SZ-Serie zur Kommunalwahl, Folge 3:Ehrenamtlich kaum zu schaffen

Zunehmende Aufgaben, wachsende Gemeinden: Die Anzahl der Bürgermeister, die neben dem Beruf noch ein Rathaus leiten, geht beständig zurück. Auch in Althegnenberg und Egenhofen werden im März hauptamtliche Chefs gewählt

Von Manfred Amann, Fürstenfeldbruck

Nach den Kommunalwahlen im März werden in Egenhofen und Althegnenberg erstmals hauptamtliche Bürgermeister die Entwicklung der Gemeinden steuern. Damit reduziert sich die Zahl der ehrenamtlichen Gemeindechefs im Landkreis auf neun. Von den vier Städten und sieben Gemeinden mit eigener Verwaltung wird dann nur noch Türkenfeld ehrenamtlich geführt. Doch auch dort wurde schon über eine Umwandlung diskutiert. Althegnenberg ist die erste der sieben kleineren Gemeinden im westlichen Landkreis in der Verwaltungsgemeinschaft (VG) Mammendorf, die wie Mammendorf einen Berufsbürgermeister beschäftigen wird. Schöngeising und Kottgeisering sind Mitglieder der VG Grafrath, die vom hauptberuflichen Bürgermeister Markus Kennerknecht geleitet wird. Beide Kommunen halten an ehrenamtlichen Rathauschefs fest.

Bürgermeister

Paul Dosch

(Foto: Privat/oh)

Für eine Vielzahl von Kommunalpolitikern ist der zunehmende Umstieg vom Ehren- in ein Hauptamt eine logische Folge, weil eine gute Amtsführung in Teilzeit neben dem Beruf nicht mehr zu schaffen ist. Gemäß der Bayerischen Gemeindeordnung sollen Gemeinden bis zu 5000 Einwohner ehrenamtlich geführt werden. Der jeweilige Gemeinderat kann aber auch anderes bestimmen. So wurde zum Beispiel in Alling 2008 umgestellt und in Grafrath vor sechs Jahren. Die Einwohnerzahl beider Gemeinden liegt derzeit knapp unter 4000. Die Besoldung ist für Berufsbürgermeister an den Beamtentarif gebunden und richtet sich nach der Einwohnerzahl, wird aber vom Gemeinderat festgelegt. Für Kommunen unter 5000 Einwohnern kommen in der Regel die Besoldungsgruppen A 13 bis A 16 in Frage. Durchschnittlich bekommt der Bürgermeister einer Gemeinde mit weniger als 4000 Einwohnern 7500 Euro brutto im Monat.

Bürgermeister

Josef Nefele

(Foto: privat/oh)

Ehrenamtliche Bürgermeister hingegen erhalten lediglich eine Entschädigung für die Amtsführung. Die Entschädigungssummen bewegen sich in der Regel zwischen 1500 und 5000 Euro monatlich und sind von der Einwohnerzahl abhängig. Sowohl haupt- als auch ehrenamtliche Gemeindechefs erhalten zusätzlich für "durch das Amt bedingte Mehraufwendungen in der Lebensführung" eine Dienstaufwandsentschädigung, die ausgehandelt wird.

Die deutlichen Unterschiede in der Bezahlung sind laut dem Egenhofener Bürgermeister Josef Nefele auch der Grund, warum Gemeinden an der Ehrenamtsregelung festhalten. "Kleine Kommunen, wie Schöngeising mit knapp 2000 Einwohnern, können sich einen beruflichen Gemeindechef schlichtweg nicht leisten", sagt Thomas Totzauer, der sich als Polizist zeitweilig vom Beruf freistellen lassen kann. Dass es für ehrenamtliche Bürgermeister keine Altersbegrenzung gibt, während man mit 67 Jahren nicht mehr hauptamtlicher Bürgermeister werden kann, hält Totzauer für einen Vorteil, der insbesondere kleineren Kommunen zugutekommt, weil zum Beispiel Ruheständler das Amt übernehmen können.

Bürgermeister

Auch Michael Raith, Bürgermeister aus Adelshofen, kandidiert im März nicht mehr. Sein Nachfolger kann nicht mit einem Bürgermeister-Einkommen rechnen. Die Gemeinde setzt aus finanziellen Gründen weiter auf einen ehrenamtlichen Rathauschef.

