Teilabriss von Don Bosco:Die Caritas will nicht reden

Trotz des Wegfalls von 80 Altenheimplätzen sieht der Wohlfahrtsverband derzeit keinen Grund für ein Gespräch über die Zukunft der Pflege in Germering. Die Stadtpolitiker zeigen sich enttäuscht

Von Andreas Ostermeier

Altenheim Don Bosco

Zankapfel zwischen Stadt und Caritas: das Altenheim Don Bosco in der Parkstraße.

(Foto: Günther Reger)

Was den Neubau eines Altenheims angeht, liegen die Standpunkte der Stadt Germering und der Caritas weit auseinander. Während die Stadt argumentiert, die Anzahl der pflegebedürftigen Senioren werde in den kommenden eineinhalb Jahrzehnten stark ansteigen, beharrt der katholische Wohlfahrtsverband darauf, ein Neubau in der Parkstraße, in der ein Teil des bisherigen Seniorenheims heuer abgerissen werden soll, rentiere sich nicht. Aus diesem Grund hat die Caritas auch ein schon für Januar vorgesehenes Gespräch mit der Stadt bislang verweigert.

Etwa 80 der bislang mehr als 120 Plätze in dem Altenheim werden durch den Abriss des älteren der beiden Gebäude wegfallen. Rund 45 sollen in dem zweiten Gebäude, das aus den Achtzigerjahren stammt, erhalten bleiben. Die Caritas will die wegfallenden Plätze nicht ersetzen. Sie sagt, dass nach den ihr bekannten Zahlen im Osten des Landkreises momentan 55 Pflegeplätze für Senioren zu viel vorhanden seien. Dabei bezieht sich die Organisation auf das Seniorenpolitische Gesamtkonzept des Landkreises aus dem Jahr 2009.

Bruno Didrichsons, Leiter des Germeringer Sozialamts, hält dagegen. Gehe man davon aus, dass es momentan 55 Plätze zu viel gebe, bedeute ein Abbau von 80 Plätzen bereits jetzt, dass es zu wenig stationäre Plätze gibt. Außerdem hält er die genannten Schätzungen für überholt. Schon jetzt habe Germering so viele Einwohner, wie das Konzept erst für 2019 vorhergesagt hat. Es werde in fünf Jahren "deutlich mehr Einwohner und damit pflegebedürftige Bürger" geben, folgert Didrichsons. Und der Zuzug sowie die Alterung der Bevölkerung werden weitergehen. Für das Jahr 2029 prognostiziert Didrichsons, dass in der Stadt 230 Pflegeplätze für alte Menschen fehlen werden.

Ähnlich wie ihm geht es auch Oberbürgermeister Andreas Haas (CSU). Er könne die "Haltung der Caritas nicht nachvollziehen", sagt er. Nach seinen Worten haben sich bereits zwei Investoren bei der Stadt gemeldet, die bereit wären, Pflegeplätze einzurichten. SPD-Stadträtin Eike Höppner zeigt sich "total enttäuscht" von der Reaktion des Sozialverbandes. Grünen-Stadträtin Barbara Hagmann lästert, das Motto der Caritas sei doch "nah am Nächsten" - und pflegebedürftige Senioren müssten von Germering wegziehen.

Das Germeringer Ersuchen um einen Ersatz für die wegfallenden stationären Pflegeplätze kontert der Wohlfahrtsverband in einem Schreiben an Haas mit dem Hinweis, ambulante Pflege und Wohngruppen seien gefragter als Plätze in Altenheimen. Die Stadt sieht sich hingegen kaum in der Lage, den ambulanten Bereich, also die Pflege zu Hause, noch auszubauen. Dieser Bereich sei bereits "bestens ausgebaut" stellt Didrichsons in den Unterlagen für die Stadträte fest. Ein Ersatz für künftig fehlende Heimplätze sei deshalb auf diese Weise nicht möglich.

Die Caritas lässt sich aber nicht erweichen. Sie argumentiert weiterhin wirtschaftlich. Die Zimmer in einem Neubau seien deutlich teurer, ist dem Schreiben an Haas zu entnehmen, und zwar wegen eines besseren Stellenschlüssels - also mehr Personal - und eines erhöhten Beitrags zur Rückzahlung der Investitionskosten. Etwa 500 Euro pro Monat macht das nach den Ausführungen der Caritas aus. Erhöhte Kosten aber steigerten das Risiko, das Altenheim nicht voll zu bekommen.

Die Standpunkte liegen also weit auseinander. Schon gibt es Stimmen im Stadtrat, die fragen, ob man gegen den Sozialverband nicht juristisch vorgehen könne. Schließlich sei das Gelände, auf dem die Einrichtungen der Caritas stehen, ausdrücklich der Betreuung alter Menschen vorbehalten worden. Auch eine Demonstration kann man sich vorstellen. Haas mahnt allerdings zu Besonnenheit. Schließlich könnten sich die Mitarbeiter der Caritas angegriffen fühlen, und mit deren Arbeit sei die Stadt sehr zufrieden. Doch auch der Oberbürgermeister ist verärgert. Schließlich hat die Caritas die Zusage zu einem Gespräch im Januar nicht eingehalten. Ein Gespräch halte er derzeit nicht für notwendig, richtete der Verband aus. Im Germeringer Rathaus sieht man das anders.

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