Tarifreform:Saftige Preiserhöhung beim MVV

Pendler, Schüler und Azubis müssen bei Zeitkarten mit einem Aufschlag von teils mehr als 80 Prozent rechnen, warnt Grünen-Abgeordneter Martin Runge. Betroffen seien nur drei Promille der Fahrgäste, sagt Landrat Thomas Karmasin

Von Peter Bierl, Fürstenfeldbruck

Die MVV-Tarifreform bringe Fahrgästen im Umland immense Preiserhöhungen, kritisiert der Landtagsabgeordnete und Kreisrat Martin Runge (Grüne). Zeitkarten für Pendler, Schüler und Azubis würden um mehr als 80 Prozent teuerer. Die Reform sei "gründlich misslungen", sagte Runge. Die Landräte hätten sich "von der Stadt München und dem Freistaat über den Tisch ziehen lassen". Er hat im Kreistag beantragt, die Tarifreform am Donnerstag abzulehnen. Landrat Thomas Karmasin (CSU) bestätigte die Berechnungen von Runge, hielt aber dagegen, es seien nur wenige betroffen.

Die Gesellschafter des MVV haben sich nach jahrelangen Verhandlungen geeinigt, das Tarifsystem zu ändern: Das Gesamtgebiet wird in sieben Zonen statt bisher sechzehn Ringe und Zonen aufgeteilt, damit es übersichtlicher wird. Ein Vorteil ist, dass Städte und Siedlungsgebiete im Landkreis nicht mehr zerteilt werden, sondern jeweils als eine Zone gelten, so dass die Fahrt mit dem Bus zum Bahnhof inklusive ist. Dass einige Strecken im Landkreis günstiger und Busfahrten attraktiver werden, lobt auch Runge als positiv.

Aber für Pendler aus den großen Kommunen nahe München wird es teurer, weil das Stadtgebiet nicht mehr in vier Ringe aufgeteilt wird, sondern aus einem Innenraum besteht. Dort gilt eine günstige Flatrate, die aber teurer ist als die aktuellen Preise für einzelne Ringe. Pendler an der Stadtgrenze, die nicht durch den kompletten Münchner Innenraum fahren, müssen mehr bezahlen, hatte bereits der Fahrgastverband Pro Bahn kritisiert.

Nach Angaben des Gröbenzeller Politikers kostet eine Wochenkarte von Germering, Gröbenzell oder Puchheim nach Pasing bisher 15,40 Euro für zwei Ringe. Nach dem neuen Tarifsystem würde die Strecke aus dem Münchner Innenraum und einer Zone bestehen (M plus 1), der Preis läge bei 28,70 Euro, das ist eine Steigerung von 86 Prozent. Die Monatskarte kostet derzeit 55,20 Euro und in Zukunft 89,90 Euro, macht einen Aufschlag von 63 Prozent.

Ziemlich "heftig" findet Runge auch die Preissteigerung für Pendler, die von Bruck, Esting oder Gernlinden nach Pasing oder von Olching oder Eichenau nach Laim fahren müssen. Auf diesen Abschnitten würde der aktuelle Zeitkarten-Tarif für vier Ringe durch den Tarif M plus 2 ersetzt. Die Wochenkarte würde um 72 Prozent (38 statt 22,10 Euro), die Monatskarte um 50 Prozent (118,90 statt 79,10 Euro) teurer, sagt Runge.

"Es gibt Verlierer mit krassen Steigerungen, die hat Runge richtig rausgefischt", räumt der Landrat ein. Aber das seien sehr wenige. Karmasin bezieht sich auf eine Befragung des MVV, wonach gerade mal drei Promille aller Fahrgäste aus stadtnahen Kommunen in die Peripherie des Innenraumes fahren, also Zeitkarten für die aktuellen Ringe 4 und 5 oder 4, 5 und 6 kaufen. Das wären bei etwa 800 000 Fahrgästen im Jahr mehr als 2600 Personen in allen Landkreisen rund um München.

Bei Einzel- und Streifenkarten für Fahrten aus stadtnahen Kommunen nach München fürchtet Runge massive Preissprünge. Statt dem XXL-Ticket für 8,90 Euro müsse man acht Streifen für 11,20 Euro entwerten. Karmasin verteidigte die Abschaffung der XXL-Karte, weil diese Tarifsprünge überbrücken sollte, die die Tarifreform beseitige. Dass Tageskarten in die Münchner Innenstadt teurer werden und zwar teilweise drastisch, um zehn Prozent und mehr an neun von 18 Bahnhöfen des Landkreises, ging bereits aus einer Aufstellung aus dem Landratsamt, hervor.

Für junge Leute bis 21 Jahren bringt die MVV-Tarifreform nur noch 40 Prozent Ermäßigung, bisher sind es 50 Prozent nach dem U-21-Tarif, kritisiert Runge. Bei Wochenkarten im Ausbildungstarif I (bis 14 Jahre) steigen die Preise von Germering, Gröbenzell und Puchheim nach Pasing um 87 Prozent (10,80 auf 20,20 Euro) und um 63 Prozent (38,60 auf 62,90 Euro) bei Monatskarten. Im Ausbildungstarif II ab 15 Jahren müssen Eltern, deren Kinder von Fürstenfeldbruck, Esting oder Gernlinden nach Pasing oder von Olching oder Eichenau nach Laim fahren müssen, bei Wochenkarten 72 Prozent (16,60 auf 28,60 Euro) und bei Monatskarten 50 Prozent (59,30 auf 89,20 Euro) mehr berappen.

Happig ist der Zuschlag für die Isarcard 9 Uhr, deren Preis für das Gesamtnetz von 80,90 auf bis zu 104,90 Euro steigt. Auch am Sozialticket lässt Runge kein gutes Haar weil es sich um eine Zeitkarte handelt. Für Arme wäre ein Sozialticket für 50 Euro immer noch eine zu große Ausgabe auf einen Schlag. Besser wäre, der MVV würde gerade dieser Klientel günstige Tages- und Streifenkarten anbieten. "Sicher wäre eine Sozial-Streifenkarte schön, aber die MVV-Tarifreform ist ein mühevoller Kompromiss und Extremfälle gibt es immer", sagte Landrat Karmasin.

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