Süddeutsche Zeitung

SZ-Adventskalender:Verschlossene Türen

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Javier A. benötigt eine Weihnachtsbetreuung für seinen Sohn

Von Florian J. Haamann, Fürstenfeldbruck

Für Javier A. ist die Corona-Situation aktuell nicht die größte Sorge, die sein Leben belastet. Und das, obwohl er als Pflegehelfer täglich ganz konkret mit den Gefahren der Pandemie konfrontiert ist. Doch seit er und seine Frau sich vor wenigen Wochen getrennt haben, ist Javier A. alleinerziehender Vater eines zweijährigen Sohnes. Eine Situation, mit der er soweit zwar ganz gut zurecht kommt, erzählt er. Doch es gibt da ein Problem: die Kita ist vom 23. Dezember bis zum 8. Januar geschlossen. Und A. muss zumindest bis zum Jahreswechsel arbeiten, für die Tage im Januar hat ihm sein Arbeitgeber Urlaub ermöglicht. Allerdings gibt es das Budget des jungen Spaniers nicht her, dass er für die anderen Tage eine Betreuung für den Sohn finanziert. "Meine Familie lebt in Spanien und durch Corona kann mir auch niemand helfen kommen. Die Situation ist sehr belastend", sagt er. Deshalb möchte der Adventskalender für gute Werke der Süddeutschen Zeitung die Kosten für die Betreuungskraft übernehmen.

Die Trennung von seiner Frau hat sich schon länger abgezeichnet. Vor fünf Jahren ist sie an einer bipolaren Störung erkrankt - eine schwere chronische psychische Erkrankung, bei der Betroffene an manischen und depressiven Stimmungsschwankungen leiden. "Unsere Beziehung ist dadurch sehr kompliziert geworden, es gab viele Krisen. Irgendwann konnte sie sich auch nicht mehr richtig um den Kleinen kümmern. Wir konnten am Schluss einfach nicht mehr wie eine Familie leben", erzählt Javier A. Deshalb habe man gemeinsam entschieden, dass eine Trennung die vernünftigste Lösung ist. Seine nun Ex-Frau Elena ist zurück nach Spanien zu ihrer Familie gezogen, lebt wieder bei ihrer Mutter. "Ich hoffe sehr, dass es ihr da bald besser geht. Wir haben jeden Tag Kontakt und ich schicke ihr Videos von unserem Sohn. Sie ist eine tolle Frau. Aber leider mussten wir akzeptieren, wie sich alles entwickelt hat. Im Leben kommt es eben manchmal wie es kommt."

Zurück nach Spanien zu gehen ist für A. keine Option. "Ich habe immer gesagt, die Zukunft meines Sohnes ist, genau wie meine, hier. Ich liebe mein Land und meine Familie, aber ich möchte eine gute Bildung für den Kleinen und einen sicheren Job. In Spanien gibt es das nicht. Hier habe ich ein Gehalt, von dem wir leben können, auch wenn man damit nicht reich wird." Der Wunsch nach einem festem Job war auch der Grund, warum er und seine Ex-Frau vor sieben Jahren nach Deutschland gezogen sind. In seinem Heimatland hat er erste Erfahrung in der Pflege gesammelt, aber nie einen richtigen Job gefunden. "Die Situation in Spanien ist seit 2008 eine Katastrophe. Deswegen haben wir unsere Zukunft in Deutschland gesehen." Hier hat er erst einmal als Lagerhelfer in verschiedenen Firmen gearbeitet, bevor er vor vier Jahren seine aktuelle Stelle gefunden hat. Sein großer Traum ist es, erzählt Javier A., irgendwann eine Ausbildung zum Pfleger zu machen. Das ist allerdings Zukunftsmusik, erst einmal muss er sich um seinen Sohn kümmern.

Die Spanier hätten oft einfach eine andere Mentalität. "Viele sagen, ich gehe nicht in ein anderes Land. Ich kann bei meinen Eltern leben, bekomme jeden Tag einen Teller mit Essen, da stört die hohe Arbeitslosigkeit nicht. Aber ich bin da anders, ich möchte arbeiten und etwas leisten", erzählt A. Deshalb wird er nun auch weiterkämpfen, für sich und seinen Traum und natürlich für seinen Sohn und dessen Zukunft.

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Quelle:
SZ vom 28.11.2020
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