SZ-Adventskalender:Deutschkurs und Hörtraining

Schwierige Lebenssituation zu mildern, das gelang mithilfe von Spenden auch im vergangenen Jahr

Von Andreas Ostermeier, Fürstenfeldbruck

Oft sind es kleine Dinge, wie einmal einen Ausflug machen oder einfach ein neues Möbelstück kaufen, die sich bedürftige Menschen nicht leisten können, die ihnen aber viel Lebensqualität geben können. Auch Lebenschancen können sich durch Spenden eröffnen, beispielsweise durch einen Sprachkurs. Einigen Bewohnern des Landkreises konnte der SZ-Adventskalender im vergangenen Jahr wieder bei der Erfüllung derartiger Wünsche helfen - ein Rückblick.

Neue Sprache

16 Jahre alt ist Wiktoria Andrzejczak gewesen, als sie nach dem überraschenden Tod des Vaters mit ihrer Mutter Polen verließ und zu Verwandten nach Olching zog. Deutsch sprach sie nur wenig, eine Aussicht auf eine Arbeit hatte sie deswegen kaum. In die Schule aber konnte sie auch nicht mehr gehen, um Deutsch zu lernen, denn nach deutschem Gesetz war sie nicht mehr schulpflichtig. Wiktoria befand sich in einer Zwickmühle. Sie wollte und musste die Landessprache lernen, möglich war ihr dies aber nur in einem Kurs, der Geld kostet. Geld aber hatte ihre Mutter dafür nicht, denn nach dem Tod des Vaters war dessen Lohn weggefallen. Die beiden Frauen konnten anfangs nicht einmal eine Miete bezahlen und mussten bei der Familie von Wiktorias Bruder einziehen.

SZ-Adventskalender: Selina tut sich aufgrund eines angeborenen Gendefekts schwer mit dem Sprechenlernen.

Selina tut sich aufgrund eines angeborenen Gendefekts schwer mit dem Sprechenlernen.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Dank der Spenden für den SZ-Adventskalender konnte Wiktoria geholfen werden. Seit dem Frühjahr lernt sie Deutsch. Sie traue sich nun, ihre Sprachkenntnisse anzuwenden, erzählt Wiktorias Tante, die sich sehr dafür eingesetzt hat, dass die 16-Jährige einen Sprachkurs machen konnte. Anfangs sei die Jugendliche lieber stumm geblieben, inzwischen rede sie viel und habe mehrere Freunde gefunden. Auch für Unternehmungen ist die Sprachbarriere weggefallen. Der Kurs hat nach Auskunft der Tante "ganz viel geholfen". Von Montag bis Freitag lernt Wiktoria bei der Kolping-Akademie Deutsch. Noch bis Ende März dauert der Kurs. Danach spricht die junge Frau so gut die Landessprache, dass sie weiter lernen oder sich nach einer Berufsausbildung umschauen kann. Erzieherin zu werden, das würde ihr möglicherweise Spaß machen, denn sie könne gut mit Kindern umgehen, sagt ihre Tante.

Hilfreiche Musik

Unter einer angeborenen und ganz seltenen Krankheit leidet Selina Salamon. Die Siebenjährige wurde mit dem Joubert-Syndrom geboren. Das bedeutet, dass das Mädchen große Schwierigkeiten hat, sich sprachlich zu äußern. Allerdings hat das nichts damit zu tun, dass sie schlecht hören würde. Was gesagt wird, können am Joubert-Syndrom Erkrankte durchaus verstehen, aber sie haben eben Probleme, etwas zu sagen. Besser wird dies durch ein spezielles Hörtraining. Das absolviert Selina mit Unterstützung aus dem SZ-Adventskalender bereits seit einiger Zeit, und ihre Mutter bestätigt, dass die Tochter durch das Training Fortschritte erzielt. Mehrere Blöcke des Hörtrainings hat Selina absolviert. Ein Block dauert etwa zwei Wochen. Inzwischen änderten sich die Laute, die die Tochter von sich gebe, erzählt Nicole Salamon. Ihren Worten nach hört sich das etwa so an wie bei Babys, die anfangen zu brabbeln. Überdies singt Selina viel, vor allem auf Musik spricht sie stark an. Und auch ihr Gleichgewichtssinn hat sich verbessert. Sie kann nun an der Hand eines Erwachsenen gehen. Nicole Salamon sagt: "Jeder Block bringt sie weiter." Deshalb wollen die Eltern Selina auch weiterhin zum Hörtraining schicken. Auch die Logopädin lobt laut der Mutter, dass das Hörtraining einen Entwicklungsschub bringt.

Olching: ADVENTSKALENDER - Ewa + Wiktoria Andrzejczak

Wiktoria (rechts) benötigte Unterricht in Deutsch.

(Foto: Johannes Simon)

Das Joubert-Syndrom wird selten diagnostiziert. Deshalb ist es auch nicht sonderlich bekannt. Seit 60 Jahren gibt es ein Hörtraining, das der französische Hals-Nasen-Ohren-Arzt Alfred Tomatis entwickelt hat. Demnach hören Patienten über einen Kopfhörer, der auf den Schädelknochen drückt, klassische Musik und Gesänge. Mit dieser Methode behandelte Tomatis nicht nur Sprachstörungen, sondern auch Lernschwächen oder Gleichgewichtsprobleme. Im Fall von Selina wirken sich die Methoden offensichtlich positiv aus.

Dass das Mädchen an dem Joubert-Syndrom leidet, wurde erst durch eine Kernspintomografie deutlich. Sie zeigte, dass ein minimales Stück vom Kleinhirn fehlte - ein wichtiger Hinweis auf das Syndrom. Zuvor hatte Selina im Alter von erst ein paar Tagen Atemaussetzer gehabt. Momentan geht die Siebenjährige in einen Kindergarten. Im Herbst kommenden Herbst soll sie in die Schule wechseln. Die Fortsetzung des Hörtrainings kann ihr dabei helfen.

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