SZ-Serie: Älter werden - alt sein, Teil 6:Schwacher Trost

Kurzzeitpflege

Die Angehörigen für eine kurze Zeit gut versorgt zu wissen, kann allein schon für viele pflegende Kinder oder Enkel eine Entlastung bedeuten. Nur muss dazu erst einmal ein Platz für einige Tage oder die Zeit des Jahresurlaub gefunden werden.

(Foto: Sebastian Kahnert/dpa)

Pflegende Angehörige tun sich im Landkreis schwer, einen Kurzzeitpflegeplatz zu bekommen. Die Heime bieten nur sogenannte eingestreute Plätze an, die immer nur kurzfristig und deshalb nicht planbar sind. Die Nachfrage übersteigt das geringe Angebot bei Weitem

Von Erich C. Setzwein, Fürstenfeldbruck

Manchmal reichen kleine Zeitspannen nicht aus. Neun Jahre sind für pflegenden Angehörigen eine lange Zeit, für die Politik ist es ein Abschnitt mit anderthalb oder zwei Amtsperioden. In diesen neun Jahren, so lange gibt es das seniorenpolitische Gesamtkonzept des Landkreises schon, hat sich die Situation der Kurzzeitpflegeplätze in den 16 unter der Heimaufsicht stehenden Einrichtungen kaum merklich verändert. Das erleben nicht nur Angehörige, die für ein paar Wochen von der anstrengenden Arbeit der Pflege von Mutter, Vater oder Kind pausieren wollen, das ist auch an den Zahlenkolonnen der Pflegeplatzbörse des Landkreises zu sehen. Obwohl ständig aktuell gehalten, scheint es kaum offene Plätze zu geben. Dabei sollten nach politischer Vorgabe die festen Kurzzeitpflegeplätze ausgebaut, sowie Pflegeplätze im beschützenden Bereich geschaffen werden.

"Es kommt selten vor, dass wir einen Kurzzeitpflegplatz anbieten können", sagt Jürgen Stegmann, der Leiter der BRK-Einrichtung im Fürstenfeldbrucker Stadtteil Buchenau und des Seniorenwohnens in Olching. Das Bayerische Rote Kreuz als Heimbetreiber hält keine festen Plätze vor, sondern nur die sogenannten "eingestreuten". Die gibt es nur, wenn ein Pflegeplatz frei wird und bis zur Wiederbelegung eine gewisse Zeit nicht benötigt wird.

Doch wann und wo ein Platz für wenige Tage oder Wochen frei ist, ist oft nur zufällig zu erfahren. "Die Leute fragen halt nach", berichtet Stegmann aus dem Alltag, aber in den meisten Fällen müsse er ihnen sagen, dass sie es woanders probieren sollten. Wartelisten gibt es ebenso wenig wie mittel- oder langfristige Angebote.

Dass diese eingestreuten Plätze von den Verfassern des seniorenpolitischen Gesamtkonzepts kritisch gesehen werden, verwundert kaum angesichts der Unkalkulierbarkeit solcher Plätze. Stegmann sagt, es stünden auch wirtschaftliche Gründe entgegen. Gerade in kleineren Häusern wie dem in Olching, wo es nur 60 Plätze gebe, müsste für feste Kurzzeitpflegeplätze extra Personal vorgehalten werden. Für eingestreute Plätze dagegen sei das Personal vorhanden.

Am Geld kann es eigentlich nicht liegen, denn die Pflegekassen bezahlen die Kurzzeitpflege. Maximal 1620 Euro beträgt der Gesamtbetrag, den die Pflegekasse pro Jahr für Pflegebedürftige der Pflegegrade zwei bis fünf bezahlt, wenn sie eine vollstationäre Kurzzeitpflege benötigen. Das ist zum Beispiel immer dann der Fall, wenn die Pflegepersonen wegen Krankheit oder Urlaub verhindert sind und Ersatz nicht zur Verfügung steht. Eingeschlossen sind nur die Pflegeleistungen, Unterkunft und Verpflegung muss der Pflegebedürftige selbst tragen. Insgesamt bis 28 Tage beträgt der Anspruch auf Kurzzeitpflege für jedes Kalenderjahr.

Erfahrungen mit eingestreuten Kurzzeitpflegplätzen haben die Mitarbeiter des Senioren-Zentrums Maria-Magdalena in Germering. Es gehört zur Vitalis-Gruppe, deren Sprecherin Susanne Klein von bereits 14 "Kurzzeitpflegegästen" in diesem Jahr berichte. Im vergangenen Jahr seien es 50 Menschen gewesen, die kurzzeitig aufgenommen worden seien. Insgesamt wohnen 105 Menschen im Germeringer Heim. Klein sagt, es gebe keine feste Zahl an Pflegeplätzen, die Zahl schwanke, je nach dem wie viele Pflegeapartments frei seien. "In der Regel nutzen unsere Kurzzeitpflegegäste die maximal mögliche Aufenthaltsdauer aus. Das orientiert sich am aktuellen Pflegegrad, beispielsweise 26 Tage im Pflegegrad drei." Oft sei es aber so, dass die Kurzzeitpflege eine Art Vorstufe sei und die aus den Gästen Bewohner mit einem vollstationären Dauerpflegeplatz würden. Die Nachfrage nach Kurzzeitpflegeplätzen, bestätigt auch Klein die Tendenz, sei "in der Regel hoch". Die Erfahrung würde nicht nur in Germering, sondern auch in anderen Häusern der Gruppe gemacht. In den bayerischen Einrichtungen von Vitalis werden 650 Menschen versorgt, bundesweit sind es mit Baden-Württemberg, Sachsen, Thüringen, Hessen, Saarland und Rheinland-Pfalz 2700 Bewohner.

Kurzzeitpflegegäste werden, so auch die Regel im Germeringer Seniorenheim von Vitalis, über die Sozialdienste der Krankenhäuser vermittelt. "Erfreulicherweise haben wir auch Wiederkehrer, die bei Urlaub der pflegenden Angehörigen zu uns in die Einrichtung kommen - sofern der Urlaub kurzfristig geplant werden kann." Die Unternehmenssprecherin sieht schon auch die Problematik, dass eingestreute Kurzzeitpflegeplätze gerade für pflegende Angehörige, die langfristig einen Urlaub oder eine Erholungsphase planen, kaum dienlich sind. "Unsere Belegung in der Kurzzeitpflege ist tatsächlich kurzfristig planbar. Wenn es bei uns zur Kurzzeitpflege kommt, dann meist aus dem Grund, dass die Menschen nach einem Krankenhausaufenthalt zunächst nicht in die häusliche Umgebung zurück können."

Auch Bettina Miethe, die Leiterin des Curanum Germering, berichtet von solchen Konstellationen. Von den 230 Bewohnern seien 157 in stationärer Pflege, die Zahl der Kurzzeitpflegeplätze sei nicht fest, sondern eingestreut und daher nicht langfristig planbar. "Es sind sehr viele Anfragen, aber ich muss die Angehörigen vertrösten", sagt die Einrichtungsleiterin. Es sei auch eher selten, dass im Curanum ein Kurzzeitpflegeplatz vergeben werden könne. Bettina Miethe stellt fest, was Angehörige auch immer feststellen: "Die Nachfrage ist größer als das Angebot."Da hilft es auch nichts, dass es neben der Kurzzeitpflege auch die sogenannte Verhinderungspflege gibt, die in etwa die gleichen Bedingungen hat und für den Fall gilt, dass pflegende Angehörige kurzfristig wegen Krankheit ausfallen. Als Alternativen werden die mobilen Pflegedienste der Nachbarschaftshilfen oder der Sozialdienste genannt.

Die Kurzzeit- und Verhinderungspflege im Landkreis Fürstenfeldbruck ist im Landratsamt bei der Seniorenfachberatung angesiedelt. Ansprechpartnerin ist Kathi Probst unter der Rufnummer 08141/519-427 (Zimmer B 009). Dort erhalten pflegende Angehörige eine Broschüre mit den wichtigsten Tipps sowie Adressen der Heime. Das sind nach momentanem Stand das BRK-Seniorenwohnen Buchenau, die Curanum-Seniorenresidenz Germering , das Caritas Alten- und Pflegheim Sankt Anton in Gröbenzell, das Seniorenwohnheim Jesenwang, Casa Reha in Oberschweinbach, das Laurentiusheim sowie das Seniorenwohnen Olching.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: