SZ-Talentiade 2019:Schwebend zum Erfolg

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Marisa Wiethölter hat schon mehrere bayerische Meistertitel geholt. Auch am Balken, ihrem Lieblingsgerät. Dann musste die 15-jährige Turnerin pausieren

Von Karl-Wilhelm Götte, Alling

Bei der jungen Turnerin Marisa Wiethölter ist lange alles nach Plan gelaufen. Doch dann musste die 15-Jährige eine Zwangspause einlegen. Die Turnerin vom TSV Unterpfaffenofen-Germering hatte im vorigen Jahr großartige Erfolge bei den bayerischen Meisterschaften: Sie gewann in der U15 die Meisterschaftstitel am Sprung, Balken und am Boden. Doch im November 2018 wurde eine komplizierte Operation am rechten Ellenbogen nötig, die Wiethölter vier Monate außer Gefecht setzte. Der Operateur musste Knorpel aus dem Knie entnehmen und am Ellenbogen einsetzen. So war nicht nur der Arm betroffen, Wiethölter musste auch an Krücken gehen. Das Knie heilte zudem erst viel später als der Arm. "Da war der Gedanke da, vielleicht mit dem Turnen aufzuhören", erzählt Marisa Wiethölter bei der Sportlerehrung der Stadt Germering.

Doch bald war er wieder verschwunden. Zu sehr hat das Turnen das Leben der jungen Frau geprägt. Schon mit sechs Jahren gehörte sie zu den besten Turnerinnen, erturnte sich schon damals den oberbayerischen Meistertitel. Seit drei Monaten trainiert die Gymnasiastin wieder viermal pro Woche und holt turnerisch auf. "Ich bin noch nicht wieder ganz auf dem vorherigen Niveau, aber das kommt schon", sagt sie.

Wiethölter muss Schule und Leistungssport unter einen Hut bringen. Das G8 mit Nachmittagsunterricht führt häufig zu organisatorischen Problemen. Sie besucht die zehnte Klasse des Carl-Spitzweg-Gymnasiums in Germering. Dreimal in der Woche hat sie Unterricht bis 15 Uhr. Dann muss alles schnell gehen, damit sie pünktlich um 17 Uhr in München beim Training ist. Dazu muss die Allingerin in die Zentrale Hochschulsportanlage (ZHS) oder ins Landesleistungszentrum des Bayerischen Turnverbandes (BTV) nach München-Sendling fahren oder gefahren werden. "Es gibt eine Fahrgemeinschaft, aber auch meine Mutter oder meine große Schwester fahren mich zum Training", sagt sie. Dienstags wird es zeitlich sehr knapp, dann fährt sie direkt von der Schule zum Training. Dort wartet Trainerin Claudia Grote auf sie. Die Trainingsbedingungen sind optimal. So gibt es für das Stufenbarrenturnen eine Schaumstoffgrube unter dem Barren, um die schwierigen Übungs- und Flugteile zu trainieren und Verletzungen zu vermeiden. Ebenso ist eine Schnitzelgrube beim Sprung vorhanden. Auch unter dem Schwebebalken ist so eine Schaumstoffpolsterung vorhanden. Der nur 13 Zentimeter breite Balken ist für viele Turnerinnen ein Zittergerät. Doch er schreckt Marisa Wiethölter nicht. Im Gegenteil: "Das ist mein Lieblingsgerät, auf dem Balken fühle ich mich sicher." Das habe sich so über die Jahre hinweg entwickel. "Ich habe dort die Übungsteile schnell gelernt und mich bei Wettkämpfen immer gut gefühlt." Abgestiegen sei sie selten. Auch nicht beim Spreizsalto, dem freien Rad oder dem Salto rückwärts. Auch die schwierigen Flugteile am Barren, zum Beispiel den Jägersalto, klappen wieder. Am Sprung turnt sie den sogenannten "Jurtschenko" - mit spektakulärer Radwendeplus Flickflack vor dem Absprung, ehe der Salto rückwärts mit oder ohne Schraubendrehung folgt. "Ich bin wieder frohen Mutes", sagt die Turnerin. Die meisten Übungsteile klappen nach Verletzungspause wieder. Das schafft Selbstbewusstsein.

"Sie ist sehr zielstrebig und ehrgeizig", bestätigt Trainerin Claudia Grote, die die Allingerin seit elf Jahren betreut. "Schon als Kind wollte sie immer nur turnen, man musste quasi sie aus der Halle werfen." Marisa sei nach der Pause glücklich, wieder turnen zu können. Man habe zusammen einen Plan für das nächste halbe Jahr gemacht. Im Dezember soll eine Frauenmannschaft des TSV Unterpfaffenhofen-Germering stehen, die sich bei einem Wettkampf für die Regionalliga qualifizieren will. Die Aussichten sind gut. Marisa Wiethölter hat mit dem Turnteam Schwaben/Saar zwei Jahre lang Erfahrung in der dritten Turnliga sammeln können.

Mit der Talentiade 2019 prämiert die Süddeutsche Zeitung zum zehnten Mal Leistung und Engagement von Sporttalenten (bis Jahrgang 2000) aus München und der Region sowie die Nachwuchsarbeit ihrer Vereine. Vergeben werden unter anderem neun Förderpreise à 1500 Euro. Bewerbungen und Vorschläge bis 18. Juni unter sz.de/talentiade2019

© SZ vom 15.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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