer Betriebsübernahme völlig überfordert ist

Von Helena Schachtschabel, Fürstenfeldbruck

Auf einem überdimensionalen Sofa sitzt Herr Adam Krusenstern, ordentlich gekleidet in Anzug, Hemd und Krawatte, wie es sich eben für einen Abteilungsleiter gehört - denkt er zumindest. Denn Herr Krusenstern ist in einem Albtraum gefangen, in dem nichts mehr so zu sein scheint, wie es einmal war. Nachdem seine Firma übernommen wurde, hat die neue Geschäftsleitung alle leitenden Angestellten entlassen. Alle außer Krusenstern. Der sitzt nun hier, im Gästehaus der Firma, in das man ihn zu einem Entspannungswochenende eingeladen hat. So sitzt Krusenstern also vor dem Publikum der Neuen Bühne Bruck und versteht die Welt nicht mehr.

Statt Anzug und Kostüm tragen die neuen Kollegen pinke Polo-Shirts, grüne Hosen, gestreifte Hemden und bunte Schals. Statt als Frau Goldmann, Herr Mayer und Frau Selo, stellt man sich nun als Ella, Sandor und Susi vor. Und dann schwirren auch noch diese neumodischen Anglizismen durch den Raum: Entschuldigung wird zu "Sorry", der Personalchef ist "just kidding". Es ist die Rede vom "Total Change Management", mit dem man einen neuen "Spirit" schaffen möchte. Und zum Entspannungswochenende sind die Mitarbeiter eingeladen "to have a good time".

Skurril und komisch erzählt das Stück "Die Firma dankt", das am Freitag seine Premiere feierte, von der neuen Arbeitswelt, in der traditionelle Prinzipien wie Leistung, Loyalität und klare Strukturen nicht mehr gefragt sind. Eine schnörkellose Alltagssprache macht es für Jedermann verständlich und zugleich sorgt der unaufdringliche Humor für Vergnügen. Es ist ein rundum gelungenes Stück, das Lutz Hübner da geschrieben hat. Amüsiert und zugleich erschrocken fiebert man mit, als Herr Krusenstern gefangen scheint in seinem Albtraum.

Doch das Werk wäre nicht, was es ist, ohne die herausragenden Schauspieler, die das Drehbuch von Hübner ohne Hilfe eines Regisseurs inszenieren. Die fünf sehr erfahrenen Darsteller waren aus privaten Gründen zeitlich zu unflexibel, um wie üblich fünf Wochen am Stück mit einem Regisseur zu proben und nahmen die Aufgabe des Kritisierens und Korrigierens stattdessen selbst in die Hand. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Sicher und professionell erweckt jeder Einzelne seine Rolle zum Leben, verschmilzt sogar so sehr mit den realitätsnahen Charakteren, so dass man als Zuschauer auch nach dem Applaus das Gefühl hat John, Ella, Susi, Sandor und Krusenstern vor sich stehen zu haben.

Schnell schreitet die Handlung voran. Das minimalistische und beinahe farblose Bühnenbild, bestehend aus einem Sofa und fünf Hockern, lenkt den Fokus auf die Schauspieler. Klar und prägnant sind die Charaktere gezeichnet, jeder Einzelne von ihnen besticht durch seine ganz eigene Persönlichkeit: Der schnöselige Personalchef John (Michael Vögele), die einfühlsame Personaltrainerin Ella (Kerstin Krefft), der innovationsfreudige junge Sandor (Patrick Meier), die fürsorgliche Assistentin Susi (Julia Ströhle) und der verklemmte Krusenstern (Alexander Schmiedel).

19 Jahre hat Herr Krusenstern erfolgreich für die Firma gearbeitet und auf einmal sollen seine Prinzipien falsch sein? "Man sitzt an einem Tisch auf Stühlen, dann macht man sich Notizen und erhält Ergebnisse", versucht er sein Rezept für erfolgreiche Arbeit zu verdeutlichen. Doch die neuen Gesichter halten nichts von seinen altmodischen Ansätzen. Überhaupt wollen sie eigentlich gar nicht wirklich über Arbeit sprechen. "Ich interessiere mich für Sie, für Ihr Leben UND für Ihre Arbeit", erklärt der Hochschulabsolvent Sandor. Plaudern über Privates statt Diskutieren über Firmeninterna, Herumlungern auf der Couch statt Sitzen am Konferenztisch. Mit jedem seiner Vorschläge sind die Kollegen unzufrieden. Und dabei versucht er doch nur alles richtig zu machen.

Die Geschichte ist skurril und dennoch längst Realität. Welche überraschenden Wendungen das Ende zu bieten hat, kann am Freitag, 4. März, von 20 Uhr an in der Neuen Bühne Bruck bestaunt werden.

Weitere Termine: Sonntag, 6. März, 19 Uhr, Samstag, 12. März, Freitag, 18. März, Samstag, 19. März, Freitag, 1. April, jeweils von 20 Uhr an und Sonntag, 3. April, von 19 Uhr an.

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