(Foto: Gemeinden)

Wie Nefele hält Totzauer die Gemeindeordnung mit Blick auf Baden-Württemberg für "völlig überholt". Im Nachbarbundesland haben nur Kommunen mit bis zu 500 Einwohnern einen ehrenamtlichen Ortsvorsteher. Bei 500 bis 2000 Einwohnern darf der Gemeinderat entscheiden. Für über 2000 Einwohner ist ein hauptamtlicher Gemeindechef verpflichtend. "Diese Festlegung bei entsprechend guter Bezahlung wäre auch bei uns sinnvoll", sagt Nefele. Die Festlegung in der Gemeindeordnung geht auf die Gebietsreform zurück, die nach langwierigen Verhandlungen am 1. Mai 1978 abgeschlossen wurde. Damals wurde die Zahl der Kommunen im Landkreis Fürstenfeldbruck um mehr als die Hälfte von 52 auf 23 reduziert. Viele Politiker in den Dörfern, die ihre Verwaltungsselbstständigkeit verloren, beklagten damals den Verlust an Identität und Gestaltungsmöglichkeiten. Heute, gut vier Jahrzehnte danach, würden sie wohl anders darüber denken, denn die Aufgaben, die Vorschriften, die Verwaltungsabläufe und die rechtlichen Anforderungen an das Amt des Bürgermeisters haben seither enorm zugenommen.

Vor der Umsetzung der Reform prägte noch das Bild von einem ehrenamtlichen Landbürgermeister die Situation, dessen Wohnzimmer auch die Kanzlei war und das Gasthaus der Ort, von wo aus er schaltete und waltete. Im Landkreis hatten bis dahin die meisten Orte einen ehrenamtlichen Bürgermeister, mehr als die Hälfte der Dörfer hatte weniger als 1000 Einwohner und ein Viertel sogar weniger als 500. Wie Nefele erzählt, der nach 24 Jahren als ehrenamtlicher Gemeindechef abtritt, hat er die Umwandlung in Egenhofen befürwortet. Als er seinerzeit begonnen habe, seien in der Gemeinde vier Mitarbeiter beschäftigt gewesen, heute sind es 22, und die Einwohnerzahl sei mittlerweile von 2000 auf 3600 gestiegen. Stärker als früher sei er heute in Schul-, Wasser- oder Abwasserverbände eingebunden, es werde mehr gebaut und man müsse alle Vorhaben persönlich begleiten. Zudem würden Bürokratie, Rechtsgrundlagen und Vorschriften immer umfassender. "Egal was anfällt, was Bürger einbringen oder bemängeln, der Gemeindechef muss sich um alles kümmern", sagt Nefele. Und weil man per Computer und Smartphone auch nachts und an Sonntagen Anfragen mit Anspruch auf schnelle Antworten an den Bürgermeister richten könne, sei dieser nahezu sieben Tage die Woche zwölf und mehr Stunden täglich gefordert. Für ihn sei dies nur machbar gewesen, weil er sich als beruflich Selbstständiger die Zeit habe einteilen können. In Egenhofen komme erschwerend hinzu, dass sich die Gemeinde aus 25 Dörfern und Weilern zusammensetzt, so Nefele.

Die Zunahme der Anforderungen in allen Bereichen bestätigt auch Bürgermeister Michael Raith aus Egenhofen. "Es ist alles viel schwieriger und aufwendiger als noch vor 20 Jahren", sagt er. Da ihn sein Arbeitgeber für das Ehrenamt tageweise freigestellt habe, habe er die Belastung schultern können. Der Hauptort, Nassenhausen und Luttenwang hätten zum Beispiel eigene Feuerwehren und eigene Vorstellungen zur Ortsentwicklung, wie sich in der arbeitsintensiven Dorferneuerung gezeigt habe. Als große Entlastung empfindet Raith die Arbeit der Fachkräfte in der VG Mammendorf. Müsste man als Ehrenamtlicher auch noch eine Verwaltung leiten, wäre vieles aus Belastungsgründen nicht möglich. Egal wer sein Nachfolger wird, Adelshofen wolle schon aus finanziellen Gründen weiterhin mit einem Bürgermeister im Nebenberuf zurechtkommen. Anders wurde beim VG-Mitglied Althegnenberg entschieden, obwohl die Verwaltungsarbeit in Mammendorf erledigt wird. Wie Paul Dosch in den sechs Jahren seiner Amtszeit erleben konnte, ist die "60-Stunden-Woche und darüber schon fast die Regel, wenn man dem Amt gerecht werden will". Als Ruheständler habe er die Anforderung meistern können, nebenberuflich sei eine vernünftige Amtsführung unmöglich. Man müsse die Führung einer Gemeinde als Dienstleistung für die Bürger betrachten. Außerdem könnten bei quasi dauerhafter Erreichbarkeit des Bürgermeisters Verwaltungsangelegenheiten oft sofort, auf jeden Fall schneller erledigt werden.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: