Tauschhaus Germering:Von edlen Spendern und unverfrorenen Radlern

Lesezeit: 2 Min.

Offen von früh bis spät: das Tauschhaus in Germering. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Die Einrichtung von Bündnis Zukunft Germering könnte noch mehr Platz gebrauchen, um alle Tausch-Gegenstände unterzubringen. Manche Kunden haben allerdings eine andere Vorstellung von „kostenlos“.

Von Karl-Wilhelm Götte, Germering

„Gerade ging wieder eine Kinder-Spülküche ganz schnell weg“, erzählt Stefanie Pockrandt-Gauderer. „Wir haben einen wahnsinnigen Durchlauf an Gegenständen.“ Das „Tauschhaus“ von Bündnis Zukunft Germering läuft wie geschmiert. Das kostenlose Tauschangebot reicht von Spielsachen über Bücher, Geschirr und Gläsern bis zu kleinen oder mittleren Haushalts- und Elektrogeräten. „Auch einen Staubsauger, Stühle und einen Holztisch gab es zuletzt“, sagt Pockrandt-Gauderer. Mit neun anderen Patinnen und Paten kümmert sie sich um das Tauschhaus, das zwischen Spielplatz und den S-Bahngleisen an der Nordseite des Harthauser Bahnhofs steht.

Die Macher vom Bündnis Zukunft freuen sich, dass das Tauschen funktioniert, aber auch vor Problemen ist die Initiative, die es seit April dieses Jahres gibt, nicht gefeit. Ganz ärgerlich werden die Betreiber, wenn ein Sprinter-Transporter vorfährt und sämtliche Waren einpackt, um sie gewinnbringend weiterzuverkaufen. „Der ist regelmäßig gekommen, wenn niemand von uns da war“, berichtet Pockrandt-Gauderer, die als Natur- und Umweltpädagogin tätig ist.

Stefanie Pockrandt-Gauderer (links) und Ramona Blättner kümmern sich um die Tauschgegenstände im Container. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Das Problem ist, dass das Tauschhaus jeden Tag geöffnet und nicht immer betreut oder bewacht werden kann. Die Öffnungszeiten sind laut dem Aushang so festgelegt: „Es wird in der Früh geöffnet, sobald es hell wird, und nachts geschlossen“, also wenn es dunkel wird. Ideal wäre es, wenn das Tauschen ohne Bewachung klappen würde, also die Menschen, denen dieser Vertrauensvorschuss gegeben wird, ihn auch würdigen. Das tun sie meistens, aber auch nicht immer. Manchmal wird auch ein harmlos aussehender Fahrradfahrer erwischt, der alles auf sein Fahrrad packt, was geht.

Germering
:Antwort auf die Wegwerfgesellschaft

Die Gründung des Germeringer Zeittauschvereins vor fast 20 Jahren sollte ein Akt politischen Widerstands sein. Seine Mitglieder tauschen auch heute noch Dienstleistungen untereinander und verzichten dabei völlig auf Geld

Von Julia Kiemer

Das Tauschhaus ist schnell voll und selten leer. Es knüpft an die Verschenkemärkte an, die zuletzt immer in den Gemeindesälen der Germeringer Kirchen stattfanden. Es geht den Betreibern um so etwas wie Kreislaufwirtschaft. Also keinen Müll produzieren, sondern die Sachen, die noch gut sind und andere Menschen erfreuen können, vorbeibringen und nicht hundert Meter weiter beim Germeringer Wertstoffhof einfach entsorgen.

Tauschen ist jedoch nicht zwingend. Wenn jemand nichts bringt, kann er trotzdem etwas mitnehmen, was er benötigt. Der Container ist von beiden Seiten fachgerecht bemalt worden. Grund- und Mittelschulkinder haben als Wettbewerbssieger auf der Bahnseite „Tauschhaus“ und auf der anderen Seite „Der beste Tausch deines Lebens“ geschrieben.

„Es kommen alle Menschen vorbei“, erzählt Pockrandt-Gauderer und freut sich über die sehr positive Resonanz. Gerade sei sie dort gewesen, es seien in zwei Stunden 20 Leute vorbeigekommen. Manchmal sei es auch ein richtiger Treffpunkt zum Ratschen. Auch würden manche Tauschmenschen auch schon mal den Container von sich aus aufräumen. Die Patinnen und Paten würden sich aber auch über weitere verbindliche Verstärkung bei der Betreuung der Aktion freuen.

Die Betreiber träumen schon von einem zweiten Container, um das Angebot auszuweiten. Die Sache ist nicht ganz einfach, weil sowohl die Stadt Germering als Eigentümerin des Grundstücks zustimmen muss, aber auch die Landeshauptstadt München, auf deren Grund das Tauschhaus steht, gefragt werden will. Doch ehe es mit dem zweiten Container klappt, müssen die Regeln beim ersten eingehalten werden.

So sollte, wenn das Haus geschlossen ist, nichts vor die Tür gestellt werden. Neulich stand morgens eine alte Küche mit Einbauschränken vor der Tür. „Damit können wir nichts anfangen, weil so etwas nicht in den Container reinpasst“, so Pockrandt-Gauderer. Sie vermutet, dass die zum Wertstoffhof gebracht werden sollte, der jedoch geschlossen war. Auch wünschen sich die Patinnen und Paten, dass Rowdies nicht mehr Gläser aus dem Tauschhaus holen und beim nahen Spielplatz dann kaputt schlagen und die Scherben dort herumliegen.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusGericht
:Stadträtin wegen Untreue verurteilt

Die Germeringer Kommunalpolitikerin Stefanie Lehenmeier hat nach Überzeugung des Amtsgerichts vom Konto eines über 80-Jährigen unberechtigterweise mehr als 14 000 Euro abgehoben.

Von Andreas Ostermeier

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: