SZ-Serie:  Im Märzen der Bauer, Folge 5:Blick in die Zukunft

Auf den Christbaumfeldern sieht es traurig aus, weil die Hagelwalze vom Pfingstmontag vielen jungen Tannen die Spitzen zerstört hat. Derweil schmiedet Bauer Georg Huber Pläne. Er möchte ein Gehege für Rothirsche aufbauen und holt sich dazu Tipps in Brandenburg.

Von Ingrid Hügenell, Puchheim

Georg Huber hat einen Plan, der ihm viel Freude macht. Der Umsetzung ist er im Juli einen guten Schritt näher gekommen. Der 44 Jahre alte Landwirt möchte auf seiner Fläche nahe der Bundesstraße 2, auf der im Winter gerne Wildschweine wühlen, Rothirsche halten. Im kommenden Frühjahr sollen fünf Hirschkühe und ein Hirsch einziehen. Später könnten bis zu 45 Tiere dort leben. Deshalb ist Huber am zweiten Juli-Wochenende bis nach Brandenburg gefahren, ins Gut Hirschaue. Der Öko-Betrieb züchtet und hält neben Rotwild unter anderem auch Damwild und Mufflons, die Wildschafe. Huber will von den Erfahrungen profitieren und dort auch die Tiere erwerben, die nach Puchheim umziehen sollen. Nach der Rückkehr ist er hellauf begeistert von dem Betrieb und der Sachkunde des Leiters, der nach Puchheim kommen will, um Huber dort zu beraten.

Allerdings ist das Wildgehege noch nicht genehmigt. Die 9,5 Hektar große Fläche liegt im neu festgelegten Überschwemmungsgebiet, ein Graben und der Holzbach laufen hindurch. Das ist einerseits gut, denn so hätte die Herde eine natürliche Wasserversorgung. Andererseits braucht der Landwirt deshalb von zwei Stellen Genehmigungen für sein Vorhaben: von der Unteren Naturschutzbehörde und vom Wasserwirtschaftsamt. Der nötige Zaun darf bei Hochwasser den Abfluss nicht behindern und die Naturschutzbehörde schreibt vor, dass alle vorhandenen Gehölze und auch die Schilffläche durch einen Zaun vor den Hirschen geschützt werden müssen. Huber hat Pläne gezeichnet und eingereicht, auch von einer Furt, die er im Bach anlegen will, damit das Wild trinken kann. Zudem brauchen die Tiere einen Unterstand, den sie aber wahrscheinlich nicht nutzen werden. Ein befestigter Platz sei aber für die Fütterung im Winter ohnehin recht nützlich, sagt Huber. Nachweisen muss der Landwirt auch, dass er über die nötige Sachkunde zur Wildtierhaltung verfügt, die nötigen Schulungen habe er bereits absolviert. "Das Fleisch ist gesucht, besonders aus ökologischer Tierhaltung", weiß Huber. Die im Frühling geborenen Tiere sollen im November geschossen werden. Auch das darf Huber, der den Jagdschein hat, selbst tun. Zerlegt und verarbeitet werden sie in einem zertifizierten Betrieb in der Nähe, so entfallen lange Transportwege.

Die Bäume und Sträucher müssen eingezäunt werden, weil die Hirsche sie sonst "aufarbeiten" würden, wie Huber sagt. Für die männlichen Tiere müssen Baumwipfel vorhanden sein, damit sie den Bast vom Geweih fegen können. Dieses wird jedes Jahr im späten Winter abgeworfen und wächst innerhalb von etwa 140 Tagen wieder nach. Solange die neuen Knochen-Stangen wachsen, werden sie von einer gut durchbluteten Hautschicht versorgt, dem Bast. Ist das Geweih fertig, stirbt die Basthaut ab, und der Hirsch will sie loswerden. Dazu reibt und scheuert er sein Geweih an Stämmen, Zweigen oder Ästen. "Ich kann mir vorstellen, dass das schön und toll wird", sagt Huber über das Wildgehege. "Und der Bua hat an dem a Freud." Der 16-jährige Xaver will den Hof übernehmen und beginnt im September zunächst eine Metzgerlehre.

Georg Huber

Shropshire-Schafe sollen den Bewuchs unter den Tannen kurz halten, die Bäume selbst fressen sie nicht.

(Foto: Günther Reger)

Keine Freude machen Huber seine Christbäume. Auf 1,7 Hektar wachsen ungefähr 10 000 Tannen heran, auf vier Feldern in vier Altersklassen. Nur etwa die Hälfte davon sei irgendwann verwertbar, sagt Huber - also schön genug, um zu Weihnachten geschmückt in einem Wohnzimmer zu stehen. "Bei 50 Prozent bin ich schon gut", sagt Huber. Späte Fröste gefährden die jungen Triebe, die in jedem Frühjahr sprießen, und dann haben die Tannen später Lücken, und vielleicht nur drei statt sechs Seitentriebe, oder sie wachsen einseitig. Untaugliche Bäume enden ganz unfeierlich als Hackschnitzel. Wenn es ganz schlimm kommt, muss Huber eine ganze Fläche roden, so wie heuer im Januar. Sie ist momentan leer und muss neu bepflanzt werden. Darauf laufen acht Shropshire-Schafe herum und knabbern am jungen Grün. Eigentlich sollen sie den Unterwuchs bei den siebenjährigen Bäumen abfressen, aber die jungen Pflänzchen schmecken ihnen besser als das alte Gras.

Die Hagelwalze am Pfingstmontag hat auch die Christbäume schwer getroffen. "30 Prozent der Terminaltriebe sind weg", sagt Huber und zeigt die Schäden an den siebenjährigen Bäumen. Viele haben keine Spitze, und bei Nadelbäumen wächst die auch nicht nach. Außerdem sind viele Seitentriebe abgeschlagen, rot und vertrocknet hängen sie herab. Bäume, die nicht schön seien, seien aber nahezu unverkäuflich, weiß Huber aus Erfahrung. Selbst die Kunden, die bewusst ökologisch einkauften, wollten meist perfekte Ware. Versichern könne man Christbäume nicht. Er werde aber auch heuer im Advent an den Freitagen und am Wochenende Bäume ab Hof verkaufen, versichert Huber. Denn er hat es gern, wenn sich auf dem Hof etwas rührt, es gibt beim Verkauf Feuerstellen, Glühwein und viele Gespräche. Überhaupt sei die ganze Sache eher eine Liebhaberei, "ein Spleen. Keine Ahnung, ob es sich rechnet", sagt der Bauer.

Dann geht es zu den Feldern. Eigentlich, sagt Huber, schaue er sich gerne an, wie alles wächst, prüft, wie weit das Getreide, die Futtererbsen, die Sojabohnen sind. Diesen Juli ist das anders. "Ich bin froh, wenn's rum ist, wenn ich mir das nicht mehr anschauen muss", sagt er und schimpft während der Fahrt leise: "Scheiße", "Katastrophe". Was vom Getreide nach dem Hagel noch steht, ist so gut wie erntereif. Aber bei der Wintertriticale sind viele Ähren taub und von Schwärzepilzen befallen, was die Qualität mindert. Beim Hafer und der Sommertriticale stehen zwischen gelben, fast reifen Halmen kürzere grüne, also unreife. Dort haben die vom Hagel getroffenen Pflanzen einen zweiten Halm nachgeschoben, "Nachschuss" heißt das. Die unterschiedlichen Reifegrade machen eine vernünftige Ernte praktisch unmöglich. Mäht man, solange der Nachschuss grün ist, muss die Ernte in der Trocknungsanlage behandelt werden, weil die unreifen Körner feucht sind und sonst alles schimmeln würde. Wartet man, bis die grünen Halme auch reif sind, sind die ersten Körner vertrocknet. So oder so gebe es große Einbußen, erklärt Huber.

Georg Huber

Georg Huber zeigt einen jungen Baum, dessen Spitze vom Hagel abgeschlagen wurde.

(Foto: Günther Reger)

Auf den Sojafeldern sind die Bohnenpflanzen zwar nachgewachsen, aber es sind viel weniger als die ursprünglichen 55 bis 60 pro Quadratmeter: Nur etwa 15, an manchen Stellen etwas mehr, an anderen weniger. Außerdem sind sie zu klein, weil sie nach dem Hagel noch einmal von vorn anfangen mussten. Die ersten setzen schon Blüten an. Es ist aber unwahrscheinlich, dass die Bohnen rechtzeitig vor dem Herbst ausreifen. Immerhin hat die Impfung mit den Knöllchenbakterien gut funktioniert, was sich zeigt, als Huber eine Pflanze aus der Erde zieht. An den Wurzeln hängen die winzigen Knollen, in denen die Pflanzen mithilfe der Bakterien der Stickstoff aus der Luft binden. Wenigstens die Stickstoffanreicherung des Bodens funktioniert also.

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