SZ-Adventskalender:Geschichten von Menschen und Menschlichkeit

SZ-Adventskalender: Jost H. Hecker, Thomas Bogenberger und Gert Anthoff (von links) begeistern beim SZ-Benefizabend das Publikum.

Jost H. Hecker, Thomas Bogenberger und Gert Anthoff (von links) begeistern beim SZ-Benefizabend das Publikum.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Beim Benefizabend zugunsten des "Adventskalenders für gute Werke der Süddeutschen Zeitung", liest Gerd Anthoff mal nachdenkliche, mal höchst unterhaltsame Texte von Autoren, die Weihnachten in schweren Zeiten erlebt haben. Unterstützt wird er von den zwei wunderbar aufspielenden Musikern Jost H. Hecker und Thomas Bogenberger

Von Florian J. Haamann, Fürstenfeldbruck

Einen mehr als gelungenen kulturellen Abend durften die Besucher der Benefizveranstaltung zugunsten des "Adventskalenders für gute Werke der Süddeutschen Zeitung" am Dienstag im Puchheimer Kulturzentrum erleben. Etwa 120 Besucher waren gekommen, um den wirklich furiosen Auftritt von Schauspieler Gerd Anthoff und den beiden Musikern Thomas Bogenberger und Jost H. Hecker zu verfolgen. Zwei Wohltaten hatte SZ-Redaktionsleiter Christian Hufnagel den Anwesenden in seiner Einführungsrede versprochen, und beide wurden erfüllt: Das Erlebnis einer besonderen Weihnachtsveranstaltung, die nicht die üblichen Klischees erfüllt, und die Unterstützung von bedürftigen Menschen in der Region München und besonders auch im Landkreis Fürstenfeldbruck. Denn die Einnahmen des Abends kommen komplett dem SZ-Adventskalender zu gute.

Während der Erzähler Gerd Anthoff bei seinem ersten Text, "Dezember" von Erich Kästner, noch mit ruhiger Stimme die Besucher vom Lärm und der Kälte des Abends abholte, zeigte er bereits in der zweiten Geschichte das gesamte Spektrum seines vorleserischen Könnens, ein Niveau, das er den ganzen Abend über aufrecht erhielt. "Die Weihnachtsgans" von Oskar Maria Graf ist aber auch eine Geschichte, die sich bestens dazu eignet. Gleich zu Beginn gibt es einen großen Tumult, es wird geflucht und geschrien, weil eine dicke, saftige Weihnachtsgans ungebraten vor einem Wohnhaus auf der Straße liegt. "Also da hört sich doch alles auf", ereifert sich der Wortführer, der ortsansässige Metzger. Anthoff schreit und gestikuliert, als säße er nicht auf einem Stuhl in Puchheim, sondern als wäre er ein Teil des sich schnell formierenden, empörten Mobs. Gemeinsam mit dem herbeigeeilten Polizisten geht es ins Haus, alle Mieter werden befragt und streiten den Besitz der Gans ab. Diensteifrig klopft der Wachmann dann an die letzte Tür, die Dachkammer in der ein armer Schlucker lebt.

So bildhaft beschreibt Anthoff die ärmlichen Räume, rümpft er die Nase über den modrigen Geruch, der aus den Zimmern strömt, dass die Besucher selbst das Gefühl haben, das schäbige Zimmer zu betreten. Der Mann gibt zu, den Braten, den er von Verwandten bekommen hat, aus dem Fenster geworfen zu haben - weil er in seiner Armut nicht einmal die Möglichkeit hat, das Tier zuzubereiten. Immer wieder will er von seiner Geschichte erzählen, aber es entbrennt ein Bieterwettstreit unter den Menschen, wer ihm die Gans abkaufen kann. Er bekommt zwar einen ordentlichen Betrag, für sein Leben interessiert man sich nicht.

Die Geschichte demonstriert wunderbar, was Anthoff mit der Auswahl seiner Texte zeigen wollte: Viel zu oft geht an Weihnachten das Menschliche unter und der Kommerz tritt in den Vordergrund. Den passenden Rahmen, der zum Nachdenken genauso Raum ließ, wie zu weihnachtlichem Erstaunen, kam von Jost H. Hecker und Thomas Bogenberger. Immer wieder spielten sie bekannte Weihnachtslieder wie "Stille Nacht" oder "Morgen Kinder wird's was geben" an, dann aber zeigte vor allem Hecker wie virtuos er sein Cello beherrscht. Jazzige Einlagen und gezupfte Passagen entlockten dem Instrumente untypische Töne, an manchen Stellen klang es sogar eher wie eine elektrische Gitarre. Neben solchen Durchbrechungen gewohnter Hörmuster gab es immer wieder auch ruhige Stücke, während der die Besucher Zeit hatten, das gerade Gelesene zu verarbeiten oder einfach ihren Gedanken an die eigenen Weihnachtserlebnisse nach zu gehen.

So können Sie helfen

Hier können Sie sicher online spenden:

http://www.sz-adventskalender.de/onlinespende

Überweisungen sind auf folgendes Konto möglich:

Sparkasse Fürstenfeldbruck

IBAN: DE31 7005 3070 0008 0665 81

BIC: BYLADEM1FFB

Jede Spende wird ohne Abzug dem guten Zweck zugeführt. Alle Sach- und Verwaltungskosten, die entstehen, trägt der Süddeutsche Verlag.

Denn es gab durchaus auch lustiges und nostalgisches zu hören, Szene die jeder so ähnlich in seiner Kindheit selbst erlebt hat. Etwa das Geprahle um die schönsten Schlittschuhe in der Geschichte "Halifax und Biwifax" von Fritz Müller-Partenkirchen, in der es aber auch um die Scham geht, nur Kleidung bekommen zu haben, während die anderen tolles neues Spielzeug vorführen können. "Das verpfuschte Theaterspielen" von Oskar Maria Graf dagegen rief Erinnerungen an die weihnachtlichen Aufführungen statt, in denen nicht immer alles nach Plan gelaufen ist. Nostalgisch und völlig überhöht, deswegen aber nicht weniger bewegend, erinnert sich Graf in "Altbayrische Christmette", wie der Name schon verrät, an die weihnachtlichen Kirchenbesuche seiner Kindheit. So bildhaft und überzeugend beschreibt er darin all das Schöne und Besinnliche, dass selbst Nichtgläubigen in diesem Moment warm ums Herz werden muss.

Mit dieser ungewöhnlichen Mischung, wer erwartet schon Brecht und Peter Härtling in einer Adventslesung, hat Anthoff einen Abend geschaffen, der sich fern sowohl von Gefühlsduselei wie auch von plumper Weihnachtskritik einordnet. Gemeinsam mit seinen hervorragenden Musikern hat er vielmehr eine Atmosphäre geschaffen, in der die Besucher darüber nachdenken konnte, was für ein Weihnachtsfest sie in diesem Jahr erleben wollen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: