SZ-Adventskalender:Wenn Geldsorgen das Mittagessen bedrohen

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Elisabeth Leser (stehend), Lehrerin an der Pestalozzi-Schule, ist jeden Tag gemeinsam mit ihren Schülern zu Mittag. (Foto: Carmen Voxbrunner)

An der Pestalozzi-Schule in Fürstenfeldbruck gehört eine warme Mahlzeit in der Gemeinschaft zum pädagogischen Konzept. Immer wieder passiert es aber, dass Eltern die Gebühren nicht bezahlen. Das bringt Lehrer und Schulleitung in eine Zwickmühle.

Von Florian J. Hamann

Ein warmes, ausgewogenes Mittagessen für alle Kinder gehört an der Pestalozzi-Schule, ein sonderpädagogisches Förderzentrum, seit zehn Jahren fest zum Alltag. Jeden Tag treffen sich die älteren Schüler dazu in der Mensa, die jüngeren klassenweise mit ihren Lehrern in ihren Gruppenräumen. Dann wird gemeinsam gedeckt, jeder hat seine Aufgabe, es wird zusammen begonnen und am Ende aufgeräumt und gespült. Man könne die Bedeutung dieser Gemeinschaftsaktivität für die Entwicklung der Kinder gar nicht hoch genug bewerten, betont Schulleiterin Petra Schneider. Denn es geht nicht nur darum, dass sie ein gesundes Essen bekommen, sondern es fördert auch soziale Fähigkeiten.

Doch was, wenn sich eine Familie die Gebühren einmal nicht leisten kann und Rückstande aufbaut? "Für uns ist das eine ganz schwere Situation. Wir können als Pädagogen ja nicht zu einzelnen Kindern sagen, dass sie dieses Mal zuschauen müssen. Andererseits haben wir keinen Etat dafür. Solche Situationen sind im System nicht vorgesehen", sagt Schneider. Der Adventskalender für gute Werke der Süddeutschen Zeitung möchte die Schule deshalb mit einem Notfalltopf unterstützen, der in schwierigen Situationen bei der Überbrückung hilft. Damit möglichst kein Kind auf sein Mittagessen verzichten muss.

Etwa 4,50 Euro kostet eine Mahlzeit, je nach Alter des Schülers. Familien, die nicht den vollen Betrag zahlen können, können Hilfe aus dem Bildungspaket beantragen. Dann zahlen sie noch 13 Euro im Monat. "Aber viele Eltern tun sich schwer damit. Die brauchen dann erst einmal Hilfe dabei. Weil der Zuschuss aber nicht rückwirkend gezahlt wird, häufen sich dann oft schon größere Rückstände an", sagt Schneider. Problematisch sei es auch für Familien, die knapp über der Verdienstgrenze liegen und deshalb gar keine Unterstützung bekommen. "Wenn Familien nicht zahlen, dann müssen wir sie anmahnen. Das ist für mich jedes Mal eine sehr schwere und unangenehme Situation, so einen Brief zu unterschreiben."

Reagieren Eltern auch nach mehreren Gesprächen und Aufforderungen nicht, müssen die Kinder tatsächlich erst einmal auf die warme Mahlzeit verzichten - für die Pädagogen das schlimmste aller Szenarien. "Wir stellen trotzdem sicher, dass sie etwas zu essen kriegen. Wir bitten dann die Eltern, dass sie ihnen eine Brotzeit mitgeben", sagt Schneider. "Wenn das nicht klappt, kümmert sich unsere Jugendsozialarbeit darum, dass die Schüler zumindest mit Brot, Obst oder einem Müsli versorgt werden. Aber wir versuchen wirklich alles, dass es nicht dazu kommt. Denn die Kinder sollen zu allerletzt betroffen sein."

Das gemeinsame Mittagessen ist Teil des pädagogischen Konzepts. Das Essen kommt von einem Caterer aus dem Landkreis Starnberg, ist biologisch hochwertig und abwechslungsreich. Bei den Kindern komme es gut an, erzählt die Schulleiterin. "Das Essen ist immer auch ein Thema zwischen ihnen, vormittags geht es darum was es gibt, am Nachmittag unterhalten sie sich darüber, was sie gegessen haben." So fördere es auch das soziale Miteinander. Auch die Lehrer essen stets gemeinsam mit den Kindern, regen Gespräche an, sind Ansprechpartner. Zudem kämen viele Kinder ohne Frühstück in die Schule, das gemeinsame Essen ist für einige gar die einzige regelmäßige warme Mahlzeit. Zudem sorge es für eine Strukturierung des Schultages und gebe natürlich noch einmal Energie für die letzten Unterrichtsstunden.

Nach dem Aufräumen endet die gemeinsame Zeit aber noch nicht. Während sich die jüngeren Schüler im Anschluss noch etwas ausruhen, gibt es für die älteren eine gemeinsame Freizeit. Auch da sind die Lehrer dabei, verstehen sich als Motivatoren und Gesprächspartner. "Das ist einfach unser Verständnis unserer Aufgaben. Wir wollen nicht einfach nur da stehen und Aufsichtspersonen sein", sagt Schneider. Aber natürlich sind auch die finanziellen Möglichkeiten für die Freizeitgestaltung knapp, wie Konrektor Wolfgang Ried erzählt. Gerne würde man das Angebot noch ausbauen. Eine Musikanlage für den Tanzraum beispielsweise sei ein großer Wunsch, ebenso eine Sitzecke für die älteren Schüler. Gerade weil der Pausenhof für die 220 Kinder von der Vorschule bis zur neunten Klasse eigentlich zu klein ist, sei es wichtig, sinnvolle Beschäftigungsmöglichkeiten zu schaffen.

© SZ vom 01.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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