Tarifstreit bei Coca Cola:Eisgekühlt

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Die Tarifverhandlungen zwischen Gewerkschaft und Getränkekonzern Coca-Cola sind wie festgefroren. 200 Beschäftigte signalisieren am Donnerstag vor dem Werk in Fürstenfeldbruck ihre Streikbereitschaft

Stefan Salger

Warnstreik vor dem Werkstor. Mitarbeiter von Coca Cola in Fürstenfeldbruck traten am Donnerstagmorgen in den Ausstand. (Foto: Günther Reger)

Immerhin ist es nicht ganz so kalt wie letztens. Das kleine Grüppchen der Männer, das am Donnerstagmorgen in leuchtend gelben Westen vor Coca-Cola an der Industriestraße steht, beweist fast so etwas wie Galgenhumor. Es ist der zweite Warnstreik in diesem Jahr. Und gegen 9 Uhr, fünf Stunden nach beginn des Ausstands, hat es zwei Grad. Vor gut einem Monat standen sie schon mal hier. Da waren die Temperaturen unter die Nullgradgrenze gefallen und sie hatten sich richtig kalte Füße geholt.

Ähnlich frostig verlaufen sind bislang die Verhandlungen über den Haustarifvertrag. Es geht um sechs Prozent mehr Lohn und die Rücknahme der geplanten Entlassungen im Verwaltungsbereich - in Fürstenfeldbruck könnte es 30 Mitarbeiter treffen. Coca-Cola hat dieses Jahr 2,5 Prozent mehr Lohn und im kommenden Jahr weitere zwei Prozent angeboten und signalisiert Gesprächsbereitschaft bei Altersteilzeit, Vorruhestand sowie Ausbildungsvergütung. Die zurückliegenden sechs Verhandlungsrunden blieben ergebnislos, die Tarifparteien verharrten auf ihren Positionen. Wie eingefroren, erstarrt, buchstäblich eisgekühlt erscheint das alles. "Die verarschen uns doch", schimpft ein Mitglied des Streikpostens, der die Stellung hält, während die meisten im "Streiklokal", dem Alten Wirt in Emmering, ausharren bis zum Ende des Warnstreiks um 12 Uhr. "Da wird wohl nicht mehr viel passieren", prophezeit ein anderer düster. "Aber wenn die sich nicht bewegen, dann bewegen wir uns auch nicht mehr." Coca-Cola werde damit diesmal nicht davonkommen: "Dann gibt es eben eine Urabstimmung und dann wird richtig gestreikt." Jan Cromme, Sekretär der zuständigen Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten (NGG) setzt noch auf die Wirkung der Warnstreiks am Mittwoch und Donnerstag in allen bayerischen Niederlassungen.

Für den Arbeitgeber kam der erneute Warnstreik offenbar sehr überraschend. Man sei enttäuscht, sagt Coca-Cola-Sprecher Geert Harzmann am Donnerstag, dass die Belegschaft nicht zumindest die für den 7. und 8. März anberaumte nächste Gesprächsrunde abgewartet habe. Denn auch ohne entscheidenden Durchbruch habe man sich in einzelnen Punkten doch zumindest angenähert, so Harzmann.

Gestreikt werden darf formal nur für Forderungen wie der nach mehr Geld in der Lohntüte. Aber dem stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden aus Fürstenfeldbruck, Johann Sauer, ist die Sicherung von Arbeitsplätzen genauso wichtig. Und die vom Arbeitgeber verlangte umfassende Flexibilisierung der Arbeitszeit geht ihm deutlich zu weit. Deshalb hat die NGG ein Gesamtpaket geschnürt, über das nun verhandelt wird. Im Alten Wirt drängen sich derweil die Mitarbeiter in Warnwesten mit dem Schriftzug "Wir streiken" in der Gaststube und im großen Saal. Es gibt Wiener Würstchen. "Die Streikbereitschaft ist gut", sagt Betriebsratsvorsitzender Hans Hörmann. Der Betriebsleitung bescheinigt er, sich immerhin neutral zu verhalten und den Warnstreik auch nicht zu hintertreiben. Am Rande sitzt, im Anzug, Bayerns DGB-Chef Matthias Jena. Ähnlich wie zuvor SPD-Landtagsabgeordnete Kathrin Sonnenholzner stärkt er den Beschäftigten den Rücken: "Bei Coca-Cola sprudeln die Milliardengewinne und die Beschäftigten bekommen ein Angebot vorgesetzt, das abgestanden und ungenießbar ist." Im letzten Quartal 2012 seien 1,87 Milliarden Dollar Gewinn eingefahren worden, 13 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Berechtigterweise fordere da die Belegschaft einen Anteil. Der Konzern verlange stattdessen umfassende Flexibilisierung, zeige sich selbst bei Verhandlungen über Beschäftigungssicherung aber unflexibel.

In der bayerischen Hauptniederlassung von Coca-Cola in Fürstenfeldbruck sind rund 580 Mitarbeiter für die Versorgung des Großraums München sowie Augsburgs zuständig. Von hier aus werden täglich mehr als eine Million Flaschen auf den Weg gebracht, gefüllt mit verschiedenen Varianten der koffeinhaltigen Brause sowie Fruchtlimonade und Wasser. 2012 wurden gut 23 Millionen Kisten verteilt.

© SZ vom 01.03.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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