SZ-Serie: Arbeiten in Corona Zeiten, Folge 21:Der kontaktlose Pizzabote

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Der Student Lukas Peschke ist froh, dass er Menschen mit Essen versorgen kann - und dass er noch einen Job hat um sein WG-Zimmer bezahlen zu können

Von Maximilian Neumair, Maisach

Die Restaurants und Bars haben geschlossen, doch Lieferdienste versorgen Hungrige mit Essen. Lukas Peschke, 24, ist einer der Essenslieferanten, der auch während der Corona-Pandemie Menschen Pizza und Fingerfood bringt. Der Student arbeitet bei einem Maisacher Pizzadienst. Er studiert internationales Wirtschaftsingenieurwesen an der Hochschule für angewandte Wissenschaften in Augsburg. Angesichts der aktuellen Lage ist er erleichtert, weiter arbeiten zu können, um die Miete für sein Zimmer in einer WG in Gröbenzell bezahlen zu können. Sein typischer Arbeitstag beginne entweder um 11 Uhr vormittags oder 16.30 Uhr nachmittags, berichtet er. "Vormittags bereiten wir alles vor. Wir machen den Teig, schneiden Schinken und Salami, bereiten Fingerfood und Salat vor", sagt Peschke. Ab nachmittags werde nur noch ausgeliefert. "Wir haben dafür mehr Einweghandschuhe." Denn das viele Händewaschen und Desinfizieren gehe auf Dauer sehr auf die Haut. Angst oder Unsicherheit gebe es nicht im Team, sagt Peschke. "Wir halten untereinander Abstand, so gut es geht." Außerdem trage inzwischen jeder eine Mund-Nasen-Maske, die stündlich gewechselt werde. Auf kleinem Raum großen Abstand zu halten, sei jedoch schwierig. Deshalb teile sich das Team in der Vormittagsschicht auf. Eine Gruppe arbeite von 8 bis 11 Uhr, die andere von 11 bis 14 Uhr. Die wenigen Leute, die dann noch parallel da seien, verteilten sich auf den Raum ziemlich gut. Die Hygienemaßnahmen wurden weiter verschärft. Es gebe ein extra Händewaschbecken, die Arbeitsmaterialien würden in regelmäßigen Abständen desinfiziert. Als Anleitung für richtiges Händewaschen und Desinfizieren hängen Piktogramme aus.

Wenn eine Bestellung hereinkomme, bereite man alles frisch zu. "Die Pizzen werden vom Ofen direkt in den Karton geladen", sagt Peschke. Dass aktuell nur noch mit Kartons geliefert werde, liege am Ausnahmezustand. Normalerweise liefert der Pizzadienst mit Transportöfen. Die halten das Essen während der Lieferung richtig warm. Da die Öfen wieder mitgenommen werden, kommt der Lieferer in die Wohnung, um die Pizza auszuladen. Das geht momentan natürlich nicht. "Wir vermeiden Kontakt so gut es geht", sagt Peschke.

Lukas Peschke fährt gerne Pizzen aus, eigentlich mit Mundschutz. Angst vor einer Ansteckung hat der Student nicht. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Deshalb klingele der Pizzabote und gehe dann einige Schritte zurück, um Abstand zu halten. Manche Kunden kommen Peschke entgegen, etwa wenn sie in mehrstöckigen Häusern wohnen, um so den Kontakt für den Lieferanten zu minimieren. Die Kunden verhielten sich körperlich distanzierter, seien aber freundlich und verständnisvoll, sagt der junge Mann.

Viele Leute seien auf kontaktlose Zahlungswege umgestiegen wie Paypal oder EC-Karte. Kunden, die bar bezahlen, aber den Kontakt dabei minimieren wollten, übergäben das Geld in einem Briefumschlag. Das finde besonders Anwendung bei Leuten, die sich in Quarantäne befinden. Diese Menschen mit Essen versorgen zu können, mache ihn besonders stolz, sagt Peschke. "Der Briefumschlag kommt in eine extra Tüte. Jeder Fahrer hat separat sein Geld bei sich. Am Ende wird das Quarantäne-Geld zusammengetragen und desinfiziert", erklärt er. Bei der Bestellung erkundigten sich die Kunden, wann die Pizza ungefähr geliefert werde. Viele bäten auch um einen kurzen Anruf unmittelbar vor der Lieferung. "Die Leute legen den Briefumschlag dann vor die Türe." Was das Trinkgeld betreffe, gebe es durch die vielen Onlinezahlungen einen Rückgang. Andere Kunden gäben dafür mehr Trinkgeld. "Wir freuen uns natürlich, wenn ein bis zwei Euro neben dem Umschlag liegen", sagt Peschke.

Nach jeder Fahrt werden die Einweghandschuhe weggeworfen, die Hände desinfiziert und die Einwegmasken gewechselt. Angst vor einer Infektion habe er nicht, sagt Peschke, obwohl er mit so vielen Leuten in Kontakt komme. "Ich gehöre nicht zur Risikogruppe", sagt er. Jedoch fürchtet er, unbemerkt andere Menschen zu infizieren. Besonders sein WG-Mitbewohner habe Sorge, sich bei ihm anzustecken, sagt Peschke. Deshalb halten er und sein Mitbewohner auch innerhalb des Haushalts konsequent voneinander Abstand. So gibt es für jeden auch spezielle Badezimmerzeiten, sagt der Pizzalieferant.

Für eine einfache Fahrt zum Kunden benötigt er ungefähr 10 bis 15 Minuten. Auf den Straßen sei zwar weniger los, aber im ländlichen Bereich wirke sich das nicht sonderlich aus. Besonders vormittags haben sich die Bestellungen erhöht. "Viele Leute sind im Home Office und können die Kantine nicht mehr nutzen", sagt Peschke. Nachmittags haben sich die Bestellungen hingegen reduziert, und auch abends haben sie leicht abgenommen. Er erklärt sich das damit, dass die Leute mehr Zeit haben, um selbst zu kochen. Bei einer Spätschicht gehe der Arbeitstag bis 23 Uhr. Um 22.45 Uhr werde die letzte Bestellung angenommen. Bis die zubereitet und ausgeliefert sei, könne es auch schon mal 23.30 Uhr werden.

Neben der Auslieferung besteht auch die Möglichkeit, sich Essen zu holen. Im Lokal weisen Hinweisschilder auf den nötigen Abstand hin. Zum Schutz der Kunden und Mitarbeiter gibt es außerdem eine Plexiglaswand als Spuckschutz, die den Kassenbereich abschirmt.

© SZ vom 22.04.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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