Süddeutsche Zeitung

SZ-Serie: Bodenschätze, Folge 21:Verlorene Münze am Wegesrand

Der einzige vor- und frühzeitliche Fund im Ortsgebiet von Gröbenzell stammt von den Römern

Von Florian J. Haamann, Gröbenzell

Überall im Brucker Land sind unter der Erde Schätze verborgen, die viel über die Entwicklung des Landkreises und der menschlichen Zivilisation erzählen. Mit seiner weit über die Landkreisgrenzen hinaus bekannten archäologischen Abteilung schafft es der Historische Verein, dass diese Schätze geborgen, erforscht und erhalten werden. In einer großen Ausstellung präsentiert der Verein nun in jeder Kommune mindestens ein für den Ort bedeutendes Fundstück. In einer SZ-Serie werden alle Ausstellungsstücke einzeln vorgestellt.

Nur ein einziger Fund aus der Vor- und Frühgeschichte konnte bisher auf dem Gebiet von Gröbenzell entdeckt werden. Für die Archäologen ist das aber kein Wunder. Rund um Gröbenzell gibt es nur Torfmoor, das in früheren Jahrhunderten für die Landwirtschaft völlig ungeeignet war. Auch größere Straßen wurden damals um die Moore herum gebaut. Wahrscheinlich ist lediglich, dass es eine oder mehrere kleine Verbindungsstraßen gab, die über Gröbenzeller Flur verlaufen sind. Möglicherweise auch dort, wo die Archäologen 2002 fündig geworden sind. Beim Abriss des alten Böhmerhofs an der Olchinger Straße wurde damals unter den Grundmauern eine römische Münze gefunden. Das Gut lag auf einer sandigen Erhebung des Moores. Deshalb spekulieren die Forscher, ob es möglicherweise ein Wanderer war, der dort Rast gemacht hat und dem die Münze dabei aus der Tasche gefallen ist.

Bei der Münze handelt es sich um einen römischen Sesterz mit dem Bild der Kaiserin Faustina der Älteren. Geprägt wurden diese Münzen nach ihrem Tod ab 141 nach Christus. Die Faustina-Münzen gehören zu den am häufigsten gefundenen römischen Münzen mit Abbildern von Mitgliedern der Kaiserfamilie. Auf der Vorderseite ist eine nach rechts gerichtete Büste der Kaiserin mit einem Diadem und hochgesteckter Frisur zu sehen. Auffällig ist, dass sie wesentlich älter wirkt als die 35 Jahre, mit denen sie verstorben ist. Dabei handelt es sich wohl um eine altersgemäße Anpassung an ihren fast 20 Jahre älteren Ehemann, des Kaisers Antoninus Pius. Auf der Rückseite ist die Göttin Juno stehend mit einem Zepter abgebildet.

Die in Gröbenzell gefundene Münze ist stark abgegriffen. Sie ging also offensichtlich durch viele Hände, bevor sie dann an ihrem Fundort verloren worden ist. Wann genau das war, lässt sich heute nicht mehr sagen. Gerade in den Provinzen waren Münzen auch noch viele Jahre und Jahrzehnte nach dem Tod des Kaisers, der sie einmal hatte prägen lassen, im Umlauf.

Die dargestellte Faustina galt zu Lebzeiten als extravagant und modebewusst, gleichzeitig aber als sozial engagiert. Sie starb unerwartet im Jahr 140, dem dritten Regierungsjahr ihres Mannes. Dieser ließ Faustina "unter die Götter" erheben und hat ihr einen Bau an der Via Sacra in Rom gewidmet. Beerdigt wurde sie im Grab des Adoptivvaters des Kaisers, dem ebenfalls vergöttlichten Kaiser Hadrian. Aus diesem Mausoleum wurde später die Engelsburg.

Ausstellung "Bodenschätze" des Historischen Vereins, bis 27. September. Die römische Münze ist zu sehen in der Sparkasse Gröbenzell, Kirchenstraße 11. Geöffnet montags bis donnerstags von 9.30 bis 12.30 Uhr. Zusätzlich Montag und Dienstag von 14 bis 16 Uhr, Donnerstag von 14 bis 19 Uhr und Freitag von 8.30 bis 15 Uhr. Alle Ausstellungsorte finden sich im Internet unter www.historischer-verein-ffb.de. Erschienen ist zudem ein lesenswerter Katalog. Ab dem 2. September sind alle Exponate gemeinsam im Landratsamt zu sehen. Der Historische Verein bietet kostenlose einstündige Führungen für Gruppen von fünf bis 20 Personen. Anfragen per Mail an Fahrten@hvf-ffb.de

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Quelle:
SZ vom 22.08.2019
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