SZ-Serie, Arbeiten in Corona-Zeiten, Folge 3:Die Hebebühne bleibt am Boden

SZ-Serie, Arbeiten in Corona-Zeiten, Folge 3: Noch gibt es ein paar Aufträge, die Patrick Geng abarbeiten kann. Aber er fürchtet, seine Mitarbeiter bald in Kurzarbeit schicken zu müssen.

Noch gibt es ein paar Aufträge, die Patrick Geng abarbeiten kann. Aber er fürchtet, seine Mitarbeiter bald in Kurzarbeit schicken zu müssen.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Die Autowerkstatt von Patrick Geng ist seit Jahren meistens ausgebucht. Nun brechen die Aufträge dramatisch ein

Von Karl-Wilhelm Götte, Puchheim

Dass das Auto hierzulande als systemrelevant betrachtet wird, ist keine Überraschung. So ist auch die Kfz-Werkstatt von Patrick Geng an der Augsburger Straße in Puchheim-Ort geöffnet. Direkten Kontakt vor Ort möchte er nicht, aber am Telefon hört man im Hintergrund die Hebebühne hoch- und runterfahren. In Gengs Werkstatt geht es seit Jahren Schlag auf Schlag - der Terminkalender zeigt häufig wochenlang kaum eine Lücke. Das ist in der Corona-Krise anders geworden. "Etwas Geschäft haben wir noch", sagt Geng, aber der Rückgang sei enorm. Gerade jetzt könnte nahezu jeder Kunde umgehend mit einer Autoreparatur rechnen. Auch alle Ersatzteile seien verfügbar. Aber Geng treibt der Gedanke um, Kurzarbeit für seine Beschäftigten anzumelden.

Doch erst einmal galt es den Ablauf unter den Corona-Bedingungen zu organisieren. Das hat dann Büromitarbeiterin Monja Perner in die Hand genommen. Seit Montag dieser Woche hängt ein Zettel für die Kunden an ihrer Tür. "Bitte einzeln hereintreten", steht da als verbindliche Aufforderung drauf. "Daran halten die sich", bekräftigt Perner. Das kleine Büro, in dem die Kunden üblicherweise ihre Aufträge erteilen und die Rechnung bezahlen, misst kaum acht Quadratmeter. "Da stehen sonst manchmal fünf, sechs Leute drin: drei Kunden, zwei Mechaniker und ich", erzählt Perner, die seit 17 Jahren dort arbeitet. Jetzt ist alles anders.

"So wenig Kundenkontakt wie möglich ist die Devise", sagt ihr Chef Patrick Geng. Er hat das jahrzehntelang eingeführte Geschäft erst vor gut einem Jahr von seinem Vater Ralf Geng und dessen Kompagnon Uli Pölzl übernommen. Sein Vater hatte im vergangenen Jahr großes Pech, als eine Halle mit Oldtimern abbrannte, jetzt trifft es den Sohn mit seiner Kfz-Werkstatt. "Um etwa 40 Prozent ist das Geschäft eingebrochen", schätzt Patrick Geng. Auch die Stammkunden hätten Angst zu kommen. Um diese Zeit beginnen jedes Jahr die Tage und Wochen, an denen die Räder von Winter- auf Sommereisen gewechselt werden. "Damit kommen nur wenige", sagt der Kfz-Meister. Viele Kunden hätten ihre Sommerreifen bei ihm eingelagert. "Die müssen wir dann bald mal anrufen, was wird", so Geng.

In der laufenden Woche sind noch einige Reparaturen abzuarbeiten gewesen. "In der nächsten Woche hat Geng nur wenige Kunden im Terminbuch stehen. Repariert wird in Puchheim-Ort jede Automarke, das ist die Spezialität dieser Werkstatt und die Kunden wissen das Preis-Leistungs-Verhältnis sehr zu schätzen. "Wir bekommen auch noch alle Ersatzteile", berichtet Büromitarbeiterin Perner. Nur die Reparaturnachfrage geht steil nach unten. "Das Auto spielt bei den Menschen offenbar momentan keine Rolle", macht sich Geng einen Reim auf die Reparaturflaute. Wie lange er seine fünf Mitarbeiter noch beschäftigen kann, weiß er nicht. "Wir räumen jetzt viel in der Werkstatt auf", erzählt der Chef. "Doch damit ist kein Geld verdient."

Alle Teile der SZ-Serie "Arbeiten in Corona-Zeiten"

Die Kfz-Innung München-Oberbayern betreut rund 2000 Mitgliedsbetriebe, wie Pressesprecher Christoph Wenzel mitteilt. "Wir beraten in praktischen Fragen zur Hygiene ebenso wie zum Arbeitsrecht und Kurzarbeit", sagt Wenzel, der auch für den Landesinnungsverband spricht. Es gelte grundsätzlich die Allgemeinverfügung des Freistaats Bayern. Demnach sind Kfz-Werkstätten als systemrelevant eingestuft und können daher öffnen. "Sie müssen nicht geschlossen werden", so der Innungssprecher. "Damit tragen die Kfz-Werkstätten ebenso wie die Tankstellen dazu bei, dass die notwendige Mobilität in Bayern gewährleistet bleibt." Er weist daraufhin, dass die Gesundheit aller Beteiligten oberste Priorität habe. Wenzel nachdrücklich: "Deshalb sind Sozialkontakte so weit wie möglich zu vermeiden - beruflich wie privat."

Monja Perner hat auf die Einhaltung der Abstände der Menschen in ihrem Büro einen konzentrierten Blick. Aus ihrem Karibikurlaub vor einiger Zeit hatte sie sich 15 kleine Flaschen Desinfektionsmittel mitgebracht. "Erst habe ich gedacht, was willst du denn damit, jetzt kann ich sie gut gebrauchen", sagt sie und desinfiziert die Bürotheke wieder einmal. Der Kundenkontakt läuft möglichst nur über den Briefkasten an der Tür, der bisher außerhalb der Öffnungszeiten benutzt wurde. Dort schreiben die Kunden auf einen Zettel, was repariert werden soll und legen Autoschlüssel und Kfz-Schein dazu. Die Bezahlung soll möglichst bargeldlos mit Karte erfolgen. Das klappt auch. Kleinere Beträge kassiert Perner auch schon mal in bar. Wenn das Geschäft weiterhin nach unten geht, ist für Werkstattinhaber Geng Kurzarbeit für seine Mitarbeiter möglicherweise unausweichlich. "Das zeichnet sich ab", sagt er dann doch. "Ich kann sie ja auch nicht in den Urlaub schicken. Wo sollen sie denn hinfahren im Urlaub?"

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