SZ-Benefizkonzert:Stimmungsmusik

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Beim Benefizkonzert der Süddeutschen Zeitung zeigt Rudi Zapf mit seiner Band Zapf'nstreich, warum er seit Jahrzehnten erfolgreich ist. Und auch an diesem Abend sind die Zuschauer begeistert

Von Florian J. Haamann, Puchheim

Zwei Wohltaten versprach Christian Hufnagel, Redaktionsleiter der Süddeutschen Zeitung Fürstenfeldbruck, den Besuchern zu Beginn des Abends: Eine gute Tat, da das Geld für die Eintrittskarten zu 100 Prozent an Bedürftige geht, und eine musikalische Weltreise, nicht nur in die Alpenländer. Und Rudi Zapf und seinen drei Musiker von Zapf'nstreich gaben sich am Donnerstagabend von der ersten Minute an alle Mühe, das zweite Versprechen einzulösen. Sehr zur Freude der rund 170 Besucher des Benefizkonzertes zu Gunsten des "Adventskalender für gute Werke der Süddeutschen Zeitung". Sie dankten es immer wieder mit lautem Zwischenapplaus.

Mit einer "brasilianischen Polka" eröffneten die Musiker das Konzert. "In Brasilien sagen die dazu halt Samba", klärte Zapf sodann auf. "Ich muss Sie gleich komplett enttäuschen", so der Hackbrettvirtuose weiter, "es wird überhaupt keine bayerische Volksmusik geben. Früher gab es das schon. Ich kann es. Naja, vielleicht spielen wir extra für Puchheim ein oder zwei Zwiefache." Seine Abneigung gegen die bayerische Volksmusik machte er den ganzen Abend über immer wieder deutlich. Zwar spielte er noch vor der Pause den angekündigten Zwiefachen "Suserl", doch schon nach wenigen Takten wechselten die Musiker zu Paul Desmonds "Take 5". Auch später tauchten heimatliche Klänge immer wieder nur in persiflierter Form auf.

Dass Zapf und seine drei Musiker dafür umso mehr Leidenschaft für internationale Klänge - von Kuba über Kasachstan nach Mexiko - haben, wurde von Titel zu Titel deutlicher. So auch bei einer mexikanischen, wie sollte es anders sein, Polka. Zapf entlockte, begleitet von Gitarre, Bass und Klarinette, seinem Hackbrett solch mexikanisch klingende Töne, dass man das Gefühl hatte, gleich tut sich der Samtvorhang des Puchheimer Kulturzentrums auf, und es erscheint ein staubiger Platz in Mexiko City, und mitten in der Menschenmasse stehen Zapf und seine drei doch eher hellhäutigen Musiker mit Sombreros und werden von den Menschen gefeiert, als würden sie seit 40 Jahren nichts anderes tun, als auf diesem Platz mexikanische Lieder zu spielen.

In vielen Orten im Landkreis dagegen engagieren sich die Menschen für den SZ-Adventskalender, wie Christian Krügel, Ressortleiter München, Region, Bayern der Süddeutschen Zeitung, deutlich machte: "In Fürstenfeldbruck etwa haben Grundschüler Semmeln verkauft und Kindergartenkinder auf ihre Süßigkeiten verzichtet, um Geld für den guten Zweck zu sammeln." 20 000 Leser haben im vergangenen Jahr insgesamt 5,2 Millionen Euro gespendet. Geld, das eins zu eins an Bedürftige auch im Landkreis ging.

Ausgelassen diskutieren die Besucher in der Pause über virtuose Hackbrettkünste und launige Melodien aus aller Welt. (Foto: Günther Reger)

Nach der Pause bewiesen die vier Künstler dann, dass sie nicht nur verdammt gut unterhalten können, sondern auch genauso hervorragende Musiker sind. In einer der berüchtigten Zapf'nstreich-Impro-Nummern spielten Hugo Siegmeth mit der Bassklarinette, Harry Scharf am Bass, Andreas Seifinger an der Gitarre und Zapf an Hackbrett so virtuos miteinander, dass sie damit jeden Jazzclub hätten beehren können. Wenn Rudi Zapf nun noch singen würde - am besten über die schöne Heimat, den bösen Kapitalismus und korrupte Politiker - hätte Hubert von Goisern schon längst die Koffer packen können. Bei Zapf'nstreich klingt alles so kosmopolitisch und gleichzeitig bayerisch, dass Goiserns Melodien dagegen wie verstaubte Alm-Balladen wirken. Dazu noch die markante Optik Zapfs mit der vorne offenen Langhaar-Tonsur und einer Bühnenshow irgendwo zwischen zerstreutem Professor und zappelndem Kind.

An Anekdoten wurde auch im zweiten Teil des Konzert nicht gesparrt. Etwa als Zapf kurz nach der Pause sein Instrument zum zweiten Mal stimmte: Da blickte Gitarrist Seifinger mit reglosem Ausdruck ins Publikum und rang sich ein trockenes "Stimmungsmusik" ab. Stimmungsmusik hätte aber auch das Thema des Abends sein können. Kaum ein Wort beschreibt besser, was Zapf und Co machen. Keine Weltmusik, keine Volksmusik, nein, einfach nur Musik, die Leidenschaft vermittelt und unwiderstehlich gute Laune macht. Das Publikum hatte soviel Spaß, dass es sich drei Zugaben erklatschte.

© SZ vom 08.11.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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